Renaissance der Kolberer Dorfmusi
Von Rentner-Truppe zur jungen Musikkapelle: Sepp Garnreiters Vision für Großkarolinenfeld
Einst Alt-Herren der Karolinenfelder, jetzt junge Blaskapelle mit hohem Anspruch: Die Kolberer Dorfmusi aus Großkaro will eine Musikkapelle sein, bei der jeder musizieren kann – Anfänger wie Fortgeschrittene. Wie ihnen der Wandel gelungen ist und was sie noch planen.
Großkarolinenfeld – Sepp Garnreiter ist Diplomingenieur für Fahrzeugtechnik – und leidenschaftlicher Musiker. Schon als Kind hat er mit Blockflöte angefangen, nahm später Gitarrenunterricht. Doch sein Traum war es Trompete zu spielen. „Leider gab es damals keine Möglichkeit, das Instrument an der Musikschule zu lernen“, sagt der 32-Jährige. Und das habe sich bis heute nicht geändert. Soll es aber.
Nichts für Anfänger
Garnreiter gab seinen Wunsch nicht auf. Mit 19 Jahren begann er mit privatem Trompetenunterricht. Als er besser wurde, fehlte ihm aber wieder etwas: nämlich die Möglichkeit in einer Gruppe zu spielen. Denn die einzige Blaskappelle im Ort, die Karolinenfelder, sind kein Verein, dem man beitreten kann, sondern eine GbR – eine „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ und damit eine Firma. „Da spielen nur Profis“, so Garnreiter. Als bekannte Oktoberfestband käme man da nicht nur als Laie kaum rein. Wer aus Großkaro kommt und Blasmusi spielt, der musste also lange in die Vereine der umliegenden Orte ausweichen.
Seit 2021 ist dem aber nicht mehr so. Denn kurz nach der Hochphase der Corona-Pandemie hatte die Kolberer Dorfmusi ihre Renaissance. Eigentlich begann diese aber schon etwas früher. Während die vor 20 Jahren gegründete Gruppe bis dato als Alt-Herren – „AH“ – der Karolinenfelder bekannt war, konnte der langjährige Leiter Horst Mittermayer ab 2016 Sepp Garnreiter und seine Schwester Lena Haggerty als seine Stellvertreter gewinnen. „2019 übernahm ich dann die organisatorische und musikalische Leitung“, berichtet der Großkarolinenfelder.
Neuaufstellung nach Corona-Pause
Die Corona-Pandemie war – wie für alle Vereine auch – für die Kolberer Dorfmusi ein herber Rückschlag. Nicht nur, weil das öffentliche Leben lahm lag und damit auch keine Proben stattfanden. Sondern auch, weil viele der älteren Mitglieder in dieser Zeit verstorben sind. Mit zehn Musikern ist die Dorfmusi nach der Corona-Pause in die Proben gestartet, wovon zwei – Hans Mittermayer und Gerd Meindl – aus der alten Besetzung noch immer aktiv mitspielen.
„Wir haben von Anfang an viel Unterstützung von der Gemeinde und anderen Vereinen erfahren“, sagt Garnreiter. Denn die Blasmusiker können sich zum Proben im alten Rathaus treffen und haben dort inzwischen auch ein eigenes Büro zur Verfügung gestellt bekommen. Um musikalisch besser zu werden und mehr Zeit für Organisatorisches zu haben, engagierte die Kolberer Dorfmui die Dirigentinnen Sophia Winhard und Regina Huber. Im September 2023 übernahm Garnreiters Schwager Tom Haggerty, ein Engländer der in Oxford in Musikpädagogik promovierte und der Liebe wegen nach Großkarolinenfeld zog, die musikalische Leitung.
Im Frühjahr 2023 hatte Garnreiter den Entschluss gefasst, einen Verein zu gründen. Mittlerweile zählt die Kolberer Dorfmusi 22 aktive Mitglieder und 15 Förderer. Und auch bei den Auftritten rührte sich was: Während diese in AH-Zeiten bislang auf kirchliche Feierlichkeiten und Anlässe beschränkt war, integriert sich die „neue“ Dorfmusi immer mehr in das kulturelle Leben Großkarolinenfelds. Ihr erstes Standkonzert, „ein Meilenstein“, wie Sepp Garnreiter es nennt, hatten die Musiker bei dem Besuch der Pfälzer Partnergemeinde Westheim im Juni 2022. Es folgten Auftritte beim Dorffest, der Einweihung des neuen Rathauses, der Veranstaltungsreihe „Kultur am Brunnen“ sowie beim Tanzkurs des Maibaumvereins. In diesem Jahr schafften sie den Sprung auf die Bühne des Großkarolinenfelder Frühlingsfest. „Ein weiterer Meilenstein für uns“, so Garnreiter.
Pläne für die Zukunft
Nun arbeiten Garnreiter und seine Musiker an der Erweiterung ihres musikalischen Repertoires. Denn was viele nicht wissen: „Wir müssen die Titel für uns als Blasmusik-Kapelle arrangieren lassen.“ Denn jedes Instrument spielt eine Stimme und benötigt eigene Noten. Außerdem müssen noch Notenständer und -mappen beschafft werden. All das koste Geld, weswegen die Kolberer Dorfmusi für ihre Auftritte eine Gage verlangt. „Die wird aber bis auf den letzten Cent in den Verein investiert.“ Hilfe kommt dabei auch von Stiftungen, wie zuletzt, als der Dorfmusi ein neues Schlagwerk gestiftet wurde.
Sein selbst erklärtes Ziel, Musikern mit Anfänger-Niveau eine Anlaufstelle zum Spielen und Üben zu bieten, hat Garnreiter beinahe erreicht. Im September gründete sich eine Anfänger-Kapelle, die nicht nur für Kinder, sondern auch für erwachsene Anfänger ausgerichtet ist. Außerdem organisierten sie einen Workshop, geleitet von Franz Wagnermeyer, speziell für Wiedereinsteiger. „Musiker, die lange nicht mehr gespielt haben und wieder reinkommen wollten, hatten dort die Möglichkeit.“ Außerdem stehe Garnreiter in Verhandlungen, um das Angebot an der Musikschule zu erweitern. „Damit auch bei uns Blasinstrumente gelernt werden können“, sagt Sepp Garnreiter.
