Apotheker aus dem Chiemgau empfehlen
Medikamente fehlen in der Region: Das müssen Eltern und chronisch Kranke jetzt beachten
Für Apotheker wird es derzeit zusehends schwieriger, bestimmte Medikamente zu beschaffen. Vor allem bei Fiebermitteln für Kinder gibt es Engpässe. Das empfehlen Apotheken in Prien und Bernau.
Prien/Bernau – Es seien vorwiegend Schmerz- und Fiebermedikamente für Kinder nicht immer lieferbar, berichtet Elke Wanie. Sie ist die örtliche Sprecherin für die Bayerische Landesapothekenkammer. „Das ist eine Sache, die uns wirklich weh tut. Weil Fieber- und Schmerzzäpfchen bei Kindern häufig verordnet werden“, berichtet sie. Denn Kinder neigten dazu, schnell fiebrig zu werden.
Vor allem der Wirkstoff Ibuprofen mit seinem entzündungshemmenden Effekt sei derzeit – vornehmlich in flüssiger Form – nur schlecht lieferbar. Der Grund hierfür: Teile der Produktion für die Medikamente seien nach Indien und Pakistan verlagert worden. Und nun brächen die Lieferketten weg. „Da geht es uns wie vielen Geschäften im technischen Bereich, wenn beispielsweise bei Autos die Ersatzteile fehlen“, vergleicht die Apothekerin.
Kein Grund zur Panik
Auch bei anderen Medikamenten komme es mitunter zu Lieferproblemen: Darunter bei Antibiotika in bestimmten Darreichungsformen. Seitens ihrer Zukunft steuere aber man bereits gegen. „Wir Apotheker versuchen, den Leuten weiterzuhelfen und sie nicht im Regen stehenzulassen“, sagt Wanie.
Unter anderem gebe es einen Zusammenschluss von Großhändlern, die versuchten, Medikamente über andere Importschienen zu bekommen und etwa Restbestände zu besorgen.
Gerade chronisch kranken Menschen, die auf regelmäßige Medikamente angewiesen sind, rät Wanie, nicht zu warten, bis ihre Packungen aufgebraucht sind. Ein Rezept sei 28 Tage gültig, entsprechend früh sollten sich chronisch Kranke um Nachschub bei ihrer Apotheke bemühen. Aber: Grund zur Panik gebe es keinen. „Von einer Situation, dass wir die Leute nicht mehr mit ihren Medikamenten versorgen können, sind wir noch sehr weit weg“, beruhigt Wanie.
Bei rund 260 Medikamente verzeichne das Bundesinstitut für Arzneimittel inzwischen einen Lieferengpass, schildert Thomas Metz, Sprecher des Bayerischen Apothekenverbands. Er erinnert in Sachen Medikamentenengpass vorwiegend an das Mittel Tamoxifen, welches zur Behandlung von Brustkrebspatientinnen eingesetzt wird. Hier habe der Staat teilweise mit Sondererlassen reagiert, um das Mittel aus anderen Ländern importieren zu können.
Lieferproblem bei Krebsmedikament
Ein Engpass, den auch die Leiterinder Bernauer Apotheke im Ärztezentrum, Heidi Jungbeck, bestätigen kann. Bei Tamoxifen vermutet sie wirtschaftliche Gründe, warum das Medikament nicht mehr in entsprechender Menge produziert werde. Aber auch bei anderen Präparaten gebe es schon seit geraumer Zeit Lieferprobleme. Darunter beim genannten Wirkstoff Ibuprofen, bei ihr vornehmlich in der Darreichungsform als Saft.
Schon seit dem vergangenen Jahr bestehe dieses Problem. Bei anderen Ibuprofen-Medikamenten in flüssiger Form sei die Liefersituation noch „ganz gut“. Fazit für sie ist: „Wir müssen keine Kunden wegschicken, es gibt noch Alternativen.“ Selbst wenn wie beim Wirkstoff Paracetamol die Variante als Saft derzeit kaum erhältlich sei. „Wir stellen uns darauf ein, diesen selbst herzustellen.“
Wie Apothekenkammer-Sprecherin Wanie mahnt sie chronisch Kranke, bei der Nachbestellung ihrer Medikation nicht zu warten, bis die jüngste Packung verbraucht ist, um bei der Bestellung einen zeitlichen Puffer zu haben.
Mehr Alternativen für Erwachsene
Das bestätigt auch der Priener Apotheker Dr. Clemens Reuther und rät Menschen, die auf eine Dauermedikation angewiesen sind, ein wenig vorzuplanen. „Das ist natürlich schade, weil wir Apotheken für die Akutversorgung zuständig sind“, klagt er.
Zwar sieht auch Reuther keine Versorgungskrise im eigentlichen Sinn, aber auch ihn und seine Mitarbeiter frustrierten Situationen, wenn Mütter mit ihrem Kind in die Apotheke kämen und für diese keine Fieberzäpfchen vorrätig seien. „Bei Erwachsenen haben wir bei Medikamenten mehr Alternativen“, sagt der Pharmazeut. Man habe das Lager nun ein wenig hochgefahren und versuche, alle Kanäle anzuzapfen, um an schwierig lieferbare Präparate zu kommen.
Die Ursache für die Situation sieht Reuther jedoch nicht nur in der Verlagerung vieler Produktionsschritte ins asiatische Ausland. Auch der Abschluss von Rabattverträgen durch die Krankenkassen mit eher unbekannten Herstellern, die am Ende nicht liefern könnten, sieht er als Problem. „Wir sind das letzte Glied in der Kette und können die Situation nicht ändern. Wir müssen aber mit ihr umgehen“, sagt der Priener Apotheker.