Seltenes Naturspektakel
„Ki-ki-ki“: Turmfalken-Nachwuchs in Wasserburg
Turmfalken sorgen derzeit im Wasserburger Stadtteil Burgerfeld für Aufsehen. Dass sie so präsent sind, hat einen Grund.
Wasserburg – Turmfalken sind Kulturfolger, die gerne in vom Menschen geprägten Gebieten brüten – jetzt anscheinend auch wieder in Wasserburg. Im Burgerfeld wurden über Tage drei junge Turmfalken gesichtet. Peter Mayrhofer hat sie mit seiner Kamera für unsere Zeitung fotografiert.
Roy Tinter, Mitarbeiter im Bau- und Umweltamt in Wasserburg, freut sich über diese Nachricht. „Im Turm der Frauenkirche gab es 2018 und 2019 Turmfalkennachwuchs“, berichtet er. Damals wurde extra ein Nistkasten für sie angebracht.
Nachwuchs zwei Jahre in Folge
Zwei Jahre hintereinander schlüpften dort jeweils fünf kleine Greifvögel – doch in den Jahren 2020 und auch heuer wurden zwar Eier in die Bruthöhle gelegt, aber nicht ausgebrütet. Tinter kann sich nicht erklären, warum die Gelege verlassen wurden. Umso mehr freut es ihn, von den jungen Greifvögeln an der Innleiten zu hören.
Etwa 150 Meter von seiner Terrasse entfernt, konnte Leserreporter Mayrhofer die drei Jungvögel mit seiner Profi-Kamera gut einfangen. Seit 20 Jahren wohnt der Orthopädieschuhmacher, der nebenberuflich auch freier Fotograf ist, in der Mozartstraße. Aber so ein Naturspektakel wie mit den Turmfalken hat er dort noch nie erlebt.
„Zuerst habe ich ihren markanten Schrei gehört, konnte ihn aber nicht zuordnen. Dann sah ich die großen Vögel im Baum sitzen und dachte zunächst, es seien Sperber“, beschreibt Mayrhofer seine erste Annäherung an die Wildvögel. Im Internet fand er jedoch die korrekte Zuordnung: Das schnelle, kurze „Ki-ki-ki“ war der Ruf eines Turmfalken. Rudolf Kolitsch, Falkner vom Wildtierpark Oberreith, kennt sich mit Turmfalken gut aus. Er bestätigt, dass die jungen Vögel, wenn sie das Nest verlassen haben, noch ein paar Tage von den Eltern durchgefüttert werden. „Sie verlassen ihre Kinderstube und dann ‚lahnen‘ sie, wie es in der Fachsprache heißt. Das heißt, sie betteln ihre Eltern mit lauten Rufen um Futter an.“
Zwei Tage hätten die Falken immer auf einem bestimmten Baum gesessen und manchmal fast bewegungslos auf die Rückkehr ihrer Eltern gewartet. Sobald aber Vater oder Mutter mit dem Futter in Sicht kamen, sei das Geschrei und Geflatter losgegangen, beschreibt Mayrhofer.
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Kolitsch bestätigt: „Während der Brutzeit sitzt die Mutter die ganze Zeit auf dem Gelege und der Vater bringt ihr das Futter. Wenn die Kleinen geschlüpft sind, übernehmen beide Elternvögel die Fütterung des Nachwuchses.“ Das könnten auch schon mal sechs oder sieben Jungvögel sein. Da kämen die Eltern bei der Nahrungssuche manchmal ganz schön in Stress.
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„Derzeit gibt es aber bei uns in der Gegend eine regelrechte Mäuseschwemme“, weiß Kolitsch. Und Mäuse seien die absolute Leibspeise der Turmfalken. Der Falkner stellt klar: „Nicht der Falke reguliert die Höhe der Mäusepopulation, sondern die Zahl der Mäuse entscheidet, wie viele Nachkommen ein Turmfalkenpaar aufziehen kann. Je mehr Mäuse es gibt, desto mehr Turmfalken werden groß.“ Das Nest der Turmfalken aus dem Burgerfeld vermutet der Falkner ganz in der Nähe. Die Falken könnten selbst keine Nester bauen, würden deshalb oft in alte Krähennester ziehen. Lärm störe sie in ihrer Umgebung nicht. „Man findet Nester von Turmfalken inzwischen in hohen Kiefern in Gärten, in denen Kinder laut toben, auf Silos bei Fabriken mit regem Lastwagenverkehr und in Alleen“, erklärt Kolitsch.
Treue ein Leben lang
Ein Turmfalkenpaar bleibt im Normalfall ein Leben lang zusammen. So eine Ehe kann bis zu 15 Jahre dauern, älter werden die Vögel meist nicht. „Wahrscheinlich“, so der Falkner, „kann Herr Mayrhofer im nächsten Jahr wieder junge Turmfalken von seiner Terrasse aus beobachten.“ Die Vogeleltern würden ihrem Nest meist treu bleiben.
Die drei jungen Vögel müssten sich jetzt allerdings ein eigenes Revier suchen und werden bei ihrer Platzwahl vor allem den Mäusebestand im Blick haben.


