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Brisante Verhandlungen mit der DDR

Konspirativer Milliarden-Deal: Was im Mai 1983 auf einem Söchtenauer Hof wirklich geschah

Das Gut Spöck: Hier wurde vor 40 Jahren Zeitgeschichte geschrieben.
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Das Gut Spöck: Hier wurde vor 40 Jahren Zeitgeschichte geschrieben.

Vor 40 Jahren fädelte Franz Josef Strauß den Milliardenkredit an die DDR ein. Schauplatz der Verhandlungen war das Gut Spöck in Söchtenau. Die Nachricht, dass sich ausgerechnet der „Kommunistenfresser“ Strauß mit der DDR einlässt, sollte einschlagen wie eine Bombe.

München – Der schwere 750er BMW war am 5. Mai 1983 auf diskreten Wegen über die deutsch-deutsche Grenze gelangt. Bei Schleitz in der DDR stieg ein schlaksiger, groß gewachsene Mann zu: Alexander Schalck-Golodkowski, Chef der Abteilung „Kommerzielle Koordinierung“ (Ko Ko) im DDR-Ministerium für Außenhandel, wurde an der Grenze durchgewunken. Nach einigen Stunden Fahrt hielt der BMW schließlich vor einem großen Landhaus bei Söchtenau, nordöstlich von Rosenheim. Ein Hof „wie aus dem Bilderbuch, umgeben von sattgrünen Wiesen und überwölbt von einem strahlenden weiß-blauen Himmel“, so erinnerte sich Schalck später. Auf Gut Spöck, dem Erholungsdomizil des Fleischgroßhändlers Josef März, wartete auf den Gast aus der DDR neben einem rustikalen bayerischen Essen mit viel Fleisch Franz Josef Strauß. Dann wurde der Milliardenkredit an die DDR eingefädelt. 40 Jahre ist das nun her.

In Söchtenau wurde Zeitgeschichte verhandelt

Das Gut Spöck gibt es immer noch, auch wenn der Fleischhändler März schon lange tot ist. Vor Jahren ist es es („sehr großzügig und lichtdurchflutet“, Konferenzraum „einschusssicher“) verkauft worden und gehört nun dem Vernehmen nach einem Privatmann. Dass hier einmal Zeitgeschichte verhandelt wurde, ist von außen zumindest nicht erkennbar.

Strauß musste über die wahren Hintergründe schweigen

Auf Gut Spöck fanden beide Gäste vor 40 Jahren schnell zueinander. Ein Milliardenkredit für die finanzklamme DDR – dafür spürbare humanitäre Erleichterungen, das war das Geschäft. Am 19. Mai gab es ein zweites konspiratives Treffen am Chiemsee, insgesamt traf sich die beiden bis 1988 60 Mal. Schalck brachte schon beim zweiten Treffen ein Schreiben Honeckers mit, das humanitäre Zusagen in aussicht stellte – sofern diese nicht öffentlich als „Gegenleistungen“ für den Kredit bekannt würden. Strauß willigte ein – sicher ein Fehler, denn als der Kredit, den die Bayerische Landesbank abwickelte, am 29. Juni dann bekannt wurde, musste Strauß über die wahren Hintergründe schweigen. Bei seiner Wiederwahl als CSU-Chef am 14. Juli 1983 bekam er nur noch 77 Prozent. Dabei hatten es die Zusagen Honeckers in sich: Beseitigung der Selbstschussanlagen an der deutsch-deutschen Grenze, Erleichterungen bei der Familienzusammenführung, Befreiung von Kindern bis zu 14 Jahren vom „Mindestumtausch“ bei Reisen in die DDR – das waren die Hauptpunkte.

Wie Historiker den Deal bewerten

Historiker bewerten den Milliardenkredit heute eher positiv als negativ. Gewiss, die DDR stand vor der Zahlungsunfähigkeit und rettete sich mit dem Kredit über die Zeit – doch 1983 war nicht !989“, die Zeit war noch nicht reif für einen Umbruch, wie er später eintrat. Der Kredit brachte aber konkrete Erleichterungen für die Menschen in der Diktatur. Der Strauß-Biograf Horst Möller geht soweit, dass er den Kredit „zu den erfolgreichsten und nachhaltigsten“ deutschlandpolitischen Initiativen überhaupt zählt.

Riesenwirbel in der CSU

Hartnäckig halten sich Gerüchte, Strauß habe damals Provisionen kassiert, doch bewiesen ist das nicht. Der Kredit brachte Strauß Renommee als unorthodoxer „Weltpolitiker“, aber auch Riesenärger in der CSU. Ausgerechnet er, der Kommunistenfresser, hatte sich mit der DDR eingelassen. Mancher CSUler wandte sich nun von der Partei ab – die Gründung der rechtsradikalen „Republikaner“ 1983 war eine der Folgen.   

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