Abverlegung bis nach Norddeutschland
Notfall-Flüge für Corona-Kranke: Auch RoMed-Verbund plant mit dem „Kleeblatt“-Konzept
Normal gilt es als Glücksbringer. Jetzt ist es ein Signal für höchste Not: „Kleeblatt“ heißt das Konzept der deutschlandweiten Abverlegung, mit denen man Hotspot-Regionen wie Rosenheim unterstützen will. Tatsächlich hat auch der RoMed-Verbund schon Patienten angemeldet.
Rosenheim – Das RoMed-Klinikum habe bereits zwei Patienten angemeldet, berichtet Dr. Michael Bayeff-Filloff, Ärztlicher Landesbeauftragter Rettungsdienst für das Bayerische Innenministerium und Chefarzt der Zentralen Notaufnahme im RoMed-Klinikum Rosenheim. Damit es die Versorgung von Covid-Patienten aufrechterhalten kann. Denn in ein bis zwei Wochen dürfte die Welle der aktuellen Infektionshöchstände auch die Krankenhäuser mit voller Wucht treffen, bevor möglicherweise Kontaktbeschränkungen greifen.
An dem „Kleeblatt“-Konzept haben Bund und Länder sowie Intensivmediziner und Robert-Koch-Institut gearbeitet. Es handelt sich um eine Art Konferenz der Experten. Sie klären immer wieder ab, wo noch Kapazitäten sind, beziehungsweise, wo sie in nächster Zeit knapp werden könnten. Ziel laut RKI: „Vorhandene Kapazitäten zu nutzen, jeden Patienten adäquat zu versorgen und niemals Patienten priorisieren zu müssen, selbst wenn es lokal zu Engpässen kommt.“
Die weniger betroffenen Regionen sollen helfen
„Kleeblatt“ verdankt seine Existenz der Einsicht, dass die Regionen Deutschlands zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich stark von Corona betroffen sind. Krankenhäuser in weniger betroffenen Regionen sollen daher stark betroffene Regionen mit hohen Ansteckungszahlen und steigendem Druck auf die Krankenhäuser entlasten. Stark betroffen: Das ist fraglos die Region Rosenheim, mit 7-Tageinzidenzen von 1357,6 für den Landkreis und 1086,6 für die kreisfreie Stadt.
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Nach sieben Tagen über der Tausender-Marke herrscht in den Notaufnahmen, Stationen und auf den Intensivstationen im RoMed-Verbund „höchste Anspannung“, sagt Michael Bayeff-Filloff.
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Allein von Montag auf Dienstag stieg die Zahl der Covid-Patienten im RoMed-Verbund von 96 auf 112. Darunter waren gestern 19 intensiv behandelte Menschen. Ähnlich drastische Steigerungen meldet Traunstein für die Kliniken Südostbayern. Dort macht auch die steigende Zahl Jüngerer in der Intensivstation Sorgen.
Bald zwei Jahre Corona: Personal ist erschöpft
Aber nicht nur die Corona-Brennpunkte seien stark beansprucht. „Es gibt keinen Bereich, egal ob Intensivstation oder auch Normalstationsbereich oder im zuarbeitenden Bereich wie der Hygiene, wo man nicht an der Grenze angelangt wäre“, sagt Bayeff-Filloff.
Bereits am Wochenende wurden die ersten Patienten aus Straubing und Erding nach Hessen transportiert, in einem Intensivtransportwagen. Weitere Patienten wurden mit Hilfe der Bundeswehr zum Flughafen Münster-Osnabrück gebracht – mit dem Airbus A310 Medevac. „Die Logistik ist gigantisch“, sagt Michael Bayeff-Filloff.
Am Donnerstag vielleicht schon im Flieger nach Münster
Die RoMed-Kliniken haben ihrerseits bereits zwei Patienten angemeldet. Bereits am Donnerstag könnten sie abverlegt werden. Dann ginge es wohl nach Memmingen, zum Bundeswehr-Airbus.
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Dieser riesige Aufwand ist ein Beleg dafür, wie stark die Kliniken in den Hotspots unter Druck geraten sind. Man verzeichne eine deutliche Steigerung in den Zahlen der Intensivpflichtigen, sagt Bayeff-Filloff. Da zu komme der Mangel an Mitarbeitern. „Der Mangel an Pflegekräften aus Erschöpfung schlägt mehr durch als in der ersten Welle“, sagt der Leiter der Zentralen Notaufnahme.
Das RoMed-Krankenhaus in Rosenheim, Hauptanlaufstelle für Corona-Kranke, verlegte zuerst nach Wasserburg, Bad Aibling und schließlich Prien ab. Weitere Patienten nahm der Schön-Verbund auf. Schließlich mussten die Rosenheimer sogar das Unfallkrankenhaus in Murnau um Hilfe bitten.
Jetzt, mit der bevorstehenden Verlegung von Patienten in den Norden Deutschlands, ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Aber es ist sozusagen schon in Sicht.