Endgültige Entscheidung trotz Umfrageergebnis auf Ende Juni vertagt
Lärmschutzwände am Bahngleis: Warum der Gemeinderat Bernau noch hadert
Die von der Bahn angebotenen drei Lärmschutzwände entlang der Bahngleise in Bernau sind nach wie vor keine beschlossene Sache. In seiner jüngsten Sitzung diskutierte der Gemeinderat das Thema erneut kontrovers.
Bernau – Die nun vorliegenden Ergebnisse der Bürgerumfrage sprachen mit über 60 Prozent Zustimmung zum Bau der Wände eine deutliche Sprache. Da der Rücklauf aber nur bei 276 Teilnehmern lag, hatte mancher Gemeinderat offenbar Bauchschmerzen mit dieser für das Ortsbild sehr einschneidenden Entscheidung. Am Ende einigte sich das Gremium darauf, die Ergebnisse noch einmal „sacken zu lassen“ und einen Beschluss in der Sitzung Ende Juni zu treffen.
Betroffene haben sich zu Wort gemeldet
Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber (CSU) legte dem Gremium die Auswertung des Fragebogens vor. Wie sie im Nachgang der Sitzung gegenüber den OVB-Heimatzeitungen erklärte, hatten sich an der Umfrage hauptsächlich Personen beteiligt, die direkt oder als Hinterlieger an der Bahnlinie wohnen und somit vom Lärm als auch von eventuellen Schutzmaßnahmen am stärksten betroffen sind.
Der Knackpunkt sei, dass mit 276 Personen der Rücklauf aus der Umfrage relativ gering gewesen sei. „Die Frage ist, ob das Thema für den Rest der Bevölkerung nicht soviel Bedeutung hat oder sie die Umfrage nicht erreicht hat. Ich glaube trotzdem nicht, dass man das Ergebnis einfach über Bord kippen sollte“, so die Bürgermeisterin.
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Sie argumentiert: „Die Teilnehmer der Umfrage haben sich eindeutig für Lärmschutz ausgesprochen. Nach Köpfen ausgewertet waren es fast 62 Prozent und pro Haushalt waren es auch 60,45 Prozent.“ Die Diskussion im Gemeinderat bezeichnete sie als „sehr zwiegespalten“. Matthias Vieweger (CSU) nannte die Entscheidung „nicht einfach“. Er schlug einen Ausflug für Gemeinderat und interessierte Bürger nach Kiefersfelden vor, um sich dort die Lärmschutzwände anzusehen. Ausschlaggebend sei für ihn die Höhe.
„Man kann wegschauen, aber nicht weghören“
Sascha Klein (WMG) nannte die Abstimmung wegen der geringen Beteiligung „nicht repräsentativ“. Josef Genghammer (Grüne) argumentierte: „Wegschauen kann man, weghören kann man nicht.“ Er ging davon aus, dass sich die Frequenz an dieser Bahnstrecke durch Klimaschutzmaßnahmen erhöhen wird und in Zukunft mehr Züge fahren könnten.
Thomas Deinzer (SPD) vertrat die Meinung, das Umfrageergebnis solle als gewichtiges Argument in die Entscheidung einbezogen werden. Er betonte: „Lärm ist gesundheitsschädlich.“ Bei passivem Lärmschutz würden die Kosten auf die Hauseigentümer abgewälzt. Zu den passiven Maßnahmen zählt zum Beispiel der Einbau von Lärmschutzfenstern, dafür müssten die Eigentümer ein Viertel der Kosten mittragen. Die Lärmschutz bezahlt die Deutsche Bahn AG komplett.
Deinzer bat darum, die Lärmschutzwände gefällig zu zu gestalten. Peter Pertl (CSU) stimmte sowohl Genghammer als auch Deinzers Aussage zu. Gerhard Jell (CSU) wies darauf hin, dass der Lärm von den Zügen „eklatant“ zurückgegangen sei. Der ICE sei fast nicht mehr hörbar und auch die Güterzüge würden leiser. Er sei deshalb klar gegen die Lärmschutzwände. Stephan Saur (WMG) verwies darauf, dass eine Begrünung der Wände nicht möglich sei, das hatten Bahn-Vertreter in einer früheren Sitzung bereits deutlich gemacht. „Wir sind ein Tourismusort. Die Wände stehen dann für immer“, verwies er auf die optische Auswirkung.
Nein-Stimmen stärker gewichten?
Wilhelm Schellmoser (BL) nannte die Umfrage eine „Stimmungsbild-Abfrage“. Die Nein-Stimmen sollten stärker gewichtet werden, so seine Meinung.
Thomas Herian (BL) sagte: „Ich verstehe die Betroffenen, aber die Umfrage ist nicht repräsentativ.“ Katrin Hofherr (SPD) meinte: „In meinem persönlichen Umfeld waren alle dagegen (gegen die Wand, Anm. d. Red.).“
Nur einen Teil der Wände befürworten? Geht das?
Vieweger schlug einen Kompromiss vor, zum Beispiel entlang der Bahn, im Bahnhofsbereich sah er die Wände als „nicht vorstellbar“. Darauf entgegnete Bürgermeisterin Biebl-Daiber: „Wir sind keine Fachleute beim Thema Lärmschutz und wir können nicht beurteilen, wie das ausgeht, wenn wir die Wände ändern.“
Am Ende verständigte sich das Gremium darauf, die endgültige Entscheidung auf die Sitzung Ende Juni zu vertagen, ob pro oder contra Lärmschutzwände. Bis dahin wolle man auch noch einmal die Reaktionen aus der Bevölkerung abwarten.