Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

„Uns blutet das Herz“

Ende Februar ist Schluss – Doch was wird nun aus Tante Emmas Inselladl auf der Fraueninsel?

Hoher Besuch im Inselladel auf der Fraueninsel: Staatsministerin Judith Gerlach (CSU)
+
Eine Aufnahme aus dem Sommer 2022, als Judith Gerlach (Mitte), Staatsministerin für Digitales, auf der Frauenisel zu Besuch war und dabei auch von Unternehmerin Elke Dingfelder in Tante Emmas Inselladl begrüßt wurde. Rechts im Bild ist Armin Krämmer zu sehen, Bürgermeister der Gemeinde Chiemsee.

Was im Frühjahr 2017 mit wahnsinnig viel Engagement aller Beteiligten begann, geht am 28. Februar zu Ende. Doch was sind die Gründe für das Aus des identitätsstiftenden und kultigen Inselladls? Und wie soll es nun weitergehen? Eines ist jetzt schon klar. Es wird kein leichter Abschied.

Fraueninsel/Chiemsee – Tante Emmas Inselladl, der kleine Dorfladen auf der Fraueninsel, hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich – und vielleicht auch vor sich. Als Ende 2016 das Aus für die – viele Jahre von der Betreiberfamilie Summerer betriebene – Nahversorgung der gut 200 Bewohner der Fraueninsel drohte, formierte sich großes Engagement auf der Insel.

Mitreißendes Konzept

Elke Dingfelder und ihre Mutter Sabine Neuer etwa saßen beim Kaffeetrinken in der Küche, als sie von der drohenden Schließung hörten. Eine Fraueninsel ohne Ladl konnten sie sich überhaupt nicht vorstellen, wie Elke Dingfelder erzählt. Und so ging es vielen anderen Insulanern, wie sich schon bald herausstellte.

Elke Dingfelder, Eva Maria Mayer, Sabine Neuer, Christa Melchart und Wolfgang Besenhart gründeten daher im Frühjahr 2017 eine Unternehmer-Gesellschaft (UG) mit Dingfelder und Mayer als Geschäftsführerinnen. Petra Weidenspointner, die den Laden zu diesem Zeitpunkt seit eineinhalb Jahren führte, stellte ihre Hilfe ebenfalls bereit – und tat dies praktisch bis zuletzt.

Alle ziehen an einem Strang

Ur-Insulaner, Zweitwohnungsbesitzer und Feriengäste konnten für 150 Euro sogenannte Inselladl-Bausteine zeichnen, die das Grundkapital für die notwendige Modernisierung der Innenausstattung und die Erstausstattung mit Mitteln des täglichen Bedarfs bildeten. Die Gesellschafter selbst schossen jeweils 1000 Euro zu, und die Gemeinde verzichtet als Eigentümer des Gebäudes auf die Pacht oder kam den Betreibern bei den Betriebskosten entgegen. Auch die Fährgebühren für die Lieferungen waren weitestgehend kostenfrei.

Fast alles neu zu Beginn

Auf die Frage nach ihrem Resümee der letzten knapp sechs Jahre zögert, Elke Dingfelder nur kurz und erzählt dann lachend. „Wir sind 2017 mit viel Schwung und Motivation gestartet, obwohl etwa die Hälfte der Unternehmer fachfremd war.“ Das vorrangige Ziel sei immer gewesen, ein Nahversorger für das Dorf hier vor Ort zu sein. „Schon bald haben wir uns wunderbar eingearbeitet und den Laden auf die Bedürfnisse vor Ort zugeschnitten.“

Angebot nach und nach erweitert

Allerdings habe man auch schnell festgestellt, dass man in so einer kleinen Gemeinde doch mehr Kunden benötige als den harten Kern der Insulaner, den Elke Dingfelder auf rund 150 Menschen beziffert. Deshalb habe man das Angebot des Inselladls auch auf die Menschen ausgerichtet, die hier etwa im Rahmen des Seminarangebots der Abtei Frauenwörth übernachten oder für Ausflüge zu Besuch sind.

Einfach war es nie

Besonders die Corona-Jahre hätten Tante Emmas Inselladl zugesetzt. „Wenn zwei von drei Standbeinen wegfallen, wird es schon schwierig“, denkt Dingfelder an diese Zeit zurück. Und doch habe man auch diese Krise überstanden – weil man gemeinsam an einem Strang zog. Allerdings, und hier schleicht sich Bedauern, ja Traurigkeit in die Stimme von Elke Dingfelder, wurde es in letzter Zeit auch aus einem anderen Grund schwieriger: „Es ist so, dass viele der Leute, die uns von Anfang an unterstützt haben, die viel eingekauft haben und die auch Anteile gekauft haben – darunter auch viele ältere Leute – nicht mehr da oder verstorben sind.“

Nachwuchsprobleme auf der Fraueninsel

Elke Dingfelder bemerkt auch, „dass wir hier ein Nachwuchsproblem haben“. Junge Familien mit Kindern, die sich entscheiden, hier zu leben, gäbe es kaum mehr. „Wenn ein Haus verkauft wird, dann zu horrenden Preisen. Und meist werden die Häuser dann in Ferienwohnungen umgewandelt.“ Das, so Dingfelder, würde im Sommer zwar zu guten Geschäften führen, doch auch die Durststrecke zwischen Oktober und Ostern müsse überstanden werden.

