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Aufruf wegen ungeklärter Gewalttat in Aschau

Fall Hanna: Wie die Polizei in Puzzle-Arbeit einen fatalen Abend rekonstruieren will

Über die Fernsehsendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ mit Moderator Rudi Cerne, aber auch über einen neuerlichen Aufruf an die Gäste des „Eiskellers“ möchte die Kripo ihre Ermittlungen voranbringen.
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Über die Fernsehsendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ mit Moderator Rudi Cerne, aber auch über einen neuerlichen Aufruf an die Gäste des „Eiskellers“ möchte die Kripo ihre Ermittlungen voranbringen.

Ein Monat vorüber, und offenbar noch keine heiße Spur: Die Polizei sucht mit voller Kraft nach dem Täter im Fall Hanna. Und setzt stärker denn je auf die Öffentlichkeit. Wo eine Spur im Sand verlief. Und wo sich neue Ansätze zeigen.


Aschau - Es sind die kleinen, oftmals unauffälligen Details, die eine Wende in einem Fall bringen können. Das weiß Stefan Sonntag, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Er und seine Kollegen setzen daher auf die Menschen, die etwas zur Lösung im Fall Hanna beitragen können - womöglich ohne bislang selbst von der Wichtigkeit ihrer Informationen zu wissen. „Es sind manchmal Einzelheiten, die einem selber erstmal vollkommen unscheinbar vorkommen“, sagt Sonntag.

Daher wendet sich die Polizei nochmals an die Öffentlichkeit. Und das nicht nur über „Aktenzeichen XY... ungelöst“. Uber einen Link, beziehungsweise einen QR-Code können sich Menschen melden, die etwas zu den Ermittlungen beitragen könnten. Auch wenn sie es im Moment noch gar nicht wissen. Womöglich reicht es schon aus, an jenem Abend in der Nähe gewesen zu sein. „Hunderte von Gästen haben wir noch nicht kontaktieren können“, sagt Sonntag. „Das wollen wir forcieren.“ Eine solche Anzahl von potenziellen Zeugen sei außergewöhnlich.

Ein Verbrechen am frühen Montagmorgen

Hanna war in der Nacht auf Montag, 3. Oktober, nach dem Besuch des Clubs „Eiskeller“ in Hohenaschau Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Die junge Frau hatte den Club am frühen Montagmorgen gegen 2:30 Uhr augenscheinlich alleine verlassen. Das zeigen auch Bilder einer Überwachungskamera.

Auf dem Heimweg - Hannas Elternhaus liegt in fußläufiger Entfernung ebenfalls in Hohenaschau - war sie offenbar auf den oder die Täter gestoßen. Womöglich im Bereich des Kampenwandparkplatzes. Dort hatten die Ermittler bei einer groß angelegten Absuche Hannas Ring gefunden. Das Schmuckstück hatte sie an jenem Abend getragen, wie sich anhand eines Fotos belegen ließ, das an jenem Abend im Club entstand.

Hunderte potenzielle Zeugen im „Eiskeller“

Womöglich 600 bis 800 Menschen hatten sich an diesem Oktoberabend in dem beliebten Club aufgehalten, sagt Stefan Sonntag. Etliche davon hat die Polizei bereits vernommen. Mit dem weit überwiegenden Teil der Club-Besucher aber konnten die Beamten noch nicht sprechen. Auf ihre Rückmeldungen sei man besonders angewiesen, heißt es seitens der Polizei. 200 Vernehmungen seien bislang geführt worden, sagt Sonntag, über 350 Hinweise eingegangen und geprüft worden.

Die Polizei ermittelt jedenfalls weiterhin mit voller Kraft. Wenn auch nicht mehr mit der Anzahl von Beamten wie zu Beginn. Das hat laut Stefan Sonntag einen einfachen Grund. „Es gibt bei so einer Soko eine Art Arbeitsteilung“, sagt Sonntag. „Da gibt es Vernehmungsspezialisten, andere Beamte machen wiederum die digitale Auswertung und so weiter.“

Gewisse spezialisierte Tätigkeiten zu Beginn, wenn Spuren gesichert werden müssen, sind nun nicht mehr nötig: Die Polizei macht keine Hubschrauber-Überflüge mehr, keine Taucher suchen derzeit noch die Prien oder den Bärbach ab. Auch ein Callcenter, bei dem sich Zeugen melden können, ist momentan nicht besetzt. Am kommenden Mittwoch, 9. November, wird der Fall Thema bei „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ sein. Dann werden sich auch wieder Polizeibeamte um Anrufer kümmern können, sagt Sonntag. Insgesamt ermitteln derzeit gut 50 Polizeibeamte in der Sonderkommission „Club“.

