Geschenk in der Zelle aufgehängt
Bernauer JVA-Insasse wegen Hitler-Bild vor Gericht: Kann er sich seine Entlassung abschminken?
Eine Strafe von bis zu fünf Jahren Gefängnis droht Menschen, die Bilder und Zeichen der NS-Zeit öffentlich machen. Und genau dieses mögliche Vergehen hat jetzt einen 38-jährigen Häftling der Justizvollzugsanstalt in Bernau vor Gericht geführt. Und das nur wenige Wochen vor seiner Haftentlassung.
Bernau – Ein künstlerisch begabter Mitgefangener hatte dem 38-jährigen Münchener, der wegen versuchten Raubes noch bis September in Bernau eine Strafe verbüßen muss, im Mai 2021 zum Geburtstag eine Tuschzeichnung angefertigt und überreicht. In der Zeichnung hatte der Mithäftling auch das Konterfei von Adolf Hitler untergebracht.
„Weil ich ein Depp bin“ antwortete der gelernte Maler auf die Frage, warum er dieses Bild in seiner Zelle aufgehängt hatte. Er sei ganz sicher kein Anhänger der nazionalsozialistischen Ideologie. So sei ein Schwarzafrikaner seit Langem sein bester Freund in der JVA. Bei einer Zellenkontrolle im September 2021 wurde die Zeichnung entdeckt und entfernt, der Häftling anschließend angezeigt.
Rechtsgespräch ohne Ergebnis
Der Verteidiger, Rechtsanwalt Harald Baumgärtl, bat um ein Rechtsgespräch, in dem er erklärte, dass sein Mandant sich über die Tragweite solcher Bilder kaum im Klaren gewesen sei. Außerdem habe der sich in einer Einzelzelle befunden und das beanstandete Bild hätte von außen gar nicht gesehen werden können. Er hielt daher eine Geldstrafe für seinen Mandanten letztlich durchaus für ausreichend.
Bei einer Verurteilung bestand die Gefahr, dass sein Mandant keinesfalls im September, wie vorgesehen, aus der Strafhaft hätte entlassen werden können. Damit war die Vertreterin der Staatsanwaltschaft zunächst nicht einverstanden, so dass es nicht zu einer Verständigung kam.
Lockdown während der Pandemie
Der Beamte, der das Bild, das etwa in DIN-A3-Größe angefertigt worden war, konfisziert hatte, bestätigte als Zeuge im Gerichtssaal, dass die Zeichnung von außen, auch bei geöffneter Türe, nicht gesehen werden konnte. Verteidiger Baumgärtl brachte dazu vor, dass zu dieser Zeit coronabedingt in der Justizvollzugsanstalt noch ein Lockdown geherrscht habe, weshalb den Insassen gegenseitige Besuche gar nicht möglich gewesen seien. Darüber hinaus würden die Hafträume zu den Arbeitszeiten von den Gefangenen selber versperrt.
Unter diesen Bedingungen erklärte die Staatsanwältin, dass die Voraussetzungen für die Strafbarkeit nicht gegeben seien und beantragte Freispruch. Der Verteidiger hatte dem kaum etwas hinzuzufügen, unterstrich aber noch einmal, dass es sich hier um keine öffentliche Darstellung handeln könne und somit nur ein Freispruch in Frage käme.
Das Rosenheimer Gericht unter dem Vorsitz von Strafrichterin Melanie Lanzendorfer urteilte entsprechend, sodass der Angeklagte aus München demnächst wieder in Freiheit kommen kann.