„Ökologischer geht es nicht“
Erfolgsmodell Biotonne in Wasserburg: Wie die Bürger davon profitieren – wo es noch hakt
Die Bürger im Landkreis haben sie nicht – die Wasserburger dafür schon seit fünf Jahren: Warum die Biotonne in Wasserburg eine ökologische Erfolgsgeschichte ist, die sich auch auf den Geldbeutel der Einwohner auswirkt. Und wo es noch hakt.
Wasserburg – Es war eine schwere Geburt, denn die ersten Diskussionen gab es schon 1992. Doch als die Biotonne dann endlich da war, erwies sich die Einführung schnell als eine der wichtigsten ökologischen Entscheidungen des Stadtrates. Denn seit 2018 ist die Restabfallmenge in Wasserburg um 30 Prozent gesunken, teilte Bernhard Schachner im Umweltausschuss des Stadtrates mit. Der Leiter der Abfallwirtschaft im Rathaus präsentierte Zahlen, die die Erfolgsgeschichte widerspiegeln. Jährlich landen etwa 1000 Tonnen Biomüll in den Behältern mit dem braunen Deckel. Das Material wird wiederverwertet – im Erdenwerk in Aham (Eiselfing) entsteht aus dem Wasserburger Grüngut Biogas für Strom und Wärme, Kompost und Blumenerde. „Ökologischer geht es nicht“, findet Norbert Buortesch, Sprecher der Fraktion von Bürgerforum/Freie Wähler Reitmehring-Wasserburg und ÖDP.
2017 gaben die Wasserburger sechs Kilogramm Bioabfall pro Einwohner und Jahr ab, 2018, als die Biotonne eingeführt wurde, bereits über das Zehnfache, 2022 waren es 83 Kilo. Zum Vergleich: In Bayern waren es 2021 etwa 64 Kilogramm Biomüll pro Einwohner und Jahr. Da der Bioabfall nicht mehr in der Tonne für den Restmüll landet, ist dessen Menge von 2017 auf 2022 stark gesunken: von über 1589 auf 1149 Tonnen. Dass ist eine gute Nachricht, von der laut Schachner der Geldbeutel der Bürger profitiert. Denn je geringer der Restabfall, desto geringer die Entsorgungs- und Sammelkosten. Haushalte, die Bioabfall konsequent trennen und damit die Restabfallmenge reduzieren, sparen Gebühren. Die Biotonne kostet außerdem nicht extra in Wasserburg, sie ist in der Grundgebühr enthalten, so Bürgermeister Michael Kölbl, der von einer großen Erfolgsgeschichte sprach. Es gebe nur positive Rückmeldungen, die großen Bedenken vieler Bürger bei der Einführung – zu teuer? unhygienisch? – hätten sich nicht bewahrheitet.
Sortieranalysen zeigen: Es gibt noch viel Potenzial
Es gibt laut Schachner sogar noch Potenzial, um die Restmüllmenge weiter zu senken. Denn Sortieranalysen, die die Stadt alle fünf Jahre durchführen lässt, hätten aufgezeigt, dass sich immer noch etwa 26 Prozent organische Abfälle in den Restmülltonnen befinden würden. Das seien etwa 300 Tonnen jährlich, die hier gar nicht hingehören würden. Die Biotonne wird also noch nicht einmal voll ausgereizt. Hier will die Stadt laut Schachner ansetzen: aufklären, beraten, informieren. Das ist auch notwendig angesichts der Tatsache, dass nach wie vor auch Stoffe in der Biotonne landen, die hier nicht hingehören. Schachner warf deshalb auch die Frage in den Raum, ob die Stadt eine Benutzungspflicht durchsetzen wolle. Bei künftigen Ausschreibungen der Sammlung werde außerdem darauf geachtet, dass die Fahrzeuge ein elektronisches Störstoff-Erkennungssystem aufweisen würden.
Größtes Problem sind nämlich unter anderem Plastiktüten in der Biotonne. Wenn sie oder andere Stoffe, die nicht hineingehören, bei den regelmäßigen Stichproben auffallen würden, bleibe die Tonne stehen. In diesen Fälle gebe es überraschenderweise kaum Beschwerden. „Das Schuldbewusstsein ist anscheinend da“, interpretiert diese Tatsache Wasserburgs Abfallexperte. Auch der vierwöchige Abfuhrturnus habe nicht zu den erwarteten Beschwerden geführt und sich bewährt. Madenbefall kommt zwar vor, berichteten Ausschussmitglieder, doch die Bürgerschaft hat das Problem anscheinend im Griff.
Kompostierbare Beutel
In den vergangenen fünf Jahren seit Einführung hat der Wertstoffhof 800.000 Bioabfallbeutel ausgegeben. Eine Rolle mit 26 Tüte kostet 2,60 Euro, teilt Schachner auf Anfrage mit. Für die städtischen Beutel sprechen nach seinen Angaben nicht nur der Preis, sondern auch die Tatsache, dass sie sich aufgrund der geringen Stärke trotz guter Belastbarkeit gut zersetzen. Schachner warnte vor Mogelpackungen, die es im Handel gebe: Bioabfallbeutel mit dem Siegel „kompostierbar“, die dieses Versprechen erst nach einem viel zu langen Zeitraum einhalten könnten.
Der Bürgermeister bestätigte, dass Störstoffe vor allem in Biotonnen von Großwohnanlagen vorkommen. Aufklärung hilft zeigte das Beispiel einer Flüchtlingsunterkunft. Hier sind die Bewohner umfassend informiert worden, die Störabfälle nahmen danach signifikant ab, so Schachner. Der Anteil von Störstoffe betrage in Wasserburg etwa 2,45 Prozent, so Schachner.
Aus Wasserburger Biomüll wird Strom und Blumenerde
Michael Maier vom Erdenwerk in Aham, wo alle Bioabfälle aus Wasserburg hintransportiert werden, sah ebenfalls noch Handlungsbedarf im Bereich Störstoffe. Er wies ebenso wie Schachner auf die Dringlichkeit hin, das Problem zu lösen. 2025 steht eine Gesetzesänderung an. Dann darf der Störstoffanteil nur noch ein Prozent ausmachen. Eine jüngst durchgeführte Analyse habe aufgezeigt, dass Wasserburg diesen Grenzwert knapp noch nicht erreicht habe, die Problematik jedoch nicht als dramatisch zu bewerten sei., so Maier.
Sein Unternehmen verarbeitet den Biomüll zu Blumenerde, Humus, Rindenmulch und Kompost, außerdem zu Biogas für den Eigenverbrauch. Mit dem Material aus Wasserburg könnten 60 Haushalte mit Strom versorgt werden. Überschüssiger Strom, der nicht für den Eigenbedarf des Erdenwerks benötigt wird, gehe ins Netz der Stadtwerke.