Vorschlag von Josef Kammerloher: 5,6 Millionen Euro sparen
Ortsrat will Feldkirchener Dorfplatz durch kleineren Büchereianbau erhalten
Feldkirchen-Westerham – Der Feldkirchener Josef Kammerloher setzt sich mit dem Ortsrat und der überparteilichen Projektgruppe „Erhalt des Dorfplatzes“ gegen die geplante Dorfplatzerneuerung zur Wehr. Im Interview mit den OVB-Heimatzeitungen erläutert er seine Beweggründe.
Warum engagieren Sie sich für den Erhalt des Dorfplatzes?
Josef Kammerloher: Ich bin in Feldkirchen geboren, aufgewachsen und werde auch hier bleiben. Der Dorfplatz ist mit seinem frei laufenden Bach und dem parkähnlichen Kinderspielplatz der schönste Platz in Feldkirchen. Und jetzt soll dieses letzte grüne Platzerl in der Dorfmitte verbaut, der Bach verrohrt, der Spielplatz verkleinert und der heute offene Dorfplatz so umgestaltet werden, dass auf drei Seiten Häuser stehen und auf der vierten Seite die Staatsstraße bleibt. Vom Dorfplatz aus sieht man dann praktisch kein Grün mehr.
Sie sind der Sprecher der Projektgruppe „Erhalt des Dorfplatzes“ Feldkirchen. Seit wann gibt es diese?
Kammerloher: Viele Menschen haben mich angesprochen, weil sie diese Bebauung nicht wollen, aber nicht wissen, was sie dagegen unternehmen könnten. Ich versuche, sie zu vertreten und gemeinsam mit dem Ortsrat das Gespür dafür zu wecken, wie wichtig die Erhaltung des schönsten Platzes in Feldkirchen ist. In der jüngsten Sitzung des Ortsrates wurde entschieden, dass wir aktiv werden müssen. So wurde die Projektgruppe „Erhalt des Dorfplatzes“ mit mir als Sprecher ins Leben gerufen.
Warum kommen die Einwände erst jetzt in dieser finalen Planungsphase?
Kammerloher: Das ist so nicht richtig. Ich war in der letzten Periode Mitglied des Gemeinderats, deshalb kenne ich die Vorgeschichte. Schon seitdem der Sieger des Architektur-Wettbewerbs feststeht, stemmt sich ein Teil des Gemeinderats gegen das Projekt, hat aber keine Mehrheit erzielt. Der Feldkirchener Ortsrat wurde nie gefragt oder um eine Stellungnahme gebeten.
Könnte der Neubau mit seinem Multifunktionsraum für Kabarett oder Lesungen den Dorfplatz nicht stärker beleben?
Kammerloher: Am Dorfplatz ist sehr viel Wohnbebauung vorhanden, es wird Beschwerden geben. Bei bisherigen Veranstaltungen am Dorfplatz wurde schon um 22 Uhr Anzeige wegen Ruhestörung erstattet. Ein Kultur-Betrieb ist an diesem Ort nicht möglich, wenn ich mir vorstelle, dass dann schon um 21.30 Uhr Veranstaltungsende sein, der Equipment-Abbau am nächsten Tag erfolgen und die gesamte Logistik über den Fußgängerbereich erfolgen müsste. Zudem ist die Parksituation schwierig und der Bereich für gehbehinderte Personen schlecht erreichbar.
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Gäbe es denn Alternativen für einen Multifunktionssaal?
Kammerloher: Im Schützen- und Trachtenheim gibt es einen großen, teilbaren Saal für 80 bis 200 Personen. Der Saal wäre mit seiner Höhe und Anlagentechnik auch optimal zum Theaterspielen geeignet. Hinzu kommt, dass Schützen- und Trachtenverein diese Veranstaltungen auch gut gebrauchen könnten, um den Unterhalt zu bestreiten. Die beiden Vereine hatten im Jahr 2020 coronabedingt Unkosten von 11.000 Euro. Sie wären also dringend auf Vhs- und gemeindliche Veranstaltungen angewiesen. Stattdessen soll jetzt für Millionen ein Saal gebaut werden, der gar nicht gebraucht wird.
Sehen Sie den Bücherei-Anbau als erforderlich an?
Kammerloher: Einen kleinen Anbau auf jeden Fall. Die Bücherei ist ein wesentlicher Teil der Feldkirchener Kultur, sie ist sehr wichtig. Der Ortsrat hat für eine Erweiterung schon im Jahr 2012 konstruktive Vorschläge unterbreitet, die aber nie wirklich diskutiert wurden. Die Bücherei braucht einen neuen Eingangsbereich abseits der Staatsstraße. Es gibt diese Möglichkeit, ohne dass man den Bach verrohren oder die Grünfläche verkleinern muss.
Ein entsprechender Entwurf liegt der Verwaltung schon lange vor. Damit könnten auch die öffentlichen Toiletten realisiert werden. Im ersten Stock wären noch circa 70 Quadratmeter frei verfügbar als Leseraum oder Büro. Und das würde auch reichen, denn wir haben hier keine Unibibliothek, sondern eine Gemeindebücherei. Kurzum: Der Ortsrat ist für einen kleineren Bücherei-Anbau, für den der Bach nicht verrohrt und der Spielplatz nicht bebaut werden müsste.
