Gauschützenmeister im Gespräch
Krise beim Schützengau Wasserburg-Haag: Pandemie und Krieg setzen dem Schießsport zu
Zuerst Corona, dann der Krieg. Im Hintergrund schwelen die Nachwuchsprobleme. Die Schützen in Gau Wasserburg-Haag haben es im Moment nicht einfach. Zum ersten Mal nach der Neuformierung der Führung traf sich die Spitze des Gaus in der „Freibadstube“ zu einem Grundsatzgespräch. Dort wurden die Probleme deutlich.
Haag – Unter ihnen: Die vergangenen zwei Jahre. Zwar hätte die Pandemie den Schützen nach der Statistik von neuem Gauschützemeister Helmut Schwarzenböck „bei Weitem nicht so betroffen wie andere Vereine“, sie hätten aber ebenfalls eine gewisse Reduzierung hinnehmen müssen. Das habe der Rückgang der Wirte mit sich gebracht: „Viele Schützen verloren damit ihre ‚Heimat‘ und ihren Stand“, so Helmut Schwarzenböck. Andererseits hätten manche organisationstechnische Probleme.
Kerben in die harmonische Schützenlandschaft hätten auch die Corona-Verordnungen geschlagen. Die Hilflosigkeit der Regierung hätte sich auf das Freizeitverhalten ausgewirkt: mal war Maske verordnet, mal wieder nicht, einmal 3, dann 2 G, dann 2G-plus. Am schlimmsten habe er aber empfunden, dass die Mitglieder aufeinander losgingen und sich, je nach geimpft oder nicht geimpft, anfeindeten: „Jeder sollte doch seine eigene Entscheidung darüber haben.“
Wenig Möglichkeiten an den Schießstand zu treten
Auswirkungen werde es nach Florian Schwarzenböck auch haben, dass von Vereins- bis Landesebene keine Meisterschaften durchgeführt wurden. Im Herbst werde man sehen, wie viele wieder antreten. „Eine ganze Litanei von Rundenwettkampfschützen haben sich abgemeldet“, so Florian Schwarzenböck.
Gelitten habe aber vor allem die sprichwörtliche Geselligkeit. Nach dem Schießen am Stand würde man sich normalerweise zum Gespräch zusammenfinden. Das war die meiste Zeit verboten, also verzichteten viele auch auf die wenigen Möglichkeiten, an den Stand zu treten.
Munition ist teuer geworden
Doch nicht nur die Pandemie, auch der Krieg gegen die Ukraine wirkt sich auf den Schießsport aus. Denn es würden nur noch Kriegswaffen und Kriegsmunition produziert werden, alles andere sei extrem teurer geworden. „Der Preis für Zündhütchen und Munition ist auf das Dreifache gestiegen“, so Werner Bley von den Schwarzpulverschützen.
Ludwig Meindl ergänzte, dass sich die Jugend von dem Schießen großkalibriger Waffen schon lange verabschiedet habe. Hohe finanzielle Hürden, das Ablegen von Prüfungen bis zum Sprengstoffschein und die Grenze der Volljährigkeit schreckten ab. Die Einbußen sind empfindlich, resümierte auch der Helmut Schwarzenböck.
Geringer Stellenwert in der Gesellschaft gibt zu denken
Neben Corona und dem Krieg, gibt den Gauschützen auch der Nachwuchs zu denken. Das wirkt sich auch auf den Nachwuchs auf, wie im Gespräch deutlich wurde. Erich Eisenberger zählte zur letzten Saison für Kirchdorf 25 neue Jugendliche am Stand. 30 fanden sich vor Corona in Oberornau ein. Jetzt hieße es: „Momentan kommt nichts nach.“ Das Stagnieren könne auch an den Jahrgangsstärken liegen.
Reinhold Kastl zitierte das „alte Problem“: „Oft schießen Schüler Bombenergebnisse, doch dann kommt die Sturm-und-Drang-Zeit und sie sind weg.“ Das Schützenhaus, stelle man allgemein fest, sei auch auf dem Land nicht mehr der erste Treffpunkt der Jugend, bevor sie ins Wochenende aufbrechen. Heute verständige man sich per Smartphone.
Für die Gesellschaft habe der Schützensport im Gegensatz „Formel eins“, Fußball oder Tennis noch nie an oberster Stelle gestanden, stellte Eisenberger fest. Konzentration und Ruhe am Stand böten den Medien zu wenig Action. Deutlich hätten sich auch die Politiker von den Schützen distanziert, die einst als Hüter der Tradition und „Schützer“ der Heimat in hohem Ansehen standen.
Durststrecke überwinden
„Die Schützen müssen in der Gesellschaft wieder einen höheren Stellenwert bekommen“, stellte auch Helmut Schwarzenböck fest. Abträglich dafür seien auch die Amokläufe, die zu einem negativen Bild führten.. Der Stellenwert werde sich erst langfristig wieder einpendeln: „Das ist eine Generationengeschichte.“
Momentan gelte es, die Durststrecke zu überwinden, fasste die Gauspitze zusammen. Dazu zähle in erster Linie Zusammenhalt. Dritter Gauschützenmeister Reinhold Kastl mahnt dazu die eigenen Leute: „Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen.“