Trägerwechsel gescheitert
Keiner will den „Purzelbaum“: Kinderhaus Hohenthann bleibt in öffentlicher Hand
Die Gemeinde Tuntenhausen möchte die Trägerschaft für das Kinderhaus „Purzelbaum“ in Hohenthann abgeben. Doch der Trägerwechsel ist gescheiter, denn keiner will die Kindereinrichtung haben. Der Fachkräftemangel ist einfach viel zu groß.
Tuntenhausen – Seit einem Jahr bemüht sich die Gemeinde Tuntenhausen darum, einen freien Träger für die Kindertagesstätte in Hohenthann zu finden. Doch das eingeleitete „Interessenbekundungsverfahren“ brachte nicht den gewünschten Erfolg. So bleibt die Trägerschaft erst einmal weiter bei der Gemeinde.
Einer von sieben Trägern ist bereit
Im Juli 2022 hatte der Gemeinderat beschlossen, das Kinderhaus „Purzelbaum“ aus der öffentlichen, also kommunalen Trägerschaft an einen freien Träger abzugeben. Deshalb wurde ein Interessenbekundungsverfahren eingeleitet. Die Gemeinde wandte sich an insgesamt sieben freie Träger in der Region: den evangelischen Kita-Verband Bayern, den Caritasverband der Erzdiözese München und Freising, das Fokus Familiennetzwerk Bad Aibling, die Kita Nano GmbH, den Landesverband des Bayerischen Rotes Kreuzes, den Landesverband Bayern der Arbeiterwohlfahrt und die Johanniter-Unfall-Hilfe Bayern.
„Rückmeldungen bekamen wir leider nur von der Kita Nano und dem BRK-Kreisverband“ informierte Bürgermeister Georg Weigl auf der jüngsten Gemeinderatssitzung. Doch es kam noch schlimmer: Das BRK zog seine Bewerbung zurück. Der Grund: die aktuell angespannte Situation im Sozialbereich. „Angesichts der aktuellen Gesamtlage in Deutschland eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung“, so Weigl.
In Bayern fehlen aktuell 14.500 Erzieher
Nach Berechnungen der Bertelsmann Stiftung fehlen in diesem Jahr – gemessen am Betreuungsbedarf – in Bayern 61 900 Kita-Plätze. Um die Nachfrage nach Kita-Plätzen zu decken, müssten zusätzlich zum vorhandenen Personal weitere 14.500 Fachkräfte eingestellt werden. Doch die gibt es nicht. Einzig verbliebener Hoffnungsschimmer für die Gemeinde Tuntenhausen: Zu einem späteren Zeitpunkt schließt das BRK eine Übernahme der Kindereinrichtung in Hohenthann nicht aus.
So war die Kita Nano GmbH letztlich der einzige Interessent für den „Purzelbaum“. Sie fungiert bereits als Träger von Waldkindergärten in Tuntenhausen und Großkarolinenfeld, einer Kindergrippe in Bad Aibling sowie für die individuelle Begleitung von Kindern mit Handicap in Kindereinrichtungen und Schulen. Nano-Geschäftsführerin Martina Hafner stellte dem Tuntenhausener Gemeinderat die Einrichtungen und das Trägerkonzept vor, ging auf inhaltliche Ausrichtung und Wirtschaftsplan ein.
Ramona Raig, die Leiterin des Kinderhauses „Purzelbaum“, nahm dabei positiv auf, dass im Falle einer Trägerschaftsübernahme inhaltlich zunächst keine größeren Veränderungen kommen dürften, da das Haus aktuell sehr gut funktioniert. Bedenken sieht sie aber darin, dass finanzielle Gesichtspunkte beim Betrieb eine zu große Priorität genießen würden, was die Gefahr in sich berge, dass die pädagogische Arbeit darunter leide.
Team befürchtet finanzielle Einbußen
Zudem kämen für die Beschäftigen zumindest ab dem zweiten Jahr der Übernahme mögliche finanzielle Einbußen hinzu, da die Großraumzulage sowie einige andere Vergünstigungen wegfallen könnten. Summa summarum wünscht sich das Hohenthanner Team nach den Ausführungen seiner Leiterin einen Verbleib beim bisherigen öffentlichen Träger, der Gemeinde.
Bürgermeister Weigl betonte, dass sich eine klare Mehrheit des Gemeinderates für ein Interessenbekundungsverfahrens ausgesprochen hatte: „Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass es Träger gibt, die den Anforderungen an die Führung eines solchen Hauses besser gerecht werden können als die Gemeinde“, betonte er und bedauerte, dass eine Bewerbung keinen fundierten Vergleich ermögliche.
Angst vor neuen Personalengpässen
Gleichzeitig betonte er aber auch, dass die Zusammenarbeit mit der Kita Nano GmbH gut sei, wenngleich er Bedenken habe, dass diesem relativ jungen freien Träger die Erfahrung mit großen Einrichtungen noch fehle. Bei Personalengpässen könnten kaum Synergieeffekte mit anderen Einrichtungen genutzt werden. „All diese Umstände sprechen derzeit gegen eine Abgabe der Trägerschaft“ fasste Weigl zusammen: „Das ist aber nicht gleichbedeutend mit einem dauerhaften Verbleib des Hauses bei der Gemeinde.“
Der Gemeinderat beschloss einstimmig (20:0), die Abgabe der Trägerschaft derzeit nicht weiter zu verfolgen. Da ein solcher Wechsel nur zu Beginn eines Betreuungsjahres vorgenommen werden kann, ist der Wechsel für 2023 damit ad acta gelegt. „Die nächste Möglichkeit bestünde dann im Sommer 2024“, so Weigl.