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Regisseur und Intendant mit 90 Jahren gestorben

Ein Mann „ohne Starallüren“: Ehefrau Cornelia Froboess und Raubling trauern um Hellmuth Matiasek

Seit Jahrzehnten in Raubling zu Hause: Hellmuth Matiasek, der jetzt im Alter von 90 Jahren verstorben ist, und dessen Ehefrau Cornelia Froboess; hier im Jahr 2010 auf der Berlinale.
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Seit Jahrzehnten in Raubling zu Hause: Hellmuth Matiasek, der jetzt im Alter von 90 Jahren verstorben ist, und dessen Ehefrau Cornelia Froboess; hier im Jahr 2010 auf der Berlinale.

„Er war ein bescheidener und freundlicher Mann.“ So beschreibt Raublings Bürgermeister Olaf Kalsperger den Regisseur, Theaterleiter und Autor Hellmuth Matiasek, der jetzt im Alter von 90 Jahren in Rosenheim gestorben ist. Matiasek und dessen Ehefrau Cornelia Froboess lebten seit Jahrzehnten in Raubling.

Raubling/München– „Will unsere Zeit mich bestreiten, so lass‘ es ruhig gescheh’n. Ich komme aus anderen Zeiten und hoffe, in andre zu geh’n.“ Mit diesem Zitat von Franz Grillparzer, beantwortete Hellmuth Matiasek die Frage nach seinem Lebensmotto. Jetzt ist er, der Regisseur, Theaterleiter, Lehrer, Autor im Alter von 90 Jahren in Rosenheim gestorben. Dort in der Nähe hatte er gelebt, auf dem Rinklhof im Raublinger Ortsteil Kleinholzhausen, einem großartigen bayerischen Refugium, zusammen mit seiner Frau Cornelia Froboess, mit der er seit 1967 verheiratet war.

Ein liebenswürdiger, ein gescheiter, ein witziger und nobler Mann, der nichts zu tun hatte mit dem oftmals lauten Wesen seiner Intendantenkollegen, speziell der Münchner Berufsgenossen. Was Raublings Bürgermeister Olaf Kalsperger nur bestätigen kann. „Ein bescheidener und freundlicher Mann“, sei Matiasek gewesen, so Kalsperger, der vor wenigen Jahren Matiasek zu einem runden Geburtstag einen Besuch abgestattet hatte. „Es war ein sehr angenehmer Besuch bei einem Ehepaar ohne jegliche Starallüren“, erinnert sich Kalsperger, der dessen Witwe „die Anteilnahme der Gemeinde“ ausdrücken will.

Mit theatraler Wucht

Gelebt hatte Matiasek gemeinsam mit Cornelia Froboess seit Jahrzehnten in Raubling – seine künstlerischen Spuren hat er vor allem in München hinterlassen. 13 Jahre war der am 15. Mai 1931 in Wien geborene Österreicher, der studierte und promovierte Theater- und Musikwissenschaftler, Germanist und Philosoph, Intendant des Staatstheaters am Gärtnerplatz. Von 1983 bis 1996 lenkte er es – klug, umsichtig, unspektakulär, oft aber auch mit theatraler Wucht, künstlerischem Erfolg und der bedingungslosen Verteidigung der Eigenständigkeit des Hauses gegen die Begehrlichkeiten der Annexion durch die Münchner Staatsopern-Konkurrenz.

Denn es drohte damals durchaus der Zugriff des Generalintendanten August Everding auf die Bürger-Bühne, um sie sich als Unterhaus der Bayerischen Staatsoper einzuverleiben. Mit einer spezifisch wienerischen Höflichkeit, mit Diplomatie, Raffinesse und Charme hat Matiasek das zu verhindern gewusst.

Erfolgsinszenierungen herausgebracht

Er hat – ganz einfach, was aber bekanntlich schwer zu machen ist – ein paar Erfolgsinszenierungen herausgebracht, die das Gärtnerplatztheater als Münchner Volksoper im Bewusstsein der Menschen der bayerischen Hochebene fest verankert haben. Wozu sich auch Everding benutzen ließ: Er inszenierte am Haus „My Fair Lady“ mit Cornelia Froboess als Eliza. Eine legendäre, stets ausverkaufte Aufführung. Mit der Oper „Der Goggolori“ von Wilfried Hiller und Michael Ende setzte Matiasek einen weiteren Dauerbrenner. Mit den Erfolgsproduktionen „Zar und Zimmermann“ und der „Verkauften Braut“ hatte er von Anbeginn seiner Intendanz an deutlich gemacht, wohin er dieses Haus führen würde. Manchem Zuschauer werden vielleicht noch „Chowanschtschina“, „Tiefland“ oder „Die Heimkehr des Odysseus“ in Erinnerung sein. Oder die wunderbare „Manon“ wie auch Matiaseks Abschiedsinszenierung des „Falstaff“. Aber er reagierte auch deutlich politisch: Zu Beginn des Golfkrieges 1991 war er der einzige Theaterleiter der Stadt, der sofort den Spielplan den aktuellen Begebenheiten anpasste und „Die lustige Witwe“ absetzte.

Befremdlich mochte erscheinen, dass der Intendant seinen Vertrag um zwei Jahre vorzeitig löste. Zur Überraschung aller gab er 1994 bekannt, 1996 aus dem Amt zu scheiden, das er doch so erfolgreich führte. Der Grund? „Mein Entschluss ist mehr eine vorbeugende Maßnahme. Ich möchte bei vollem Spaß und bester Gesundheit das Ende meiner Intendantenzeit erreichen. Ich will auch kein anderes Theater leiten.“ Die Fusion mit der Bayerischen Staatsoper war vom Tisch. Eine diesbezügliche Bedrohung gab es nicht mehr. Da hätten wir auch „einen Bauernkrieg entfacht, wie es ihn hier in München noch nie gegeben hat. Mit Sense und Mistgabel“.

Zutiefst ans Herz gewachsen

Nach diesen 13 Gärtnerplatz-Jahren war aber für Matiasek noch lange nicht Schluss. Ihm war München, ihm war Bayern zutiefst ans Herz gewachsen. Schließlich hatte er hier schon von 1972 bis 1978 die Falckenberg-Schule geleitet. Sein Intendanten-Können hatte er andernorts geschult – am Landestheater Salzburg, wo er Cornelia Froboess kennengelernt hatte, am Staatstheater Braunschweig und in Wuppertal. Nun aber ging es nach dem Gärtnerplatztheater in München weiter mit der Theaterakademie, deren Präsident er wurde, mit den Orff-Festspielen in Andechs, mit der Einbeziehung in die verschiedenen kulturpolitischen Gremien.

Hellmuth Matiasek war und blieb ein gefragter Mann. Nie hat er sich laut in den Vordergrund geschoben, alles wurde mit einem gewissen Understatement erledigt. Das spiegelte sich auch in seinem Äußeren. Erst auf dem zweiten Blick nahm man wahr, wie exklusiv sich dieser Mann kleidete, der sich von seinem Nachfolger im Amt vor allem eines wünschte: „dass er ein Mensch ist, mit dem man gern ein Glas Wein trinkt.“

Ein gefragter Mann, der sich nie in den Vordergrund drängte: Hellmuth Matiasek (1931-2022).

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