Polizei ermittelt
„Ich bin fassungslos“: Unbekannte kratzen am Rosenheimer Friedhof Bild vom Grabstein ab
Empörung auf dem städtischen Friedhof: Ein bislang unbekannter Täter hat das Bild einer verstorbenen Frau von deren Grab gestohlen. Die Angehörigen sind fassungslos, die Polizei ermittelt. Auch weil es sich bei der Tat wohl um keinen Einzelfall handelt.
Rosenheim – Ingeborg Galli (86) lässt sich nicht so leicht unterkriegen. Und das, obwohl es ihr das Leben nicht immer einfach macht. Vor vier Monaten ist ihr Mann Alois gestorben, vor neun Jahren ihre Schwiegertochter Uschi. Beide sind auf dem städtischen Friedhof beerdigt. Auf dem gemeinsamen Grab stehen frische Blumen und ein Holzkreuz.
Zwei ovale Bilder der Verstorbenen
Auf den Grabsteinen befinden sich zwei ovale Bilder der Verstorbenen – zumindest war das noch bis vor wenigen Tagen der Fall.
Doch als Ingeborg Galli dem Grab am Montag anlässlich des Geburtstags ihres Mannes einen Besuch abstattete, traute sie ihren Augen nicht. Das Bild ihrer Schwiegertochter fehlte. „Das muss ein kranker Menschen gewesen sein“, sagt Ingeborg Galli.
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Sie sei sofort zur Friedhofsverwaltung gegangen, habe anschließend Anzeige bei der Polizei erstattet. Auch weil es nicht das erste Mal ist, dass sich Unbekannte an dem Grabstein ihrer Schwiegertochter zu schaffen gemacht hatten.
„Man soll die Toten ruhen lassen“
„Rund drei Jahre nach ihrer Beerdigung wurde das Bild meiner Schwiegertochter schon einmal geklaut“, sagt die Seniorin. Verständnis dafür hat sie nicht. „Man soll die Toten ruhen lassen“, sagt sie. Ein neues Bild ihrer Schwiegertochter will sie vorerst nicht anbringen. Zu groß ist der Kummer über das Geschehene. „Ich weiß, dass es im Vergleich zu der Pandemie oder dem Ukraine-Krieg wie ein Klacks erscheint. Aber für mich war es ein Donnerschlag“, sagt sie.
Menschen sensibilisieren
Aus diesem Grund hat sie sich auch dazu entschlossen, ihre Geschichte zu erzählen. „Ich möchte, dass die Leute dafür sensibilisiert werden und erfahren, was ihre Taten für die Angehörigen bedeuten“, sagt Ingeborg Galli.
Sie glaubt nicht, dass es der Täter des Geldes wegen getan hat. So habe sie für das Keramik-Bild, das ihre Schwiegertochter zeigte, rund 137 Euro bezahlt. Was genau sonst dahinter steckt, kann sie nur vermuten.
Ähnlicher Fall vor einigen Wochen
Und auch die Polizei tappt bisher noch im Dunkeln. Doch zumindest scheint es sich bei der Tat um keinen Einzelfall zu handeln. So hat es laut Polizei erst vor einigen Wochen einen ähnlichen Fall gegeben. Auch hier hatte ein bislang unbekannter Täter das an einem Grabstein befestigte Bild einer Verstorbenen gestohlen. Ob es sich bei den Tätern um ein und dieselbe Person handelt, stehe im Moment noch nicht fest. Auffallend ist, laut Polizei, dass der Täter vor allem an Frauenbildern interessiert zu sein scheint.
Ermittlungen wegen Diebstahl
„Wir haben die Ermittlungen wegen Diebstahls und Störung der Totenruhe aufgenommen“, sagt Polizeihauptkommissar Robert Maurer. Demnach müsste der Täter mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen.
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Die Polizei bittet Zeugen jetzt, sich unter Telefon 08031/200 2200 zu melden. Denn nur wenn der Täter gefasst wird, könnte sich Ingeborg Galli vorstellen, ein neues Bild am Grab ihrer Schwiegertochter anzubringen.
Das sagt die Stadt: „Auf dem städtischen Friedhof kommt es bedauerlicherweise in seltenen Abständen zu pietätlosen Diebstählen“, teilt die Stadt auf Anfrage mit. In diesen Fällen handle es sich zumeist um den Diebstahl von Grabschmuck. Weil es sich bei den Grabstätten um Privatgräber handle ,empfiehlt die Friedhofsverwaltung, den Diebstahl bei der Polizei zur Anzeige zu bringen. Zudem sei ratsam, Grabschmuck zu kennzeichnen, weil in seltenen Fällen der entwendete Grabschmuck an anderen Gräbern wieder angebracht werde. Durch die Kennzeichnung könne er gegebenenfalls zurückgegeben werden. Die Friedhofsverwaltung gehe allen Verdachtsfällen nach. Allerdings lasse sich meist nur schwer erkennen, ob ein Friedhofsbesucher etwas vorbeibringt oder mitnimmt. Gleichermaßen würden Friedhofsbesucher selbstredend auch keiner Personenkontrolle unterzogen. Der Friedhof sei öffentlich zugänglich und ein Ort der Trauer sowie der Erinnerung, heißt es aus dem Rathaus. „Eine derartige Form von Pietätlosigkeit gehört bestraft. Deshalb handelt es sich bei solchen Delikten nicht mehr nur um schlichten Diebstahl, sondern auch um die Störung der Totenruhe“, sagt der stellvertretende Pressesprecher der Stadt, Christian Baab.