Naturgefahr-Expertin informiert in Wasserburg
Millionenschäden durch Unwetter: So können Sie sich schützen
Sintflutartiger Regen, Hagelkörner so groß wie Tennisbälle, Verwüstungen durch Stürme: Die extremen Unwetter haben im Sommer im Wasserburger Land Millionenschäden ausgelöst. Dr. Miriam Dühnforth, Naturgefahren-Expertin der Versicherungskammer Bayern, erklärte bei einer Pressekonferenz der Sparkasse Wasserburg, wie sich Bürger schützen können.
Wasserburg – Innerhalb weniger Minuten standen Straßen und Keller unter Wasser. Hagelkörner so groß wie Tennisbälle „rasierten“ die Maisfelder bis auf kleine Stoppel ab. Stürme verwandelten Wälder in Wüsten: Extreme Unwetter haben im Sommer 2021 in Albaching und Rechtmehring, in Amerang, Obing und Halfing gewütet. Beim nächsten Mal kann es andere Orte im Wasserburger Land treffen, niemand ist mehr gefeit gegen das Extrem-Wetter, warnte Dr. Miriam Dühnforth, Naturgefahren-Expertin der Versicherungskammer Bayern, bei einer Video-Pressekonferenz der Kreis und Stadtsparkasse Wasserburg. Vorstandsmitglied Mischa Schubert sprach von einer unterschätzten Gefahr.
Land unter
Land unter in Albaching und Rechtmehring: Der Hagel verwandelte, wie berichtet, am 22. Juni die Sommer- in eine Winterlandschaft, die Schneepflüge mussten ausrücken. Schäden in Höhe von 1,15 Millionen Euro meldeten die betroffenen Bürger, darunter neben vielen Hauseigentümern auch Landwirte, allein bei der Versicherungskammer Bayern. Starkregen und Sturm, die am 28. Juli in Halfing, Amerang und Obing wüteten, schlugen bei der Versicherungskammer nach ihren Angaben mit Schäden in Höhe von etwa drei Millionen Euro auf. Der Marktanteil der Versicherungskammer beträgt nach Angaben von Schubert im Geschäftsgebiet der Sparkasse Wasserburg etwa unter 40 Prozent. Die Gesamtschäden würden deshalb vermutlich drei Mal so hoch sein.
Öfter und intensiver
Doch warum häufen sich Wetter-Extreme? Handelt es sich um ein gefühltes Symptom nach einem Sommer, der irgendwie kein richtiger war? Nein, die Naturgefahren-Expertin der Versicherungskammer Bayern warnte: Unwetter wird es nach ihren Erfahrungen immer öfter geben. Extreme Ereignisse mit Starkregen, Sturm und Hagel würden im Vergleich zur Situation vor 30 bis 50 Jahren in immer schnelleren Abfolgen immer intensiver auftreten.
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Der Grund sei der Klimawandel. Hauptfaktor: die steigenden Temperaturen. Sie sorgen für mehr Feuchtigkeitsaufnahme in der Luft. Die erhöhte Verdunstung führt nach Informationen von Expertin Dühnforth einerseits zu Dürre, andererseits zu starken Niederschlägen und Hochwasser.
Hitze eine Folge des Klimawandels
Von 1961 bis 1990 gab es in Deutschland laut Wetterstatistik etwa vier Tage im Jahr, an denen das Thermometer auf über 30 Grad kletterte. 2021 waren es elf Tage. Auch an der Wetterstation Amerang-Pfaffing verzeichneten die Beobachter im Sommer 2021 an sieben Tagen maximale Tagestemperaturen über 30 Grad, berichtete die Expertin.
Die steigenden Temperaturen führen zu sich häufenden Dürreperioden mit großen Folgen für die Land-, Forst- und Wasserwirtsch aft. 2021 konnte sich die Vegetation jedoch wieder erholen, in diesem Sommer kippte die Situation ins Gegenteil: Häufig gab es viel zu viel Regen, mehrfach in einem extremen Ausmaß mit Überflutungen und Hagel.
Spur der Verwüstung „sehr lokalisiert“
Was die Situation so dramatisch macht: Diese Wetterereignisse sind zum Bedauern der Experten der Versicherungskammer Bayern in der Regel zwar vorhersehbar. Die Wetterwarnungen funktionieren, die entsprechenden Apps schlagen an. Doch wo genau das Unwetter zuschlägt, könne nicht prognostiziert werden. Starkregen, Sturm und Hagel treffen dann „sehr lokalisiert“ einen bestimmten Ort. Beispiel Albaching und Rechtmehring, wo das Unwetter eine Spur der Verwüstung anrichtete, während Nachbarkommunen unbehelligt blieben.
