150-jähriges Jubiläum
Fachkräftemangel bei Franke Naturstein in Rott: So kämpft das Unternehmen um Personal
Grabsteine, Bäder und Terrassen: Die Franke Naturstein GmbH aus Rott ist einer der größten Steinmetzbetriebe in Südostoberbayern. Doch der Betrieb kämpft ebenfalls gegen den Fachkräftemangel. So gehen Peter und Franziska Franke das Personalproblem an.
Rott – Die Naturstein Franke GmbH in Rott besteht seit 150 Jahren und ist heute einer der größten Steinmetzbetriebe in Südostoberbayern. Hier paaren sich Fachwissen und Leidenschaft für das Material, doch auch das Traditionsunternehmen kämpft seit Jahren mit dem Fachkräftemangel, wie Inhaber Peter Franke berichtet.
„Grundsätzlich läuft der Betrieb sehr gut. Eigentlich wollten wir expandieren, mit mehreren Filialen Richtung München“, erklärt Tochter Franziska Franke. „Aber wir finden keine Mitarbeiter, um die geplanten Geschäftsstellen unterhalten zu können“, sagt die 42-Jährige.
Dabei habe das Unternehmen schon vieles versucht, um Personal zu finden. „Wir haben beispielsweise in Zeitungen inseriert, sogar in der ungarischen Fachpresse, denn dort soll es gut ausgebildete Steinmetze geben. Auch auf Facebook suchen wir Mitarbeiter, im Jobcenter haben wir angefragt und sogar Straßenschilder aufgestellt“, berichtet Franziska Franke. Alles vergeblich.
Dabei dränge die Zeit, „denn die 14 Mitarbeiter, die aktuell bei uns beschäftigt sind, gehen alle Richtung Rente“, so Peter Franke. Händeringend suche er deshalb Steinmetze, Techniker, Schrifthauer und Versetzer. Ausgebildet habe er einige junge Leute, „doch den meisten war der Beruf wohl zu nass, zu staubig, zu laut und natürlich auch körperlich zu anstrengend“, vermutet der 64-Jährige.
Bewegte Firmengeschichte: Bisher wurde jedes Tief gemeistert
Peter Franke kann sich keine bessere Arbeit vorstellen: Ihm wurde die Leidenschaft für den Steinmetzbetrieb quasi in die Wiege gelegt. Sein Urgroßvater Franz war der Begründer der Steinmetzbetriebe Franke in dem Ort Saubsdorf im Sudetenland. Viele Kriege zogen im Laufe der Zeit über die Gemeinde hinweg. Der Steinmetzbetrieb hatte Bestand – bis er nach Ende des Zweiten Weltkrieges konfisziert und Willibald Franke, Sohn des Firmengründers und Nachfolger als Firmenchef, mit seiner Familie vertrieben wurde. Er kam nach Grünthal, bei Unterreit, und renovierte dort gleich wieder ältere Grabsteine. Als Willibald in Rott 1948 eine kleine Werkstatt mieten konnte, kam sein Sohn Alfred zur Unterstützung nach. Dessen Sohn Peter, der heutige Inhaber, wurde 1958 geboren.
Inzwischen hat sich Peter Franke enormes Fachwissen angeeignet. Als kleiner Bub fragte er schon den Mitarbeitern Löcher in den Bauch, wollte alles wissen über die Steine und ihre Verarbeitung. „Dadurch habe ich heute eine riesige Materialerfahrung“, freut sich Franke. Als Fünfjähriger besuchte er schon Steinbrüche in Italien und als junger Mann reiste er nach Japan, Indien, China und die Philippinen, wo er Geschäftsbeziehungen knüpfte, die inzwischen über viele Jahre Bestand haben. „Das war einer unserer großen Vorteile während der Corona-Krise“, betont Franke. „Unsere persönlichen Kontakte haben sich während der Pandemie bewährt“, stellt er dankbar fest.
2.000 Tonnen Steine lagern bei Naturstein Franke mitten in Rott
Im Rohmateriallager mitten in Rott lagern etwa 2.000 Tonnen Steine, hauptsächlich Hartgesteine wie Gabbro, Granit, Syenit, Basalt und Gneis. Sie alle bilden einen großen Grundstock, aus dem sich die Kunden vor Ort das passende Material wählen können. „Unsere Hartgesteine lassen sich ideal für Grabsteine, Bäder, Terrassen, Fensterbretter und Küchenarbeitsplatten verwenden“, erklärt Franziska Franke. Außerdem lagern hier noch Quarze und Marmor. „Wir wissen, wo jeder Stein herkommt, das hilft bei der Beratung der Kunden ungemein“, erklärt Peter Franke.
