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„Da wird sich nichts ändern“

Expertenteam an der Grenze: Die Blockabfertigung wird eine Zerreißprobe für die Nerven bleiben

Die Vertrauensleute diskutieren an der Grenze bei Kiefersfelden, wie der Lkw-Fluss verbessert werden könnte. Von links: Gabriel Klammer von der Wirtschaftskammer Tirol, Michael Andergassen von der Handelskammer Bozen und Robert Obermeier, Vertreter der IHK für München und Oberbayern.
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Die Vertrauensleute diskutieren an der Grenze bei Kiefersfelden, wie der Lkw-Fluss verbessert werden könnte. Von links: Gabriel Klammer von der Wirtschaftskammer Tirol, Michael Andergassen von der Handelskammer Bozen und Robert Obermeier, Vertreter der IHK für München und Oberbayern.

Die Blockabfertigungen sorgen regelmäßig für Ärger bei Unternehmern, Lkw- und Autofahrern. Zu den langfristig geplanten Dosierungsmaßnahmen kommen nun weitere Termine hinzu. Und es werden wohl mehr werden. Eine Expertengruppe soll die Probleme analysieren. Ihr Fazit: Die Blockabfertigung wird bleiben.

Kiefersfelden – Es ist noch dunkel, als sich Vertreter der bayerischen, Tiroler und Südtiroler Wirtschaft um sieben Uhr früh am Grenzübergang Kiefersfelden/Kufstein treffen. Sie wollen sich ein Bild von den Auswirkungen der Blockabfertigung machen. Bereits um sechs Uhr hatte sich ein 25 Kilometer langer Rückstau von der Grenze ausgebildet. Die Blockabfertigungen sind schon seit Langem ein Dorn im Auge der heimischen Speditionen. Für Unternehmer und auch für die Fahrer stellen die Blockabfertigungen immer wieder eine nervliche Zerreisprobe dar.

„Zwei Stunden Wartezeit“ ruft ein Lkw-Fahrer an der Warteampel den sogenannten Vertrauensleuten zu. „Das geht ja noch“, ist aus dem Kreis der Vertreter zu hören. Das sind Robert Obermeier von der IHK für München und Oberbayern, Michael Andergassen von der Handelskammer Bozen und Gabriel Klammer von der Wirtschaftskammer Tirol. Es ist bereits das dritte Treffen dieser Art. Sie sollen kleine Probleme erkennen und Lösungsvorschläge geben. Die daraus resultierenden Berichte sollen der Politik helfen, Kompromisse zwischen den Ländern zu finden.

Alle 16 Sekunden springt die Ampel um

Zu den bereits seit März 2020 regelmäßigen Dosiermaßnahmen, wie die Tiroler Behörden die Blockabfertigung „liebevoll“ nennen, sind in den vergangenen Wochen weitere Termine hinzugekommen. Meist sehr überraschend für die Spediteure. Grund für diese gesonderte Maßnahme sind Sanierungsarbeiten an der Luegbrücke auf der österreichischen Brennerautobahn. Dort ist derzeit nur ein einspuriger Verkehr möglich. Um den schon frühzeitig zu entspannen, werden nur wenige Lkw pro Stunde über die Grenze gelassen. 150 waren es stündlich, als sich die Vertrauensleute an der Grenze trafen. Alle 16 Sekunden springt die Ampel auf Grün und der nächste Lastwagen darf die Grenze passieren. Sollte sich der Verkehr entspannen, wird die Anzahl der Lastwagen erhöht. Im Gegensatz zu den sonst nur vormittags angesetzten regulären Blockabfertigungen dauern die neuen Maßnahmen den ganzen Tag.

Auf die Frage, ob einer der Vertreter an ein baldiges Ende der Maßnahmen glaubt, kommt von Gabriel Klammer aus der Wirtschaftskammer Tirol ein klares: „Nein! Da wird sich nichts ändern.“ Das Problem sei, dass jeder Lkw aus Sicht der Tiroler ein Transit-Lkw ist. Trotzdem müssten die Tiroler auch mit Waren von außerhalb versorgt werden. Aber das wird gerne ausgeblendet. Die Treffen der Vertrauensleute geht auf eine Initiative von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger zurück. In seinem Ministerium ist die Hoffnung groß, dass nach der Landtagswahl in Tirol Anfang Oktober die neuen Zuständigen mehr Entgegenkommen zeigen. Die Vertrauensleute sehen das allerdings skeptisch.