Ein außergewöhnlich verwickelter Fall

Der Fall sei ungewöhnlich kompliziert gelagert, sagt Sonntag. Über die schwierige Gemengelage möchte er sich im einzelnen nicht äußern. „Weil man zu viele Details offenlegen müsste.“ Es sei eben von den Gesamtumständen her ein schwieriger Fall, „sehr komplex, sehr auswertungsintensiv“. Da sind zum Beispiel mehr als 500 Gigabyte Daten aus Kameras, die gesichtet werden müssen. „Das ist eine Mammutaufgabe“, sagt Sonntag. Eine ganze Reihe von Kollegen sei damit beschäftigt.

Die Arbeit dieser Daten-Auswerter ist ein gutes Beispiel, will man die Mammutaufgabe der Polizei ermessen. Es reicht nicht, Bilder von einer der Überwachungskameras vier, fünf Stunden lang anzusehen und dann zur nächsten Kamera überzugehen, wie Sonntag erklärt. „Man muss ausfindig machen, wer all die Menschen sind, die da zu sehen sind.“ Und man müsse abklären, wer mit wem rede, wer wann wohin gehe und so weiter.

Wer kannte wen, wer ging wann wohin?

„Es geht um eine weitgehende Rekonstruktion der Bewegungen in diesem Lokal“, sagt Sonntag. „Wir wollen wissen, was an dem Abend passiert ist im Musikclub, insbesondere auch, was geschehen ist, nachdem Hanna den Club verlassen hatte.“ Ziel sei es, weitestgehend die Beziehungen der Personen in der Umgebung untereinander zu registrieren. Und vor allem zu klären, wer zuletzt Kontakt zu Hanna hatte.

Dabei ist die Polizei auf vielen Wegen unterwegs. Manche erweisen sich als Sackgasse. Vor einer Woche noch war die Rede von einem Jogger gewesen. Auf ihn richteten sich Hoffnungen, er könne etwas Sachdienliches beitragen. Vergebens. Neben Tasche, Lederjacke und besagtem Ring von Hanna seien noch weitere persönliche Gegenstände der jungen Frau gefunden worden, berichtete Sonntag. Was genau, darüber müsse man Stillschweigen bewahren.

Das Handy ist noch immer nicht aufgetaucht

Man habe außerdem alles versucht, um das Handy zu finden, sagt der Sprecher des Polizeipräsidiums. Doch da sei buchstäblich alles möglich. So könne der Täter das Gerät beiseitegeschafft oder es die Prien in den Chiemsee geschwemmt haben. Wirklich weiter ist die Polizei auch mit einem anderen Objekt noch nicht gekommen: einer auffälligen Holz-Armbanduhr, die nahe des Kampenwandparkplatzes gefunden wurde. Unklar ist, wem sie gehört und ob sie mit der Tat in Verbindung steht.

Die Holzuhr und der Ring der jungen Frau, die in Aschau im Chiemgau gewaltsam zu Tode kam, zählen zu den Beweisstücken.

Gut viereinhalb Wochen nach der Tat spreche die Polizei jedenfalls nicht von erkaltenden Spuren. „Wir sind mittendrin“, sagt Sonntag. Immer wieder gebe es neue Ansätze für Ermittlungen. Dabei gehe die Polizei eng mit der Staatsanwaltschaft abgestimmt vor.

Aschaus Bürgermeister Simon Frank: „Stimmung ist gedrückt“

Großen Anteil an den Ermittlungen nehmen auch Aschau und sein Bürgermeister. „Die Stimmung ist nach wie vor unverändert gedrückt“, sagt Bürgermeister Simon Frank auf Anfragen der OVB-Heimatzeitungen. „Das Thema Hanna schwingt in nahezu allen Lebensbereichen im Priental mit.“ Gerade im Rahmen von Veranstaltungen, Festen und Feierlichkeiten falle es schwer, zu so etwas wie Alltag überzugehen. „Die Hoffnung, dass die Sache umfassend aufgeklärt wird, ist groß“, sagt Frank. Das würde auch die teilweise vorhandene Unsicherheit im Ort zumindest lindern.

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