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Wenn das neue Dorfzentrum nicht gebaut wird, verliert die Gemeinde möglicherweise die Zuschüsse.
Kammerloher: Ich sehe das anders: Die Gemeinde spart mehrere Millionen, wenn sie Unnötiges nicht baut: Wir reden hier von 3,1 Millionen Euro an Zuschüssen, die wir eventuell verlieren könnten. Wir würden aber 5,6 Millionen Euro sparen, wenn wir 4,5 Millionen Euro für den Neubau von Volkshochschule und Bistrocafé sowie weitere 1,1 Millionen Euro für die komplette Neugestaltung der Freiflächen nicht ausgeben. Für mich sind es also nicht 3,1 verlorene Millionen, sondern 5,6 gesparte Millionen. Schon ein Drittel davon würde übrigens für ein Naturschwimmbad reichen, das sich die Feldkirchener seit langem wünschen, und für das es auch konkrete Vorschläge gibt.
Wird das Ortszentrum denn so angenommen, wie es heute ist?
Kammerloher: Ja, die Leute finden es schön und nehmen es an. Der Spielplatz ist sehr beliebt. Die Leute holen sich ein Eis und verweilen am Dorfplatz. Es ist ein wunderschönes, wenn nicht sogar das letzte grüne Fleckerl in Feldkirchen, das von den gemeindlichen Gärtnern parkähnlich gestaltet wurde.
Wie wollen Sie den Baustart im Frühjahr aufhalten?
Kammerloher: Ich habe meinen Glauben an die Vernunft noch nicht aufgegeben. Sollte in der Bürgerversammlung am 14. Oktober nicht ausreichend Zeit für die Diskussion über die Dorfplatzgestaltung bleiben, werde ich mit der Unterstützung der Feldkirchener Bürger eine außerordentliche Bürgerversammlung zu diesem Thema beantragen. Ich hoffe, dass spätestens bei der Ausschreibung der Bauleistungen der Gemeinderat mehrheitlich für einen Baustopp stimmt. Wenn die Vernunft nicht siegen sollte, bleibt nur noch ein Bürgerbegehren.
Welche räumlichen Alternativen es noch gäbe
Um den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab 2026 umzusetzen, muss nach Ansicht der Projektgruppe „Erhalt des Dorfplatzes“ entweder eine neue Schule gebaut oder an die bestehende Schule angebaut werden. Als Übergangslösung, so der Vorschlag, könnte die Schule auch den Saal im Feuerwehrhaus und Container nutzen. Wenn das Kultur- und Sportzentrum temporär für die Schule gebraucht würde, könnte die Vhs nach Meinung der Projektgruppe vorübergehend auch in anderen öffentlichen Räumen unterkommen – zum Beispiel im KiWest, der Mensa, im Boschnhaus, bei der Feuerwehr Feldolling oder Feldkirchen, in der alten Post, im Schützen- und Trachtenheim, in den Sälen der Wirtschaften oder im Sitzungssaal des Rathauses.
„Es gibt genügend Räume, eventuell muss man halt mal kurz zusammenrücken“, so Sprecher Josef Kammerloher. Er ergänzt: „So könnte die Vhs perspektivisch zurück ins Kultur- und Sportzentrum, wir bräuchten den Dorfplatz nicht zuzubauen, und alles wäre gut.“ Ein weiterer Kritikpunkt von Ortsrat und Projektgruppe ist das geplante Bistro, das sie als „eine mit Steuergeldern finanzierte Konkurrenz zu den privat betriebenen Cafés in Feldkirchen“ ansehen. Zudem zweifeln sie an der Möglichkeit, ein solch kleines Bistro wirtschaftlich betreiben zu können.
Der Feldkirchener Ortsrat engagiert sich seit elf Jahren für ein attraktives Ortsbild
Der Ortsrat Feldkirchen wurde auf Initiative von Alfred Trageser im Mai 2010 von etwa 20 Bürgern gegründet. Im Moment besteht er aus sechs Mitgliedern, die entweder in Feldkirchen geboren wurden oder schon seit mehr als 40 Jahren in der Gemeinde Feldkirchen-Westerham leben.
Die meisten Mitglieder engagieren sich außerdem seit vielen Jahren in verschiedenen politischen Gruppierungen oder ehrenamtlich in Vereinen. Ziel des Ortsrates ist es, Feldkirchen attraktiver zu machen. Der Ortsrat hat bereits zu vielen örtlichen Themen Stellungnahmen und Vorschläge abgeben, so beispielsweise zur Umgehungsstraße, zur örtlichen Mobilitätsplanung oder zu den Rad- und Wanderwegen.
2012 wurde ein Arbeitskreis „Dorfplatzgestaltung“ gegründet, der konkrete Vorschläge und Pläne erarbeitet hat, unter anderem auch zum Bücherei-Anbau.
Die erarbeiteten Vorschläge wurden als Anträge eingereicht, um sie mit den Gemeinderäten und der Verwaltung zu diskutieren. Dies habe nach Informationen von Josef Kammerloher, ebenfalls Mitglied des Ortsrates, aber nicht funktioniert. Ein Ergebnis des Engagements des Ortsrates ist der Spielplatz am Dorfplatz, der 2015 gestaltet wurde.
