Herbert Bauer kann nicht teilnehmen
Keine Hybridsitzung: Ein Stephanskirchner Gemeinderat wird ausgegrenzt
Bedrückt, frustriert oder verärgert war ein großer Teil der Gemeinderäte in der jüngsten Sitzung. Denn ihnen war klar, dass sie einen aus ihren Reihen – Herbert Bauer, seit 1990 Gemeinderat der Parteifreien – noch monatelang ausgrenzen.
Stephanskirchen – Eine Entscheidung gegen Hybridsitzungen – in die sich Gemeinderäte online einklinken können – bedeutete für Herbert Bauer, dass er aus gesundheitlichen Gründen noch weiter auf die Teilnahme an Gemeinderatssitzungen verzichten muss. Und danach sah es schon im Vorfeld der Sitzung aus.
Den Antrag, Hybridsitzungen zu ermöglichen, hatten Parteifreie Bürger, die Grünen und die SPD gemeinsam gestellt. Sie haben, inklusive Bürgermeister, 15 Sitze im 25-köpfigen Gremium. Was nicht für die nötige Zweidrittelmehrheit reicht.
Geschätzter Kollege ist ausgeschlossen
Janna Miller (Die Grünen) wurde deutlich: „Wir schließen im Moment ein erfahrenes und geschätztes Gemeinderatsmitglied aktiv aus, anstatt dass wir uns auf die Hinterbeine stellen und alles tun, um ihm die Teilnahme zu ermöglichen. Ich finde es schandbar, dass wir den Antrag zurückziehen müssen, weil wir nicht zwei Drittel der Stimmen kriegen.“
Antrag auf Grundsatzbeschluss vorerst zurückgezogen
Denn einen Teil des Antrags nahm Stephan Mayer, Fraktionsvorsitzender der Parteifreien, vom Tisch: Die Grundsatzentscheidung für Hybrid-Sitzungen, in die sich Gemeinderäte online einklinken können. Der müsse angesichts der Stimmungslage wohl geschoben werden, so Mayer, der Prüfauftrag an die Verwaltung, welche technischen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden müssten, werde allerdings aufrecht erhalten.
Echte Diskussion ist online schwierig
Bürgermeister Karl Mair (Parteifreie) sagte, auch für ihn sei es schwer erträglich, dass ein Kollege aus gesundheitlichen Gründen nicht an den Sitzungen teilnehmen könne. Er halte aber die Diskussion im Saal für wichtig und sehe bei einigen Punkten Schwierigkeiten. Da gehöre die Einsicht in Pläne im Bau- und Planungsausschuss genauso dazu, wie die Diskussion im nichtöffentlichen Teil der Sitzungen. Zudem habe er bei Videokonferenzen immer das Gefühl, so Mair, dass sich da die Wortbeiträge aneinander reihten, es aber nicht zu einer echten Diskussion, zu einem Ringen um Kompromisse komme. Thomas Riedrich (Parteifreie) vermeldete ähnliche Erfahrungen.
Gute erfahrungen in Rheinland-Pfalz
Hubert Lechner (Parteifreie) steckt, wie er sagt, seit einem Jahr ständig in Videokonferenzen und äußerte die gegenteilige Meinung. Dazu käme es aber auch auf die Disziplin der Teilnehmer an. Zusammen mit Janna Miller verwies er auf das Beispiel einer rheinland-pfälzischen Gemeinde, die schon seit einer Weile Hybridsitzungen abhalte und damit gute Erfahrungen gemacht habe.
Unbürokratische Hilfe nicht umzusetzen
Florian Beck (Bayernpartei) fragte, ob man nicht für den Kollegen die Sitzung ins benachbarte Trauungszimmer übertragen könnte. Dann könne Herbert Bauer gegebenenfalls für ein paar Minuten über den Flur kommen. Da sei vielleicht für Bauer eine Lösung, konterte Johannes Lessing (Die Grünen), aber nicht grundsätzlich. Auch für Bauer nicht, wie dessen Fraktionsvorsitzender wusste, denn der gehe, bis der Impfschutz bei ihm und seiner Frau nicht vollständig greife, nicht aus dem Haus.
Bisher nur Testläufe im Landkreis
Verwaltungsleiter Georg Plankl hatte sich beim Landratsamt erkundigt und erfahren, dass es derzeit keine Gemeinde im Landkreis gebe, die Hybridsitzungen halte. Bernau hat Hybridsitzungen beschlossen und auch eine Testsitzung hinter sich. Dort könnte in der nächsten Sitzung diese Entscheidung allerdings schon wieder gekippt werden. Wasserburg habe im Zuge der Erstellung des Stadthaushalts einen Versuch unternommen, wusste Mair.
Innovativ Gemeinde soll Zeichen setzen
Das genügte Mayer nicht. Es sei Zeit für ein Zeichen einer innovativen Gemeinde, nicht nur in Corona-Zeiten, Hybridsitzungen zu ermöglichen. (Im neuen Artikel 47a der bayerischen Gemeindeordnung sind die Hybridsitzungen nicht auf die Zeit der Corona-Pandemie beschränkt; Anm.d.Red.)
Etliche Fragen sind noch offen
Für Petra Schnell war der moralische Aspekt gar nicht so sehr das Thema. Ihr waren zu viele Fragen offen. Den bis dato fehlenden Vollzugshinweis des Innenministeriums könne man doch abwarten, „die werden doch nicht ein halbes Jahr brauchen.“
Eine Grundsatzentscheidung, so die Ansicht der Verwaltung, könne erst nach der Klärung der technischen, organisatorischen und finanziellen Details für eine digitale Sitzungsteilnahme getroffen werden. Diese Details muss die Verwaltung nun klären, beschloss der Rat gegen drei Stimmen.