Falls sich kein Nachfolgekonzept für Tante Emmas Inselladl findet, bedeutet das für die Bewohner der Fraueninsel einen herben Einschnitt.

Die Gründe fürs Aus nach sechs Jahren

Als Ursache für das Ende nach fast sechs Jahren, die von den Unternehmern und Unterstützern mit enorm viel Herzblut getragen worden seien, gibt Elke Dingfelder vor allem persönliche Gründe der Beteiligten an. Aber nicht nur. In der Summe sei alles schwieriger geworden. Eine Rolle habe sicherlich auch der hohe logistische Aufwand gespielt, die Waren heranzuschaffen – und auch die Einkaufspreise für den Tante-Emma-Handel, die niemals so gut wären, wie etwa bei einem großen Edeka. Zudem habe die mit 22,4 Quadratmetern recht kleine Fläche des Ladens im Betrieb für unglaublichen Aufwand gesorgt, „den man auch personell und finanziell stemmen muss“. Von daher sei der Schritt, den Laden nun auf 70 Quadratmeter zu erweitern richtig. Die Gemeinde sei immer fair gewesen und hätte auch ihnen diese Erweiterung angeboten. Doch nun soll – und wird sich, so die Hoffnung von Elke Dingfelder – jemand anderes finden und engagieren.

„Es bricht uns das Herz“

Elke Dingfelder und ihre Familie sind von der Insel und wollen hier bleiben. Entsprechend fände sie es schön, „wenn derjenige der kommt, die Möglichkeit schafft, die Nahversorgung aufrecht zu erhalten“. Sie könne aber jede Entscheidung verstehen – auch die, hier einen Kiosk oder ein Café für die Touristen zu platzieren. Wünschen tut sie sich jedoch etwas anderes, wie sie klarmacht. „Wir müssen als Gesellschaft überlegen und entscheiden: Wollen wir so kleine Läden künftig noch haben oder nicht? Uns bricht es auf jeden Fall das Herz, die Leute, die noch hier sind, vor eine ungewisse Zukunft zu stellen“

Das Startkapital geht zurück

Ein großer Dank geht zum Schluss an alle, die sich mit den Inselladl-Bausteinen in Höhe von 150 Euro am Aufbau beteiligt hatten. Sie werden ihren Einsatz zurück erhalten. Für Elke Dingfelder und ihre Mitstreiter ist das „normal“, denn: „Es ging und geht ja nur zusammen.“

Der Inselladen ist identitätsstiftend

Einen Fortbestand des Inselladls wünscht sich auch Armin Krämmer, Bürgermeister der Gemeinde Chiemsee. „Der Inselladen ist wichtig für die Nahversorgung mit den Artikeln des täglichen Bedarfs. Aber er ist auch identitätsstiftend für eine Gemeinde. Hier treffen sich die Menschen zufällig, man kommt ungezwungen ins Gespräch, erfährt Neues über die Menschen und den Ort.“ Zudem schaffe der Laden auch Arbeitsplätze.

Die Fraueninsel braucht einen Dorfladen

Interessenten gäbe es bereits, doch konkret sei im Moment noch nichts, so Armin Krämmer. „Wir wünschen uns jemanden, der mit Freude, Kreativität und Engagement einen kleinen Dorfladen im Herzen des Chiemsees betreiben will. Der Betreiber oder die Betreiberin sollte Freude am Umgang mit Menschen sowie am Verkaufen haben und uns längerfristig erhalten bleiben.“ Idealerweise bringe er schon Erfahrung im Führen eines Einzelhandelsgeschäftes mit. Man sei zuversichtlich und guter Dinge, einen geeigneten Betreiber zum Weiterbetrieb des Ladens zu finden. Denn, so Krämmer: „Die Fraueninsel braucht einfach einen Laden. Ansonsten bricht ein Stück Dorfgemeinschaft weg.“ Deshalb wolle man den neuen Betreiber auch künftig in bewährter Manier so gut es geht unterstützen.

Hier finden Interessenten alle Informationen

Alle Interessenten, die sich für eine Übernahme des Inselladls ab dem 1. März interessieren, finden auf der Homepage der Verwaltungsgemeinschaft Breitbrunn am Chiemsee alle notwendigen Informationen:

Kommentare