Rosenheimer Herbstfest
Monogam, polygam oder bräutigam? Das sind die neuen Wiesn-Streiflichter
Die Wiesn – ein einziger Rausch. Stimmt nicht. Sie ist Ritual, Brauch, Kunstgattung und Lebenslustmaschine zugleich. Sonst würde dort nicht so viel getanzt werden. Bayerns letzter brodelnder Alpenvulkan war auch da, und feiernden Italienern hat es die Schuhe ausgezogen.
Von Ludwig Simeth, Hendrik Heuser, Ludwig Stuffer und Manuel Hinmüller
Tanzen auf der Wiesn – wenn sich pure Lebenslust und Ausgelassenheit in Bewegung verwandeln
Tanz ist die Umsetzung von Inspiration in Bewegung – meist zu Musik oder zu einem Rhythmus. Tanzen (wohl um 1200 wie englisch „dance“ entlehnt von altfranzösisch „danse“) ist ein Ritual, ein Brauch, eine darstellende Kunstgattung, eine Berufstätigkeit, eine Sportart, eine Therapieform, eine Form sozialer Interaktion oder schlicht ein Gefühlsausdruck. So steht es im Lexikon.
Und wenn man sich auf der Wiesn so umschaut, dann platzen die Bier- und Vergnügungsburgen geradezu vor Inspiration und Lebenslust, die sich in Bewegung verwandeln. Ob Johann-Auer-Hütte, Tatzlwurm-Weinhütte oder Auerbräu-Festhalle – geführt, gedreht, gezogen und geschwungen wird überall. Wenn das so weiter geht, wird der Wiesnigel noch zum Tanzbär.
Hart oder weich – sie haben es drauf
Sie sind bei der Karolinenfelder Blasmusi in der Auerbräu-Festhalle inzwischen schon eine feste Institution: An 16 Wiesn-Tagen wie diesen wissen Lisa Mayr und Sepp Weinzierl genau, wie ein Hit auf dem Herbstfest klingen muss. Ob härtere Nummern von ACDC oder Schmachtfetzen – die Rockröhre aus Altbabensham und der Sonnyboy aus Riedering treffen stets den richtigen Ton.
Anlehnungsbedürftiger Wiesnigel
Da strahlt der Wiesnigel Ignaz. Jetzt kann er sich auf dem Herbstfest mit OVB-Reporter Manuel Hinmüller und Aschaus Tourismus-Chef Herbert Reiter (rechts) „gmiatlich zamhocka“. Gemäß einer Tradition hat Reiter dem Ignaz wieder eine besondere Freude mit einem ausgefallenen Mitbringsel bereitet. Heuer ist das ein eigens kreierter hölzerner Aschau-Stuhl, der zum touristischen Jahresmotto Aschaus passt. Dort wird heuer „Zehn Jahre Bankerldorf“ gefeiert – unter dem Motto „Zamhocka“. Und der Igel weiß, dass er nicht von der Bierbank rutscht, sondern gemütlich im Aschau-Stuhl mit Lehne residieren kann.
Wiesn und Basketball – das passt gut zusammen
Vom Dreier, Rebound und Sternschritt über den Hakenwurf und die Zonenverteidigung bis zum Steal (Ballklau), Turnover (Ballverlust) oder Buzzerbeater (Siegwurf mit der Schlusssirene) – der Besuch der Wasserburger Basketball-Damen in der Auerbräu-Festhalle war Anlass für den Wiesnigel Ignaz, um seine Basketball-Kenntnisse aufzufrischen. Der Ausflug der Korbjägerinnen ist mittlerweile zu einer schönen Tradition geworden. Mit Lebkuchenherzerl und einem kurzen Auftritt zum Dirigieren auf der Bühne feierte der Basketball-Zweitligist eine lange, erfolgreiche Partnerschaft im Auer.
Indessen erklärte der Ignaz den staunenden Damen, dass ein Steal (Fremdmasstrinken) auf der Wiesn einen schmerzhaften Turnover beziehungsweise Rebound nach sich ziehen kann. Und welch wunderbares Buzzerbeater-Feeling ist das, wenn man um exakt 23.30 Uhr noch die letzte frische Mass auf den Tisch gestellt bekommt!
Komische Wiesn-Mode in den 80ern
Geradezu Unglaubliches findet der Wiesnigel Ignaz immer wieder, wenn er in alten Zeitungsbänden blättert. So zum Beispiel diesen spartanisch gekleideten Wiesn-Spaziergänger, der in den 80er-Jahren tatsächlich in der Badehose übers Festgelände flanierte. Ob er die Loretowiese mit einer Liegewiese am Badesee verwechselt hat? Ein Navi kann ihn jedenfalls nicht fehlgeleitet haben. Das gab es damals noch nicht.
Blumiges auf dem Brotzeitbrettl
Und das Schönste kommt zum Schluss: Wenn die Gäste am späten Abend heimgehen, räumt Bedienung Martina Rößner im Flötzinger-Zelt den Biertische-Blumenschmuck der Brauerei-Boxen ab und bringt ihn ins Nachtlager.
Monogam, polygam oder bräutigam? Da zieht es den Italienern die Schuhe aus
Eine mondäne Stretchlimousine mieten, sexy Stripperinnen oder Stripper buchen, auf große Kneipentour gehen? Nix da. Im Frühherbst gibt es zu einem Junggesellenabschied auf dem Herbstfest eigentlich keine echte Alternative. Und so denken offenbar nicht nur die jungen Menschen in Rosenheim und Umgebung, sondern auch in Norditalien und Österreich. Der Wiesnigel Ignaz staunte jedenfalls nicht schlecht, als ihm auf der Loretowiese erst ein halbes Dutzend Junggesellenabschieds-Ragazzi aus Verona über den Weg liefen und dann eine Junggesellin samt ihren Madln aus dem Salzburger Land.
Auf die scherzhafte Frage des Ignaz, ob sie denn monogam, polygam oder bräutigam seien, zog es den feuchtfröhlichen Norditalienern glatt den Schuh aus. Da machte der Wiesnigel Ignaz lieber ganz schnell den langen Schuh.
Von Ludwig Simeth, Hendrik Heuser, Ludwig Stuffer und Manuel Hinmüller







