Prientaler Energieforum
Ängste um die Energieversorgung im Winter: Experten stehen Aschauer Bürgern Rede und Antwort
„Die Energie ist ein schwieriges Thema, das derzeit alle beschäftigt“, eröffnet Bürgermeister Simon Frank das Prientaler Energieforum, in dem Experten die Aschauer Bürger über Strom- und Wärmeversorgung informierten. Dabei wurde eines klar: Die Technik für eine autarke Strom- und Wärmeversorgung ist vorhanden. Sie muss in den kommenden Jahren allerdings auch richtig eingesetzt werden.
Aschau – Bürgermeister Simon Frank (Zukunft für Aschau) betonte, dass er keine Panik machen möchte. „Wir wollen informieren und eventuelle Wissenslücken schließen.“
Globale Erderwärmung
Den Einstieg in das Thema Energie machte Professor Uli Spindler von der Technische Hochschule Rosenheim. Er gab einen generellen Überblick über den Energieverbrauch Deutschlands. Dabei setzte Spindler die derzeitige Energiekrise in Perspektive. „Wir sind heute hier, weil die Preisentwicklung der Brennstoffe rasant nach oben geschnellt ist. Warum wir eigentlich hier sein sollten, ist die globale Erderwärmung.“ Das Thema Klimawandel werde die Menschheit länger beschäftigen als der Krieg in der Ukraine.
So lag der Energieverbrauch deutschlandweit im Jahr 2019 bei 3550 Terawattstunden (TWh) Primärenergie. Davon kommen 25.615 TWh bei den Menschen zur Nutzung an. Dabei werden 80 Prozent des deutschen Energiebedarfs nach wie vor aus fossilen Energien wie Gas und Mineralöl gewonnen.
Verwerfungen im Markt
Beides wird fast zur Gänze aus dem Ausland importiert. „Da Russland als Lieferant weggebrochen ist, kommt es zu den Verwerfungen auf den Markt“, erklärte Spindler die aktuellen Geschehnisse.
Die Lösung seien die erneuerbaren Energien wie Photovoltaikanlagen und Windkraft. Gerade Letzteres sei in den Winterhalbjahren für die Wärmeerzeugung von Nutzen.
So könne eine Unabhängigkeit von anderen Ländern erreicht werden. „Die gute Nachricht: Die Technik ist vorhanden. Was wir brauchen, ist eine weitgehende Elektrifizierung der Beheizung und des Individualverkehrs“, resümierte Spindler.
Gerade bei der Wärmeversorgung könnten mehr erneuerbare Energien genutzt werden, erklärte Dr. Christian Bichler, von ing Kess Gmbh. Gerade im Wohnbestand seien Heizöl und Gas noch die Hauptenergiequellen. „Was wir vor Ort haben, sind die Sonne und die Erde“, sagte Bichler und verweist auf Geothermie, Biogas, PV- und Windanlagen sowie Fernwärmenetze.
Wärmebedarf muss gesenkt werden
Dabei zeigte Bichler einen klaren Weg auf: Der Wärmebedarf muss gesenkt, der Ausbau regenerativer Energien beschleunigt und Bestandsgebäude bei sinnvollen Einsatz von regenerativer Energien mit Fernwärme versorgt werden. Zudem plädierte Bichler für Regionalität: „Eine Energieversorgung von Gemeinden für Bürger.“
Diese angedachte Energiewende prägt schon heute den Arbeitsalltag von Alexander Usselmann von der Bayernwerk AG. Er erklärte, wie die Netze in Aschau ausgebaut sind. Aschau werde von mehreren Seiten versorgt, und die Netze seien sehr stabil.
„Die von der Bayernwerk AG durchgeführten Netzbaumaßnahmen sollte Sie in dem Winter ruhig schlafen lassen.“
So können Bürger Geld sparen
Wie Bürger trotzdem Geld sparen können, erklärte Martin Korndörfer von der Verbraucherzentrale. „Es gibt keine neuen Tipps seit den 70er Jahren: Wir haben ein Handlungs-, kein Informationsdefizit.“ Und gab einen Überblick über Heizungseinstellungen, Dämmungen und Warmwasserverbrauch. (Alle Tipps können auf www.gemeinde-aschau.de nachgelesen werden).
Im Anschluss konnten die Zuhörer Fragen stellen. „Das Thema ‚Blackout‘ ist bei uns ein großes Thema“, sagte Obmann Hans Stangl vom Bayerischer Bauernverband Ortsverband Sachrang. Gerade das Tierwohl müsse gewahrt werden.
Wenn Kühe nicht zweimal am Tag gemolken werden können, würden sie unter großen Schmerzen leiden. „Es gibt die Möglichkeit PV-Anlagen auf dem Hof zu errichten“, schlug Spindler vor. Zusammen mit einer Batterie könne so relativ leicht eine Notstromversorgung eingerichtet werden.
Aschaus Kreisbrandmeister Rudi Huber war besonders am Katastrophenschutz interessiert. Hier beruhigte Usselmann. Als Netzbetreiber sei man im engen Austausch mit den zuständigen Behörden.
Schwankungen im Netz
Damit es zu Ausfällen im Stromnetz kommt, müsse es Schwankungen im Netz kommen. Entweder gebe zu viel oder zu wenig Energie. Dann müsse der Netzbetreiber mit kurzen Abschaltungen eingreifen, die die Abnehmer meist gar nicht bemerkten. Bei längeren Ausfällen wie einem halben Tag oder Tag,greife dann der Katastrophenschutz.
„Wir sind mit allen großen ‚Playern‘ im Kontakt“, ergänzte Frank. Es gehe darum, keine Panik schüren, aber im Notfall handeln zu können. Schlechings Bürgermeister Josef Loferer gab einen Appell an die Zuhörer: „Wir müssen zusammen helfen, dann schaffen wir es.“