Spielerisch in die Nationalmannschaft
„Fürs Leben gerüstet“: Was Kinder beim Tischtennis-Training in Kolbermoor alles lernen
21 Erstklässler üben in der Turnhalle der Adolf-Rasp-Schule „Eierlauf“ mit kleinen Bällen. Kinderbetreuung nach der Schule? Nur zum Teil, denn hier werden künftige Tischtennis-Nationalspieler, Deutschland -und Europameister geschmiedet.
Kolbermoor – Dass die Tischtennis-Sparte des Kolbermoorer SV-DJK ihre großen Erfolge allesamt mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs erringt, hängt nicht zuletzt mit dem frühen Beginn der Nachwuchsarbeit zusammen.
Früh übt sich, wer ein Erfolg haben will
Cheftrainer Toni Golemovic erklärt das mit einem Vergleich zum Sprachenlernen: „Wer als Kind zweisprachig aufwächst, lernt die Fremdsprache von selbst, ganz ohne Mühe. Wer damit erst in der Schule konfrontiert wird, tut sich deutlich schwerer, da fängt es an, harte Arbeit zu werden.
Ähnlich ist es mit allen motorischen Fähigkeiten. Je früher man anfängt, sie zu trainieren, desto spielerischer ist das Lernen.“ Motorische Fähigkeiten und schnelle Wahrnehmung sind bei einer Sportart, die schneller ist als alle anderen, die Basis, ohne die es gar nichts geht.
Jährlich 20 neue Ballakrobaten
Deswegen bot die Tischtennissparte nach einer coronabedingten Pause jetzt wieder Schnuppertrainings für die ersten Klassen von Mangfallschule und Adolf-Rasp-Schule an. „Erfahrungsgemäß sind es etwa 40 Kinder, die daran teilnehmen“, berichtet Golemovic: „Etwa die Hälfte meldet sich nicht nur für ein Jahr fest an, sondern bleibt dem Sport weiter treu. Vielleicht auch in anderen Sportarten, aber ganz hören nur wenige auf.“ Und das, obwohl sich nur im ersten Jahr die Trainingszeiten perfekt an die offene Ganztagsbetreuung der Schulen anschließen.
Das ist ein beachtlicher Erfolg, der sich jedem leicht erklärt, der die Kleinen bei ihrem Schnuppertraining beobachtet: Es geht hier eben nicht um eine harte Kaderschmiede, in der die Kinder von Anfang an auf Leistung getrimmt werden. „Leistung“ buchstabiert sich ist hier vielmehr als „eigener Erfolg“, und der soll vor allem eines: Spaß machen. Etwa wenn die Kinder die Ballwurfmaschine überlisten und die Bälle erwischen, die sie mal ins linke und mal ins rechte Eck der Tischtennisplatte „spuckt“.
Oder wenn ein Kind die „Eierlaufstrecke“ zum ersten Mal absolviert hat, ohne dass der Tischtennisball herunterfiel. Wenn das passiert, geht’s übrigens zurück an den Start. Das machen die Kinder ohne Murren, sondern ganz selbstverständlich. Und so wird hier spielerisch und ganz nebenbei etwas geschult, was fürs ganze Leben wichtig ist: eine ausgeprägte Frustrationstoleranz.
Spielerisches „Lernen fürs Leben“ ist für den SV-DJK nicht nur ein willkommener Nebeneffekt, sondern eines der Hauptziele, auf das das ganze Training ausgerichtet ist. „Wir sehen uns da auch als eine Art Dienstleister für die Gesellschaft“, erklärt Golemovic: „Kinder, die motorisch fit sind, die ihre Intelligenz trainieren, die sich in ein Team einfügen können und wissen, dass Erfolg auch Arbeit erfordert, sind fürs Leben bestens gerüstet.“
Dieses Engagement für die Jugend ist dem Verein wichtig: An zwei Trainingsnachmittagen pro Woche sind mindesten drei Trainer vor Ort. „Ein Aufwand, der nur möglich durch die Unterstützung der Stadt und der Sponsoren möglich ist“, betont Golemovic und ergänzt: „Und natürlich durch die Umtriebigkeit von Vorstand Günther Lodes, der dieses Projekt vor mehr als 20 Jahren ins Leben gerufen hat und bis heute immer nach potenziellen Unterstützern sucht.“
Bleibt die Frage, ob man denn tatsächlich schon beim Training der „Einsteiger“ künftige Nationalspieler erkennen kann? „Durchaus“, weiß Golemovic: „Es ist faszinierend, wie schnell sich die motorischen Fähigkeiten eines Kinder verbessern. Bei manchen geht es schneller als bei anderen, die sind dann sozusagen von Anfang an auf der Überholspur.“ Allerdings seien diese Talente wie zarte Pflänzchen. Ob sich ihr Interesse über die Jahre nicht wieder verliere, sei nicht sicher. Auch damit müsse man als Trainer leben, meint Golemovic: „Das ist einer der Wermutstropfen, mit denen man auch konfrontiert wird.“