Wasser kann nicht versickern
Wenn innerhalb einer Stunde mehr als 25 Millimeter Regen niederprasseln, kann das Wasser meist nicht versickern. Die Kanalisation ist überfordert, Keller, Garagen und Erdgeschosse laufen voll.
Die Vorsorgemechanismen und -techniken können nach Erfahrungen von Dühnforth nicht so weit ausgebaut werden, dass es einen hundertprozentigen Schutz gibt. Sie und Stefan Liebl, Rainer Hoffmann, Jürgen Haux und Thomas Spiegel von der Versicherungskammer Bayern betonten zwar die Notwendigkeit, bei neuen Versiegelungen von Flächen – etwa durch Baugebiete – einen Fokus auch auf die Regenwasserableitung zu legen und Kanalnetze auszubauen. Doch das reiche auf Dauer nicht aus. Frühwarnsysteme würden zwar beim klassischen Flusshochwasser helfen können, sich rechtzeitig zu schützen, bei einem extremen Starkregen jedoch nicht. „Das geht so schnell, dass es innerhalb weniger Minuten zu spät ist“, warnte Dühnforth.
Unterschätzte Gefahr
21 der 26 größten Unwetterereignisse zwischen 2002 und 2019 in Deutschland, bei denen über 25 Millionen Euro Schaden entstanden, sind nach Angaben der Versicherungskammer Bayern auf Starkregen zurückzuführen. Trotzdem beurteilten drei Viertel der Teilnehmer einer Befragung der deutschen Versicherer die Gefahren einer Überschwemmung für ihr Haus als gering bis sehr gering, berichteten die Expertin beim Pressegespräch in der Sparkasse. Das Bewusstsein für die Problematik sei bei der jüngeren Generation jedoch auffallend hoch. Sie hat in den vergangenen Jahren diesbezüglich viel erlebt. Die Generation „Fridays for Future“ sei sensibilisiert für die Folgen des Klimawandels, so Dühnforth.
Keine staatliche Hilfe
Seit Mitte 2019 gibt es nach ihren Angaben einen Kabinettsbeschluss, dass staatliche Hilfen in Bayern nicht mehr für Unwetteropfer gewährt werden, wenn sie sich hätten versichern können. Diese Möglichkeit haben laut Schubert 99,2. Prozent der Bürger im Freistaat. Sie sind laut Rainer Hoffmann von der Versicherungskammer Bayern in der Selbstverpflichtung, vorzusorgen und ihr Eigentum durch Elementarschadenversicherungen für Gebäude und Hausrat individuell zu schützen. Während in Deutschland 46 Prozent aller Gebäude mit einer Elementarschadenversicherung ausgestattet sind, haben in Bayern bisher nur rund 38 Prozent der Häuser diesen Schutz – „eine Riesenlücke“, so Schubert, der daran erinnerte, dass viele Bürger „ohne mit der Wimper zu zucken“ ihr Auto absichern würden, beim Haus jedoch zögern würden – obwohl die Gebäude- und Hausratsversicherung nicht automatisch die Folgen von Naturgefahren abdecke.
Nachfrage nach Elementarschadenversicherungen steigt
Weidemann sieht jedoch ein Umdenken: Die Nachfrage sei stark gestiegen. Während die Sparkasse mit ihrem Versicherungspartner noch bei der Abarbeitung der Schäden aus den Sommerkatastrophen beschäftigt sei, würden sich immer mehr Kunden um eine Beratung zu Policen bemühen, die die üblichen Gebäude- und Hausratversicherungen um eine Elementarschadenversicherung ergänzen würden, so Weidemann.
Das kostet eine Versicherung – hier gibt es einen Risikocheck
Für ein Standard-Einfamilienhaus im Wasserburger Land kostet eine Elementarschadenversicherung etwa 120 Euro im Jahr, teilt die zuständige Expertin bei der Sparkasse Wasserburg, Anja Weidemann, mit. Landwirte zahlen für eine Versicherung des Mais beispielsweise pro Hektar im Jahr 40 bis 50 Euro.
Welches Risiko für das eigene Heim besteht, können Immobilienbesitzer über einen Check der Versicherungskammer Bayern ermitteln. Über den Naturgefahren-Check des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft ermitteln Interessenten, welche Schäden Unwetter bereits am Wohnort verursacht haben.
Online-Vortrag zu Naturgewalten
Eine Online-Veranstaltung zum Thema Naturgewalten findet am Mittwoch, 13. Oktober, um 18.30 Uhr statt. Kunden und auch Nichtkunden der Sparkasse können sich über die Homepage (www.sparkasse-wasserburg.de) anmelden. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Anmeldung ist bis einschließlich Montag, 11. Oktober möglich. Es referiert Dr. Miriam Dühnforth.