In Bad Aibling und Waldkraiburg hat das Unternehmen Filialen gegründet. In Wasserburg gibt es eine Freiluftausstellung. Gute Beratung und Vertrauen seien wichtig – und unternehmerisches Geschick. Gut im Gedächtnis blieb dem Firmeninhaber die Zeit, als er mit seinem Vater Alfred im Jahr 1964 in Carrara (Italien) unterwegs war, um Marmor zu kaufen. „Damals war der Handel mit Italien noch nicht so gängig, wir waren eine der ersten Firmen, die Geschäftsbeziehungen knüpften. Dann wurde es allerdings schnell mehr“, erinnert er sich.
Seiner Tochter gelang ein ähnlich innovativer Coup in Namibia. Kurz vor der Corona-Krise erstand sie dort 48 Tonnen Marmor aus dem Tagebau. „Er ist weiß mit grau-gelben Adern und wirklich etwas ganz besonderes“, beschreibt sie. „Wir schauen, dass wir immer wieder Marktnischen finden und Dinge anbieten können, die andere nicht haben und machen“, erklärt sie weiter. Franziska Franke ist Teilhaberin der Firma. Sie war auch die erste Frau, die den Abschluss „Industriemeister Naturwerkstein“ gemacht hat. Sie und ihr Vater Peter Franke werden in der Geschäftsführung ergänzt durch Irmgard Franke, die ihrem Mann seit Jahren im Büro und bei allen unternehmerischen Entscheidungen zur Seite steht.
Patentierte Urnen-Monumente
Ein großer Bereich der Firma ist die Gestaltung von Grabmälern. Auch auf den spürbar größer gewordenen Wunsch nach anonymer Bestattung oder kleinen Urnengräbern kommt man im Hause Franke nach. „Mehr als die Hälfte der Aufträge sind heute Urnen; 60:40 Prozent im Vergleich zu Grabsteinen“, erklärt Irmgard Franke. Für den Friedhof in Waldkraiburg entwickelte Franziska Franke deshalb ein Konzept für Urnengemeinschaftsgräber. Ihre neu geschaffenen Urnen-Monumente sind bereits patentiert.
Auf dem großen Firmengelände in Rott wird saisonal gearbeitet. Im Winter stehen die großen Maschinen still, die Mitarbeiter nehmen Urlaub und bauen Überstunden ab. Von März bis November aber rotieren die großen Steinsägen in der Werkshalle täglich. Das Blatt der fahrbaren Blocksäge hat einen Durchmesser von 2,50 Meter und kann Steinblöcke bis 15 Tonnen schneiden. „Um Kosten zu sparen, lassen wir die Säge beim Schneiden möglichst langsam laufen. Lieber länger, aber kostengünstiger, das ist reine Erfahrungssache“, erklärt der Chef.
Nachhaltigkeit ist in der Firma kein Fremdwort: Nicht nur die Steine kommen aus zertifizierten Lieferbetrieben, auch in der Firma wird nach Angaben der Unternehmensleitung nachhaltig produziert. Seit zehn Jahren liefere die hauseigene Photovoltaikanlage etwa zwei Drittel des Stromverbrauchs des Betriebs. Außerdem verfüge die Franke Naturstein GmbH über einen eigenen Wasserkreislauf, der die Sägen mit dem nötigen Kühlwasser versorge, das anschließend aufgefangen und wieder verwendet werde. Und dann ist Peter Franke auch keine Mühe zu groß, um nachhaltig zu heizen: Frühmorgens um fünf Uhr heizt er vier Öfen an – im Büro und in den Werkräumen – mit Holz aus dem eigenen Wald. „Früher hat man mich deswegen ausgelacht, heute lacht keiner mehr“, sagt der Chef schmunzelnd.
Markus Steininger, Bundesinnungsmeister der Steinmetze und Steinbildhauer:
Markus Steininger ist Innungsobermeister der Steinmetz- und Steinbildhauerinnung München Oberbayern und Bundesinnungsmeister. Er bestätigt den Fachkräftemangel, der seiner Meinung nach in vielen Branchen herrsche, also auch in Steinmetzbetrieben. Gerade für Berufsanfänger gebe es aber seiner Meinung nach vielfältige Möglichkeiten im Berufsfeld der Steinmetze. „Auch digital ist hier manches im Umbruch, da wird auf modernster Stufe gearbeitet“, weiß der Bundesinnungsmeister. Wichtig sei beim Nachwuchs nicht das Abschlusszeugnis der Schule, sondern die Freude am Beruf, führt er aus. Und die Anzahl der Azubis in handwerklichen Betrieben würde ebenfalls wieder steigen, gibt er hoffnungsvoll bekannt.


