Erinnerungen kommen hoch
Nach S-Bahn-Unglück: So sieht es in Sachen Sicherheit bei der Mangfalltalbahn aus
Nach dem S-Bahn-Unglück bei Schäftlarn (Landkreis München) kommen auch die Erinnerungen an die tödliche Kollision der Mangfalltalbahn bei Bad Aibling wieder hoch. Wir haben uns umgehört, wie es dort in Sachen Sicherheit ausschaut.
Rosenheim –Die Sicherheit ist im Grunde perfekt, wenn kein Mensch herumpfuscht“, sagt Günther Polz von der Rosenheimer Kreisgruppe des Fahrgastverband „Pro Bahn“. Damit meint Polz auch jene technischen Systeme entlang der Strecke zwischen München und Wolfratshausen, auf der am Montagnachmittag zwei Züge der S7 miteinander kollidierten.
Automatisches Ausbremsen der Züge
Gesichert ist die Strecke mit der punktförmigen Zugbeeinflussung (PZB). Das System besteht aus Magneten entlang der Strecke. Diese sollen sicherstellen, dass ein Zug die geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen entlang der Strecke auch einhält. Der Zug reagiert auf die Frequenzen der Magnetfelder. Notfalls lässt sich das Fahrzeug auf der Strecke so auch ausbremsen, spätestens, wenn der Zug ein rotes Haltesignal überfahren hat.
Auch wenn das System im Zweifel Fehler des Zugführers ausgleichen kann: Bei der Fahrdienstleitung kommt der Faktor Mensch und seine Fehlbarkeit wieder ins Spiel, wie Polz berichtet. Denn die Fahrdienstleiter könnten die Zugführer anweisen, ihr Sicherungssystem auszuschalten, um etwa Haltesignale zu überfahren, die nur aufgrund eines Defekts einen Streckenabschnitt sperren. Die Lokführer kämen dieser Anweisung widerspruchslos nach, will Polz erfahren haben.
Denken in Streckenabschnitten
Ein solches System ist auch auf der Strecke der Mangfalltalbahn im Einsatz, auf der Anfang Februar 2016 zwei Meridian-Züge miteinander kollidierten. Und noch etwas haben beide Verbindungen gemeinsam: Sie sind nur eingleisig ausgebaut. Etwas, was auch der Fahrgastverband „Pro Bahn“ kritisiert, jedoch nur in puncto Kapazität, nicht im Blick auf die Sicherheit. „Die Grundregeln der Sicherheitstechnik funktionieren auf ein- und zweigleisigen Strecken identisch“, schildert Nobert Moy, der bei „Pro Bahn“ für die Region Ober- und Niederbayern spricht. Zumal auch auf zweigleisigen Strecken mit jeweils einer Fahrtrichtung die Möglichkeit bestehe, zumindest bestimmte Streckenabschnitte auch für Züge der Gegenrichtung freizugeben.
Die Nutzung der Streckenabschnitte sei letztendlich das Entscheidende für die Sicherheit auf der Schiene. Er teilt die Schiene in feste Bereiche, auf denen nur ein Zug fahren darf. Das soll den sicheren Abstand zwischen den Zügen sicherstellen. Im Umkehrschluss: Wenn ein Streckenabschnitt freigegeben wird, obwohl sich auf diesem noch ein Zug befindet, kann es auch auf zweigleisigen Schienenabschnitten zu einer Zugkollision kommen, wenn eine Bahn auf die andere auffährt.
„Im Normalfall kann nichts passieren“
„Die Strecken sind technisch gesichert, im Normalfall kann und darf nichts passieren“, berichtet Marco Bayer. Er ist Lokführer und Mitglied der Lokführergewerkschaft Deutschland. Deshalb könne er seine Arbeit machen, ohne sich den Kopf über möglichen Zusammenstoß zerbrechen zu müssen. „Es braucht schon Vertrauen, wenn man bei Nebel mit Tempo 120 auf einer eingleisigen Strecke unterwegs ist.“ Das gelte erst recht für jene Fälle, an denen die Technik versage und die Fahrdienstleitung eingreifen müsse.
Unterm Strich bleibt also der Faktor Mensch, dessen Fehlbarkeit auch die aktuelle Technik nicht ausgleichen kann. Gerne hätten die OVB-Heimatzeitungen auch von der Deutschen Bahn erfahren, wie es um die Sicherheit gerade eingleisiger Strecken steht. Eine Anfrage an das Unternehmen blieb bislang jedoch unbeantwortet.