Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Familie aus Bad Endorf

Kündigung wegen Eigenbedarf: Sie geben Tieren ein Zuhause – nun trifft es sie selbst!

Familie Kohoutek und ihr Tierschutzverein „Federn & Pfoten“ suchen nach einer Eigenbedarfskündigung ein neues Zuhause.
+
Familie Kohoutek und ihr Tierschutzverein „Federn & Pfoten“ suchen nach einer Eigenbedarfskündigung ein neues Zuhause.

Seit 16 Jahren lebt Familie Kohoutek auf einem Hof bei Bad Endorf und beherbergt dort verstoßene und kranke Tiere – überwiegend Geflügel. Jetzt sollen sie ausziehen. Der Vermieter hat wegen Eigenbedarfs gekündigt. Nun suchen sie für sich und ihr Federvieh ein neues Zuhause.

Bad Endorf – Sie wurden beschlagnahmt, ausgesetzt oder streunern heimatlos umher: Die Tiere, die auf dem Gnadenhof von Familie Kohoutek aus Bad Endorf unterkommen, haben Glück. „Bei uns können sie einen ruhigen Lebensabend genießen“, sagt Nicola Kohoutek. Seit rund zehn Jahren geben sie, ihr Mann Georg und ihre Tochter Angelina ungewollten, kranken oder misshandelten Tieren ein Zuhause. Kurz vor Ostern dann der Schock. Die Familie hat die Kündigung wegen Eigenbedarfs erhalten.

Der Name ist hier Programm, ein Großteil der Tiere ist Geflügel. Denn „Kohoutek“ bedeutet übersetzt aus dem Tschechischen so viel wie „kleiner Hahn“ oder „Hähnlein“. Seit 16 Jahren leben die Familie und der Großvater im Drei-Generationen-Modell auf dem alten Bauernhof zwischen Landing und Patersdorf. Rund ein Hektar Land steht ihnen zur Verfügung. „Unsere Tochter war acht Monate alt“, erinnert sich Georg Kohoutek. Die heute 16-Jährige erinnert sich an nichts anderes, es ist ihr Zuhause. Ihr ist es zu verdanken, dass das erste Federvieh bei der Familie einzog. „Damals haben wir uns vier Hühner zugelegt“, berichtet ihre Mutter.

Fokus auf Federvieh

Doch dabei blieb es nicht. Heute leben drei Gänse, acht Enten, sechs Puten, zwei Truthähne sowie Tauben, Hühner und auch Wildvögel bei den Kohouteks. Abgerundet wird das tierische Ensemble durch die vier Brillenschafe Barbara, Pebbels, Melody und Lucy. Zur Familie gehören außerdem die drei Hündinnen Sunny aus Sri Lanka, Chili aus Rumänien, Tara aus Griechenland und die Kater Apollo und Snoopy.

Über die Jahre wurden es immer mehr Tiere. „So etwas spricht sich ja rum.“ Vor zwei Jahren gründeten sie deswegen den Tierschutzverein „Federn & Pfoten“. Von den Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Patenschaften werden unter anderem Futter- und Tierarztkosten bezahlt. Inzwischen kämen auch viele der Tiere über das Veterinäramt auf dem Gnadenhof der Kohouteks unter. Einen Großteil der Kosten für die Tiere trägt die Familie jedoch privat.

Angelina Kohoutek und die Brillenschafe der Familie.

Ein besonderer Hingucker sind die Ronquières-Puten. Da es sich um eine seltene Putenrasse handelt, widmet sich der Tierschutzverein dem Erhalt. Die Bruteier verkaufen die Kohouteks. „Die sind auf Angelinas Mist gewachsen“, sagt Georg Kohoutek und lacht. Mit geschwollener Brust und aufgeplustertem Gefieder stolzieren die beiden Truthähne in dem Freilauf. Mittendrin die 16-jährige Angelina. Auf dem Arm hält sie eine der Puten. „Nur sie kommt immer zu mir.“ Aufgrund der Verbindung zu den Tieren, isst die Familie seit einigen Jahren kein Fleisch mehr. Mutter und Tochter leben vegan, Vater Georg vegetarisch. „Früher haben wir gerne Fleisch gegessen. Inzwischen geht das nicht mehr“, sagt Nicola Kohoutek.

