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Bairisch kein Dialekt

„Des geht mehr in die Seele“ - Mundart-Experte Siegfried Sperber liebt die bairische Sprache und klärt Irrtümer auf

Siegfried Sperber sitzt zuhause in seinem Wintergarten.
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Siegfried Sperber sitzt zuhause in seinem Wintergarten.

Siegfried Sperber (84) ist ein Bayer durch und durch. Nun gibt er sein Wissen über das Bundesland und seine Sprache weiter. Wann „koa Mensch mehr zuaherd“ und warum Bayern heute mit „y“ geschrieben wird.

Kolbermoor – Siegfried Sperber (84) ist ein Bayer durch und durch. Er ist nicht nur in Bayern geboren, spricht Bairisch und liebt das bayerische Lebengefühl, sondern kennt sich auch noch mit der Geschichte des Bundeslandes aus. Nun gibt der Experte sein Wissen an Andere weiter und klärt weit verbreitete Irrtümer.

Acht Seiten Text hat der Kolbermoorer zusammengetragen. Denn am 9. März wird Sperber seinen ersten Vortag über die bairische Sprache an der Volkshochschule Kolbermoor halten. In einem Zug könne er seinen Text aber nicht vortragen. „Do herd koa Mensch mehr zua“, sagt Sperber – natürlich in Bairisch. Damit die Besucher interessiert dabei bleiben und gut unterhalten werden, habe er einen Zither-Spieler organisiert, der ihn begleitet.

Bairisch ist kein Dialekt

In den Spielpausen gibt es das ein oder andere Wissens-Schmankerl: Sperber zufolge glauben die meisten Leute, dass Bairisch ein Dialekt des Hochdeutschen ist. Das sei jedoch falsch. Als Martin Luther die Bibel im 16. Jahrhundert ins Deutsche übersetzt hat, hat es nach Angaben von Sperber über 20 Mundarten in Deutschland gegeben. Der Geistliche habe deshalb mit einer Sprache gearbeitet, die alle verstehen sollten, und so den Impuls zur Vereinheitlichung der deutschen Schriftsprache gegeben. Das heutige Hochdeutsch entspringe aber auch dem Duden.

Die bairische Sprache gehe hingegen auf den ersten namentlich bekannten Herzog des damaligen „Baierns“ zurück: Herzog Garibald. Er habe um 550 nach Christus regiert. Bairisch ist Sperber zufolge also viel älter als Deutsch und somit eine eigene Sprache, kein Dialekt.

Im Bairischen gebe es allerdings regionale Unterschiede und Dialekte: Oberbairisch, Niederbairisch, Pfälzisch, Österreichisch, Südtirolerisch oder Zimbrisch in Italien.

Sperber weiß auch, warum Bayern heute mit „y“ geschrieben wird und nicht mehr mit einem „i“, wie zu Garibalds Zeiten: „König Ludwig I. hat das umgestellt, weil er ein Fan der Griechen war.“ Nur die Sprache Bairisch werde noch mit „i“ geschrieben.

Sperbers Vortrag sei aber nicht nur etwas für echte Bayern, sondern auch für „Zuagroaste“ – also Personen, die nicht von hier stammen, aber hier leben. Damit ihn jeder Besucher versteht, wird der Experte die bairischen Passagen auf Deutsch übersetzen und den Text auf eine Leinwand übertragen, wodurch jeder mitlesen kann. Bestimmte Sachen könne Sperber aber einfach besser im Bairischen wiedergeben. „Des geht mea in de Seele“, findet er. Das Lebensgefühl, das die melodische Sprache verbreite, gefalle ihm.

In seinem Vortrag geht es nicht nur um die bairische Schrift und Sprache, sondern auch um die Mentalität. Die Bayern seien ein „aufgeschlossener und freundlicher Menschenschlag, hin und wieder aber a bissl stur“, sagt Sperber und lacht. Das Umfeld eines Menschen präge ihn. Es mache einen Unterschied, ob jemand in den Bergen oder am Meer aufwächst.

Bayern von klein auf erlebt

Sperber habe das jedenfalls beeinflusst. Am 24. September 1937 sei er in der Gärtnerei Prentl in Rosenheim auf die Welt gekommen und habe Bayern von klein auf erlebt, mit Festen, Tracht und allem, was alles dazu gehört. Wenn er seinen Vortrag hält, wird er deshalb freilich seine Lederhose tragen.

Seitdem er Rentner ist, schreibt Sperber bairische Mundart-Gedichte und hat einige Bücher herausgebracht. Ihm liege viel an der bayerischen Mentalität und am Bairischen. Deshalb wolle er mit seinem Vortrag einen kleinen Beitrag leisten, damit die Sprache beachtet wird und nicht ganz verloren geht. Deshalb sei er beim Bayernbund und beim Verein für Bairische Sprache und Mundarten.

Früher sei er auch in der Gruppe „Gredt und glust“ gewesen. Sieben Frauen und „a boa Mannsbuida“ seien von einem Lokal zum nächsten gezogen und jeder habe seine Geschichten oder Gedichte vorgelesen. Ein Musiker habe sie dabei begleitet. Die Veranstaltungen seien beim Publikum gut angekommen, erinnert sich Sperber.

„Gredt und glust“ gibt es nicht mehr

Mittlerweile sei die Gruppe aufgelöst worden, weil einige Mitglieder zu alt oder bereits verstorben seien. Deshalb freue sich der Kolbermoorer umso mehr, dass er seine Geschichten nun wieder einem Publikum vortragen kann.

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