Zehn Jahre Petö-Schule in Niederaudorf
„Er konnte kaum sprechen oder laufen”: Wie Maxi Kaffl trotzdem seinen Abschluss schaffte
Vor zehn Jahren kam Maximilian Kaffl an die frisch gegründete Petö-Schule in Niederaudorf. Sein Gehirn wurde bei der Geburt schwer beschädigt. Laufen, schreiben und reden fällt ihm schwer. Trotzdem schaffte Maxi, was wohl keiner für möglich gehalten hätte.
Niederaudorf – „Es will mal wieder jemand mit unserem Maxi sprechen”, sagt Bettina Brühl beim Besuch des OVB in der Petö-Schule in Niederaudorf. Kurz darauf verabschiedet sich die Schulleiterin und verlässt den Raum. In der ersten Reihe schnellt der Kopf von Maximilian Kaffl in die Höhe. Er lächelt hinter seinem Sprachcomputer hervor, so als wüsste er bereits, was auf ihn zukommt. Ist er doch eine Art Musterbeispiel für die zehn Jahre Arbeit an der Privaten Petö-Schule „Inn³”.
Schüler seit Gründung dabei
Zur Eröffnung der inklusiven Sonderschule im Schuljahr 2013/2014 kam Maxi als Drittklässler nach Niederaudorf. Seit seiner Geburt ist er an den Rollstuhl gefesselt, auch reden oder schreiben fällt ihm schwer. „Er brauchte viel Unterstützung”, meint Rita Mechtl, Konrektorin und Mitbegründerin der Petö-Schule.
Doch damit war der damals neunjährige Maxi nicht alleine. „Der Andrang war gigantisch”, erinnert sich Schulleiterin Brühl an die auf sie einprasselnden Anfragen von Familien, die im „normalen“ Schulsystem nicht weiterkamen. Auch mithilfe der OVB Spendenaktion, bei der 300.000 Euro für die Gründung zusammenkamen, gelang es Brühl, direkt 28 Kinder aufzunehmen, elf davon mit Behinderung. Das erklärte Ziel: „Ein Umfeld schaffen, das jedes Kind individuell fördert und in die Kassengemeinschaft integriert.”
Zehn Jahre Private Petö-Schule in Niederaudorf
Die Private Petö-Schule „Inn³” feiert Jubiläum. Vor zehn Jahren nahm die inklusive Grundschule mit Integrationshort und Heilpädagogischer Tagesstätte ihren Betrieb auf, zwei Jahre später folgte die Mittelschule. Zum zehnjährigen Bestehen gibt es am 8. und 9. März zwei Kongresstage, an denen sich die Schule vorstellt. Ganz nach dem Motto „Bildung. Bewegung. Begegnung” finden thematisch passende Workshops und Vorträge statt. Sei es inklusives Bogenschießen, bewegtes Lernen oder neue Unterrichtsmethoden. Alle Informationen sowie die Anmeldung zu den einzelnen Events sind auf der Webseite der Schule zu finden.
Nach zehn Jahren ist das von den OVB-Lesern mit gestartete Projekt gelungen. Aus zwei Grundschulklassen entstand ein Gesamtkonzept mit 88 geförderten Kindern. Von der ersten bis zur zehnten Klasse werden die Schüler von Sonderschullehrern und Pädagogen betreut. Auf drei Stockwerke verteilt finden sich thematisch sortierte Klassenräume, speziell zugeschnittene Fachwerkstätten oder kleine Rückzugsorte. Allesamt ausgestattet mit moderner Technik, die den Kindern helfen soll.
Genau so ein technisches Hilfsmittel brachte den „Durchbruch“ bei Maxi Kaffl, wie Sonderschullehrerin Mechtl erklärt. „Wir haben ihm einen Sprachcomputer gegeben, mit dem er sich in Grundzügen verständigen konnte.” Doch was der Neunzehnjährige mit dem Gerät macht, geht mittlerweile weit über einzelne Wörter hinaus.
Verständigung mit Sprachcomputer
Vor der unangekündigten Unterbrechung durch das OVB saß Maxi an einem Deutschaufsatz. Mit den Augen visierte er die Tastatur auf dem Bildschirm an. Per Infrarotkamera erkennt der Computer Maxis Blicke und tippt den Buchstaben ein. Mit höchster Konzentration formt der Schüler damit ganze Sätze, die er anschließend abspielen lassen kann. „Damit muss ich ihm nur noch die Voraussetzungen schaffen, lernen und arbeiten kann Maxi alleine”, meint sein Pfleger.
Mit dieser Methode hat der Neunzehnjährige es im vergangenen Jahr geschafft, seinen Quali abzuschließen - mit einem Notendurchschnitt von 1,0. „Das hätte vor zehn Jahren niemand für möglich gehalten”, sagt Mechtl stolz. Maxi selbst dreht leicht beschämt den Kopf weg und widmet sich wieder seinem Aufsatz. „Er hört das nicht gerne”, sagen seine Betreuer mit einem Lächeln. Vielmehr konzentriert sich der Zehntklässler jetzt auf seine Mittlere Reife. Mit einer Sondergenehmigung kann er die Prüfungen dafür zeitlich aufteilen. Andernfalls wäre er mit seinem Sprachcomputer zu langsam.
Mitschüler haben kein Problem mit der Behinderung
Doch mit dem Umfeld in der Petö-Schule bekommt Maxi eine Chance. „Und vor allem zehn glückliche Jahre mit Freunden, die ihn so annehmen, wie er ist ”, fügt Mechtl hinzu. Auch Kinder ohne Behinderung haben demnach überhaupt keine Schwierigkeiten mit Maxis Beeinträchtigungen und haben sich mit ihm angefreundet. Mit dem richtigen Umfeld, davon ist Schulleiterin Brühl überzeugt, wird Maxi auch nach der Schule seine unglaubliche Geschichte weiterschreiben.