Im schlimmsten Fall müssen alle Tiere weg

Der Hof der Kohouteks ist für viele Vögel die erste Anlaufstation nach einer Beschlagnahmung oder wenn der Besitzer sich plötzlich nicht mehr um sie kümmern kann. „Manche Tiere können wir weitervermitteln, andere bleiben dauerhaft“, erklärt Nicola Kohoutek. So sind zum Beispiel einige Tauben der Familie zugeflogen und geblieben, andere flogen auch wieder davon. Für ein Großteil von Ihnen ist der Hof zur Rettung vor Elend oder gar dem Tod geworden.

Familie Kohoutek aus Bad Endorf sucht ein neues Zuhause für sich und ihre Tiere.

All das könnte jetzt ein Ende haben. Denn sollten die Kohouteks keine Bleibe finden, die eine artgerechte Haltung der Tiere – ideal wäre auch ein kleiner Teich für die Wasservögel – ermöglicht, müssen sie den Bestand auflösen. Nicola Kohoutek dreht den Kopf weg, Tränen steigen auf. Auch ihr Mann wird ganz still. „Vor allem um die Tauben und Schafe mache ich mir Sorgen“, sagt sie. Tauben hätten einen schlechten Ruf. Den vier kranken Schafen drohe die Schlachtung. Der angespannte Immobilienmarkt im Landkreis und die hohen Preise im Chiemgau bereiten der Familie daher zusätzlich Sorge.

Familie will im Chiemgau bleiben

Wann genau sie ausziehen müssen, wissen sie zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Der Vermieter hätte ein Jahr in Aussicht gestellt. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt neun Monate. „Für eine artgerechte Haltung würde uns auch die Hälfte des jetzigen Grundstücks reichen“, erklärt Nicola Kohoutek. Wichtig sei, dass auch Kohouteks 70-jähriger Vater weiterhin seine eigenen vier Wände zur Verfügung hat. Örtlich gebunden sind sie nicht, im Chiemgau sollte das neue Zuhause jedoch schon sein. „Ein Großteil meines Kundenstamms ist in Bad Endorf. Außerdem besucht unsere Tochter das Gymnasium in Prien“, so Georg Kohoutek. Auch die Vereinshelfer sollten es nicht zu weit haben. Wichtig sei auch die Nähe zu den Tierärzten.

Auf dem Gnadenhof des Vereins Federn & Pfoten.

Das Budget der Familie ist nicht klein. Bis zu 3000 Euro Miete können sie aufbringen. „Die Gegebenheiten müssen passen“, sagt Nicola Kohoutek. Denn die Tiere sind nicht stumm. Nachbarn, die sich an einem krähenden Hahn oder blökenden Schaf stören, seien daher problematisch. Außerdem sind sie handwerklich geschickt und können auch selbst Arbeiten an Haus und Hof vornehmen.

Tochter will Falknerin und Tierärztin werden

Damit der Alltag mit Vieh und Hof funktioniert, ziehen bei Familie Kohoutek alle an einem Strang. Georg Kohoutek ist selbstständiger Messe- und Montagebauer, seine Frau unterstützt ihn im Betrieb. Auch die 16-jährige Tochter Angelina packt an, wo es geht. „Ich bin damit aufgewachsen“, sagt sie. Nach dem Abitur will sie Tiermedizin oder Zoologie studieren und sich aber auf Wildtiere konzentrieren. Außerdem möchte die junge Frau auch den Jagdschein und anschließend den Falknerschein machen. „So könnten wir in Zukunft auch mehr Wildvögel aufnehmen und retten.“

Kommentare