Mutter: „Das ist Gold wert“
Besuchsdienst im Vogtareuther Krankenhaus – Warum er so wichtig für Kinder und Eltern ist
Ein Aufenthalt im Krankenhaus ist meist nicht schön. Außer wenn Irmgard Bauer vorbeikommt. Jede Woche besucht sie Kinder in der Schön Klinik in Vogtareuth. Warum der Besuchsdienst des Rosenheimer Kinderschutzbundes so wichtig ist.
Vogtareuth – Es ist ein sonniger Montagnachmittag. Die Vögel am Spielplatz des Vogtareuther Krankenhaueses zwitschern. Irmgard Bauer schiebt Leon in seinem Rollstuhl spazieren. Vorbei an Klettergerüst und Rutsche. Kurz zuvor hat sie den Siebenjährigen in seinem Zimmer abgeholt. Er hat eine Hirnfehlstellung sowie Epilepsie und ist deshalb öfter in der Klinik.
Die Zeit mit den Kindern nutzen
Bauer besucht den Jungen einmal die Woche im Krankenhaus. Sie ist eine Freiwillige vom Besuchsdienst „Unser Kind im Krankenhaus“ des Kinderschutzbundes Rosenheim. Die Ehrenamtlichen kümmern sich um Kinder, um deren Eltern zu entlasten. Und die Zeit will genutzt sein. So schnell die Begrüßung war, so rasch war die Verabschiedung von Leons Mutter. Denn Bauer möchte die Stunde, die sie mit den Kindern hat, ausnutzen.
Bei dem schönen Wetter geht es für Leon und Irmgard Bauer nach draußen. Erst besuchen sie den Spielplatz. Dann spazieren sie um das Krankenhaus. Bei der Betreuung wird Irmgard Bauer zufolge immer auf das Bedürfnis der Patienten eingegangen. Gemacht wird, was sich der Patient wünscht und was möglich ist.
„Mit manchen Kindern spiele und rede ich“, sagt Bauer. Mit anderen könne sie nur im Zimmer bleiben, wenn sie auf Geräte angewiesen sind. Sie achte immer auf die Krankheit des Patienten. „Jedes Kind wird individuell betreut.“
„Der Besuchsdienst ist Gold wert“
Monika Falkner, die Mutter von Leon, hat den Dienst zunächst nicht wahrgenommen. Fünf Jahre lang hätten sie die Freiwilligen darauf aufmerksam gemacht. Sie habe jedoch immer abgelehnt. „Ich habe immer gedacht, andere brauchen den Dienst dringender“, sagt Falkner. In einem Gespräch mit Irmgard Bauer sei ihr klar geworden, dass jeder das Angebot nutzen kann.
„Der Besuchsdienst ist Gold wert“, sagt die Mutter heute. Sie betont, wie wertvoll die Arbeit der Freiwilligen ist. „Ich habe dann eine Stunde Zeit, um ganz für Leons kleinen Bruder Louis da zu sein. Oder ich habe Zeit für mich.”
Auch Andreas Kirsch, Psychologe am Fachzentrum für pädiatrische Neurologie, Neuro-Rehabilitation und Epileptologie der Schön Klinik Vogtareuth, schätzt den Besuchsdienst. Dieser erleichtere Kindern den Klinikaufenthalt. Besonders, wenn Eltern ihr Kind nicht begleiten oder sie nur selten besuchen können. Er sieht den Dienst als „Betreuung, Ergänzung und familiäre Entlastung“.
Der Besuchsdienst hat sich Kirsch zufolge schon lange in der Schön Klinik etabliert. Die Flexibilität der ehrenamtlichen Helfer schätze er besonders. Nicht nur das Krankenhauspersonal, sondern auch die „Familien sind für den Dienst unendlich dankbar“.
Erinnerungen an die schönen Momente
Christina Bauernschmitt, Mitarbeiterin in der Neuropädiatrie, ist das Bindeglied zwischen Klinik und Besuchsdienst. Sie schlägt Kinder für den Dienst vor und informiert die Ehrenamtlichen. In regelmäßigen Treffen werden laut Bauernschmitt Hintergrundinformationen ausgetauscht. So werde zudem ein Raum für Fragen und Unterstützung bei emotional belastenden Erfahrungen geschaffen.
Ein schlechtes Erlebnis hatte Irmgard Bauer noch nicht. Sie erinnert sich an die schönen Momente. Zwei kleine Mädchen habe sie richtig ins Herz geschlossen. Die beiden haben sie auch in Rosenheim besucht. „Sie haben laut „Irmi“ geschrien und mich mit offenen Armen empfangen“, sagt Bauer. „Man spürt die Dankbarkeit einfach. Das sind die Momente, in denen man weiß, für was man es tut.“
Das ist nicht der einzige Grund, weshalb sich Bauer für den Dienst engagiert. „Mir ging es in meinem Leben meistens gut. Jetzt möchte ich etwas zurück geben”, sagt sie. Sie habe an jedem Tag Besuchsdienst Spaß. Und das seit drei Jahren. Vor der Corona-Pandemie hätten die Freiwilligen auch das Romed-Klinikum in Rosenheim besucht. Der Besuchsdienst wird laut Bauer in Rosenheim aktuell aber nur noch vereinzelt nachgefragt.
Bedarf in nicht mehr so hoch wie vor der Pandemie
Die Eltern könnten immer häufiger bei ihrem Kind im Krankenhaus sein. Das liege an den Krankenkassen, die die Unterbringung der Eltern in der Nähe des Krankenhauses mittlerweile zahlen. Damit sei der Betreuungsbedarf nicht mehr so hoch wie vor drei Jahren. In Vogtareuth ist der Dienst weiterhin gefragt.
Leon scheint der Besuch von Irmgard Bauer zu gefallen. Er kann nicht sprechen, aber er lacht immer wieder, macht Geräusche, die an ein Schnarchen erinnern. Dann lacht auch Bauer und fragt: „Bist du ein kleiner Schnarcher?“ Am Krankenhaus angekommen, schiebt sie den Jungen wieder über die Gänge. Seine Mutter wartet bereits auf ihn. Und auf Irmgard Bauer wartet das nächste Kind.
