Brummis müssen während Blockabfertigung auf Autobahn bleiben
„Wir sind nicht doof“: Notwehr im bayrischen Inntal - So werden die LKW-Sperrungen durchgesetzt
Brüssel stellt sich tot. Berlin stellt sich tot. Bayern wird aktiv: „Wir wollen keine Belastung der Bürger und der Orte mehr, wenn Tirol Blockabfertigung macht“, sagt Ministerpräsident Markus Söder. Lkws sollen auf der A8 und der A93 bleiben, nicht Nußdorf oder Brannenburg verstopfen. Das ist genau geplant.
Rohrdorf – „Landeshauptmann Platter ist in Gesprächen ja immer sehr charmant. Aber es passiert nichts. Wir sind auch charmant – aber nicht doof. Und deswegen passiert jetzt was.“ Gewohnt markige Worte des Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder am frühen Freitagmorgen am Kreisverkehr in Rohrdorf.
Was passiert ist, dass bis zur nächsten Blockabfertigung am Montag, 25. Juli, Schilder in den Autobahnabfahrten stehen, die Lkws über 7,5 Tonnen die Abfahrt von der Autobahn und durch die Orte des Inntals verbieten.
Polizei kontrolliert „konsequent“
Blech ist geduldig? Vielleicht. Die Polizei ist es nicht. Frank Hellwig, Vizepräsident des Polizeipräsidiums Rosenheim sagte, es werde an der A8 und der A93 konsequent kontrolliert, die Lkw-Fahrer würden sofort zurück auf die Autobahn geschickt. Und wer dennoch auf die Schleichwege abbiegt, ist mit 100 Euro Bußgeld dabei. Die Kontrolle übernehmen die Beamten der Autobahnpolizei in Holzkirchen, Rosenheim und Traunstein, unterstützt von zwei Zügen der Bereitschaftspolizei. Insgesamt rund 100 Einsatzkräfte.
Söder sprach von der A 93 als einer „Rennstrecke nach Süden“, was zu einer völligen Überlastung des Inntals geführt habe. Eine Überlastung, die gerade an Tagen mit Blockabfertigung nicht zu ertragen sei. Die Staatsregierung habe lange zugesehen, lange geredet, jetzt sei es Zeit zu handeln. Und zwar ohne Verkehrszählung, ohne Gutachten. „Der Schutz der Menschen im Inntal steht im Mittelpunkt. Jetzt soll es schnell gehen.“ Die Landkreise ordnen die Sperrungen an, „wir unterstützen sie dabei.“
Landrat Otto Lederer hätte es – wie Söder und Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter – lieber gesehen, wenn die Sperrung schon auf der Autobahn erfolge. Da ziehe aber der Bund nicht mit, „deswegen setzen wir jetzt die zweitbeste Lösung um“. Natürlich breche am Montag im Inntal nicht die heile Welt aus. Aber man könne nicht länger tatenlos zusehen, dass Rettungswagen im Ausweichverkehr stecken bleiben, Schüler und Pendler nicht durchkommen, die Müllabfuhr Probleme habe und der Einzelhandel über massive Umsatzeinbußen klage. Ziel müsse es aber bleiben, die Blockabfertigungen vom Tisch zu bekommen.
Bleibt es auch, versichert Bernreiter. Die Menschen im Inntal und ihr Schutz seien wichtig, deswegen sei die Staatsregierung weiter zu grenzüberschreitenden Gesprächen bereit, um die Blockabfertigung generell zu beenden. Die solle es ohnehin nur in Notfällen geben, verwies Bernreiter auf die Rechtslage. „Schon im Vorjahr zu wissen, an welchen 38 Tagen der Notfall eintritt...?“ Er halte das Verhalten von Landeshauptmann Günther Platter und der Tiroler Landesregierung für rechtswidrig.
Tiroler Verhalten „ist rechtswidrig“
Was Söder genauso sieht. Es sei nicht nur „nicht besonders nachbarschaftsfreundlich“, was Tirol da mache, es sei eben auch rechtswidrig, da durch die Blockabfertigung der freie Warenverkehr innerhalb der EU eingeschränkt werde. Deswegen müsse Brüssel ein Vertragsverletzungsverfahren anstrengen. Solange die Tiroler Blockabfertigung nicht gekippt sei, gebe es aus Notwehr eben das Durchfahrtsverbot.
Daniela Ludwig hat nicht nur ihre Bundestagskollegen und zwei Verkehrsminister immer wieder auf die Lage im Inntal angesprochen, „ich habe auch die Herrschaften in München ständig genervt“, sagt sie grinsend. Dazu noch die zunehmenden Klagen der Bürger – und dann bewegte sich was. „Gott sei Dank noch jetzt, vor der Sommerpause, und nicht erst im Herbst“, freut sich die Abgeordnete.
Hinschauen und notfalls nachbessern
Lkw-Fahrer könnten ja nicht die Blockabfertigung umfahren, hatte Landrat Otto Lederer gesagt, sondern nur einen mehr oder weniger großen Teil des Staus. Deswegen gibt es an der Anschlussstelle Kiefersfelden kein Abfahrtsverbot für Lkws über 7,5 Tonnen, denn an der Abfahrt ist die Grenze fast in Spuckweite. In Oberaudorf und Brannenburg sind ebenfalls keine Verbote eingerichtet. „Da gibt es Hindernisse, die die Durchfahrt der Lkws verhindern“, so Michael Fischer, Sprecher des Landratsamtes. Aber man werde bei den Kontrollen am Montag aufmerksam hinschauen und gegebenenfalls nachbessern.
Hier gelten die Sperrungen
Die Sperrungen für grenzüberschreitenden Lkw-Verkehr über 7,5 Tonnen erfolgen an Tagen mit Blockabfertigung im Umfeld folgender Autobahnanschlussstellen und auf Abschnitten nachgeordneter Straßen:
Landkreis Miesbach:
Anschlussstellen Holzkirchen, Weyarn und Irschenberg; Bundesstraßen 307, 318 und 472; Staatsstraßen
2010, 2073 und 2077; Kreisstraßen 20 und 1.
Landkreis Rosenheim : Anschlussstellen Bad Aibling, Rosenheim-Ost, Reischenhart, Frasdorf, Rohrdorf, Achenmühle; Staatsstraßen
2363, 2089, 2010, 2093 und 2359; Kreisstraße 5.
Landkreis Traunstein : Anschlussstellen Übersee, Grabenstätt, Bergen, Siegsdorf-West, Traunstein/Siegsdorf; Bundesstraßen 305 und 307; Staatsstraßen 2364 und 2098
Landkreis Berchtesgadener Land : Anschlussstelle Bad Reichenhall, Bundesstraße 20.
Söder denkt über Süd-Maut nach
Ministerpräsident Markus Söder sagte am Rande der Veranstaltung in Rohrdorf, er könne sich auch eine „Süd-Maut“ vorstellen. Diese könnte ab München bis Innsbruck oder bis zum Brenner gelten und dafür sorgen, dass diese Strecke nicht mehr so konkurrenzlos billig und deswegen für Spediteure und Lkw-Fahrer besonders attraktiv sei.
