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Interview mit Kreisbrandrat Richard Schrank

Nach dem Hochwasser: Warum die Kolbermoorer Feuerwehr auch noch die Keller volllaufen ließ

Ein abgestürzter Radlader, unterspülte Straßen und tonnenweise Müll auf den Straßen. Womit die Einsatzkräfte nach der Flut in Kolbermoor kämpfen mussten, erklärt Kreisbrandrat Richard Schrank im Interview mit den OVB-Heimatzeitungen.
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Ein abgestürzter Radlader, unterspülte Straßen und tonnenweise Müll auf den Straßen: Womit die Einsatzkräfte nach der Flut in Kolbermoor kämpfen mussten, erklärt Kreisbrandrat Richard Schrank im OVB-Interview.

Nach dem Jahrhunderthochwasser in Kolbermoor ließ die Feuerwehr einige Keller extra noch einmal mit Wasser voll laufen. Den Grund erklärt Kreisbrandrat Richard Schrank, damals Kommandant der Feuerwehr Kolbermoor und Örtlicher Einsatzleiter, im Interview mit den OVB-Heimatzeitungen.

Als die Jahrhundertflut über Kolbermoor hereinbrach, konnten die Einsatzkräfte drei Gebiete nicht schützen: den Ortsteil Schwaig, die Werkssiedlung und Bereiche an der Unteren Mangfallstraße. War die Kolbermoorer Feuerwehr auf die Katastrophe vorbereitet?

Richard Schrank: Ja. Wir hatten schon im Jahr 2004 einen Hochwasserplan erarbeitet. Die Deiche der Mangfall im Bereich Kolbermoor waren in elf Abschnitte eingeteilt. Den Einsatzkräften war klar, wer in welchem Gebiet welche Aufgaben hat.

Trotzdem konnten die Schwaig, die Werkssiedlung und Siedlungsbereiche im Süden der Mangfall nicht geschützt werden.

Richard Schrank: In einer solchen Extremsituation müssen auch schmerzliche Entscheidungen getroffen werden. Dafür mussten wir uns in einer Bürgerversammlung in Kolbermoor vor 300 wütenden Menschen rechtfertigen. Das war emotional sehr belastend. Wir haben unseren Einsatz erläutert, Brennpunkte, Hindernisse, bedrohlichen Situationen und unvorhergesehene Entwicklungen geschildert. Alle Einsatzkräfte haben bis zur Erschöpfung und solange es aus Sicherheitsgründen möglich war, in allen Bereichen gegen die Flut gekämpft. Die Abschnitte, in denen der Einsatz für ihr Leben zu gefährlich wurde, mussten wir aufgeben.

Gab es lebensbedrohliche Situationen für die Kameraden?

Richard Schrank: Natürlich. In Schwaig haben wir darauf mit dem Abzug der Truppe reagiert. Beim Aufräumen der Sandsäcke wäre ein Radlader fast in die Mangfall gestürzt. Zum Glück konnte er sich mit der Schaufel abstützen und wurde sofort von unseren Einsatzfahrzeugen gesichert. Manche Gefahren wurden uns aber auch erst bewusst, als der Pegel der Mangfall sank. Beispielsweise waren im Bereich der Unteren Mangfallstraße zwischen den beiden Brücken Straßen unterspült worden. Wir hatten Glück, dass unsere Einsatzfahrzeuge nicht eingebrochen sind.

Gab es Verletzte?

Richard Schrank: Zum Glück nicht. Bei insgesamt 1350 Einsatzkräften hatten wir nur einen verstauchten Knöchel.

Gibt es etwas, das Sie mit den Erfahrungen von 2013 heute anders machen würden?

Richard Schrank: Zwei Dinge: Ich würde als Einsatzleiter heute nicht mehr über fünf Tage mit minimalen Pausen und 40 Stunden ganz ohne Schlaf im Dauereinsatz bleiben. Und ich würde heute darauf drängen, dass alle Menschen aus den gefährdeten Bereichen evakuiert werden. Damals weigerten sich Anwohner der Wendelsteinstraße, ihr Haus zu verlassen. In Abstimmung mit der Polizei haben wir das erlaubt. Später mussten wir sie in einer gefährlichen Aktion mit dem Boot rausholen. Das war mir eine Lehre.

Nicht jede Tiefgarage konnte nach der Flut sofort ausgepumpt werden. Manche mussten aus statischen Gründen sogar noch einmal mit Wasser gefüllt werden. Nicht alle Menschen hatten 2013 dafür Verständnis.

Welche Probleme gab es nach der Flut?

Richard Schrank: Wenn der Grundwasserspiegel sehr hoch ist und man Keller auspumpt, kann sich das Gebäude heben. Also haben wir mit Statikern gearbeitet, manche Tiefgarage auch erst einmal gefüllt, um sie später wieder auszupumpen. Zudem gab es aufgrund von Kellerbränden oder Gasaustritten zusätzliche Einsätze in dreistelliger Höhe. Die Ölverschmutzung war massiv. Die Stadt hat wochenlang nach Heizöl gestunken. Nach Wasser und Schlamm blockierte schließlich der Müll die Straßen. Wir mussten sie freiräumen, damit sie für die Einsatzkräfte passierbar blieben.

Was ist Ihnen in schlechter Erinnerung geblieben?

Richard Schrank: Der Flut-Tourismus. Menschen, die bis in die Gefahrenzone an der Mangfall vorgedrungen sind, weil sie es unbedingt sehen wollten.

Und woran erinnern Sie sich gern?

Richard Schrank: An die selbstverständliche Zusammenarbeit von 1350 Einsatzkräften. Alles funktionierte Hand in Hand. Beeindruckend war die extreme Hilfsbereitschaft der Menschen. Die einen packten beim Füllen der Sandsäcke oder der Deichverteidigung mit an. Die anderen kamen mit Schubkarren voller Brotzeit oder mit Kuchenblechen, um die Einsatzkräfte zu versorgen. Der Zusammenhalt war faszinierend.

Können die Rettungskräfte die Menschen heute besser schützen?

Richard Schrank: Der Einsatz der Rettungskräfte war 2013 hervorragend. Wir waren gut vorbereitet: Es war von großem Vorteil, dass wir unseren Hochwasserplan bereits hatten, jeder die Struktur kannte und wusste, was er braucht und wie er reagieren muss. Die Menschen sind heute besser geschützt als 2013 – vor allem aufgrund umfangreicher Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Mangfall.

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