Die Anzeige an der Ampel (rechts) springt alle 16 Sekunden auf grün um.

Eine erste Lösung, die zwar kurzfristig umsetzbar, aber auch nur wenig hilft, wäre eine bessere Kommunikation zwischen den Behörden. Insbesondere in Hinblick auf die zusätzlichen Blockabfertigungen wegen Bauarbeiten. Das momentane Problem ist die Luegbrücke. Aber auf der Brennerroute gibt es noch einige Brücken. Und die sind alle mittlerweile in die Jahre gekommen und müssen Zug für Zug saniert oder gar ersetzt werden. Wie beispielsweise die Europabrücke, die wohl wie die Luegbrücke neu gebaut werden muss. Und das dauert. Die Asfinag in Österreich geht davon aus, dass die Brennerautobahn ab 2025 nur noch einspurig befahrbar sein wird.

Das Verkehrsproblem diesseits und jenseits der Grenze wird also bleiben. Der Brennerbasistunnel soll hier eigentlich langfristig Abhilfe schaffen. Der wird zum einen aber frühestens 2040 voll befahrbar sein. Zum anderen geht Michael Andergassen von der Handelskammer Bozen davon aus, dass sich dann im Vergleich zu jetzt nicht viel ändern wird. Derzeit fahren jedes Jahr zwei bis 2,5 Millionen Lkw über die Brennerautobahn. Den Zuwachs, der bis dahin entsteht, werde der Tunnel abfangen können. „Aber auch nicht mehr“, so Andergassen. Es besteht Handlungsbedarf. Hier sollen die Vertrauensleute helfen, die nach jedem Termin einen Bericht schreiben. Der müsse aber auch von der Politik gelesen werden, sagt Andergassen weiter. Die Sachlage sei klar, die Informationen seien alle da. Aber es fehle derzeit am politischen Willen, es auch umzusetzen.

Peter Böttinger, der Leiter der Verkehrspolizei mit Sitz in Raubling, sieht die Schwachstelle allerdings nicht zwangsläufig an der Grenze, sondern stellvertretend im Inntaldreieck. Rückstaus von der Grenze weg bis kurz vor Rosenheim sind keine Seltenheit. Damit behindern die stehenden Lkws aber nicht nur den Verkehrsfluss auf der A93, sondern auch auf der A8, was zu einer Verlangsamung des Warenverkehrs in der ganzen Region nach sich zieht.

Zu wenig Personal für permanente Kontrollen

Das wiederum lässt die Verlockungen für die Lkw-Fahrer steigen, die Staus auf den Landstraßen zu umfahren. Um die Gemeinden im Inntal zu entlasten, wurde ein Abfahrverbot für Lastwagen an Tagen der Blockabfertigung erlassen. Das muss von den Beamten der Verkehrspolizei kontrolliert werden und bindet damit die Arbeitskräfte, die auch anderswo benötigt würden.

Böttinger geht, wie die Vertrauensleute auch, von einer Verlängerung der jetzigen Maßnahmen aus.

Erst dokumentieren, dann entscheiden

Die Arbeit der Vertrauensleute geht auf eine Initiative von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Tirols Wirtschaftslandesrat Anton Mattle zurück. Seit Mitte Mai begleiten Vertreter der Handels- und Wirtschaftskammern aus Oberbayern, Tirol und Südtirol stichprobenartig die Lkw Dosiermaßnahmen an der Brennerstrecke. Sie sollen die Maßnahmen und die Fahrverbote vor Ort beobachten und die Umsetzung und auch den Umfang der Auswirkungen dokumentieren. Die Vertrauensleute haben eine beratende Funktion für die Politik in den jeweiligen Bundesländern bzw. Regionen. Ihre Berichte und Bewertungen bilden später die Grundlage für weitere politische Entscheidungen. "Die Vertrauensleute sind Experten und haben das Vertrauen der Wirtschaft.", so Aiwanger.

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