Nach 18 Jahren
Daran haben Gummibärchen-Fans schwer zu knabbern: „Bears & Friends“ in Rosenheim schließt
Die „Bears & Friends“-Filiale in der Rathausstraße schließt zum Ende des Jahres. Nach sechs Jahren zwischen Fruchtbärchen, Lakritze und Jogurt-Häppchen ein schwerer Schlag für die Geschäftsführerin. Wie es für sie weitergehen soll, weiß die 58-Jährige im Moment noch nicht.
Rosenheim – Karen Tiller ist eigentlich eine fröhliche Person, voller Lebenslust. Sie lacht viel, versucht, immer das Positive zu sehen. Doch in den vergangenen Monaten ist ihr diese Lebenseinstellung zunehmend schwerer gefallen. Erst sei ihr Vater gestorben, kurze Zeit später ihr Mann. Vor vier Wochen hat sie dann erfahren, dass sie ihren Laden schließen muss. „Einfach war es in letzter Zeit nicht“, sagt sie.
Notfalldose gegen Liebeskummer
Die 58-Jährige steht in dem kleinen Laden zwischen Regalen, auf denen rot-gelbe Tüten platziert sind – gefüllt mit Fruchtsaft-Smileys, Glühweinsternen, Grünteeblättern und Ingwer-Stäbchen.
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Über der Kasse hängt ein kleines Regal, auf dem Probiergläser stehen. Es gibt Pizzen, die komplett aus Gummibärchen bestehen und eine Notfall-Dose für 9,95 Euro, deren Inhalt bei Stress, Trübsinn oder Liebeskummer helfen soll.
Durch Zufall zu den Gummibärchen gekommen
Karen Tiller läuft durch den Laden, holt Tüten aus dem Regal und erinnert sich an die vergangenen Jahre. Durch Zufall sei sie vor sechs Jahren zum Gummibärchenladen gekommen.
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Davor hat sie die Mittagsbetreuung der Arbeiterwohlfahrt in Happing geleitet. Ein Jahr nachdem sie in der Rathausstraße begonnen hat, habe man sie gefragt, ob sie sich vorstellen könnte, die Leitung zu übernehmen. „Da habe ich natürlich sofort ja gesagt“, erinnert sich Tiller.
Tausende Gespräche mit Kunden
Seitdem hat sie viel erlebt. Sie hat Angestellte kommen und gehen sehen, hat tausende Gesprächen mit Kunden geführt und sie beim Gummibärchen-Kauf beraten. Doch die Corona-Krise hat auch ihre Arbeit verändert. „Die Laufkundschaft ist immer weniger geworden. Das hat uns das Genick gebrochen“, sagt sie. Dadurch seien auch die Umsätze eingebrochen. Zum Teil um 60 Prozent.
475 Kilogramm Ware bestellt
Waren, die Karen Tiller und ihre Mitarbeiter vor der Pandemie teilweise innerhalb weniger Tage verkauft haben, blieben in den vergangenen Monaten im Regal liegen. „Wir mussten viel wegwerfen oder an andere Filialen abgeben“, sagt die Leiterin.
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Während sie vor der Pandemie pro Woche 475 Kilogramm Ware bestellt habe, ordere sie jetzt nur noch einmal im Monat. Bis jetzt. „Ab sofort bestelle ich keine neuen Gummibärchen mehr nach“, sagt sie und zeigt – wie um das Gesagte noch deutlicher zu machen – auf die vielen leeren Regale.
Vegetarische und vegane Angebote gibt es noch
Offiziell soll das Geschäft am 31. Dezember schließen, die Öffnungszeiten sind schon jetzt verkürzt. Tiller geht davon aus, dass sie schon früher zusperren muss – denn die Ware wird immer knapper. „Das Lager ist so gut wie leer“, sagt sie. Nur vegetarische und vegane Angebote gebe es noch genügend. Sie zeigt auf die „Fizzy Ananas“, die Rentiere und die „Smoothie Fruits“. „Viele wissen nicht, dass in Gummibärchen Gelatine enthalten ist und sie deshalb nicht vegetarisch sind“, sagt Tiller. Informationen, die die 58-Jährige fast täglich an ihre Kunden weitergibt.
Persönlicher Kontakt steht imm Vordergrund
Sie spricht Empfehlungen aus und macht auf neue Sorten aufmerksam. „Wir bemühen uns sehr um den persönlichen Kontakt“, sagt sie. Sie erzählt von den Kindern, die immer zum Probieren in ihr Geschäft kommen und der 98-jährigen Frau, die einmal in der Woche in den Laden schaut um Gummibärchen für ihre Enkel zu kaufen.
Franchise kommt für sie nicht in Frage
Es sind Begegnungen, an die sich Karen Tiller sich auch nach der Zeit bei „Bears & Friends“ erinnern wird. Wie es für die 58-Jährige weitergeht, weiß sie im Moment noch nicht. „Ich habe bis jetzt nur Absagen erhalten“, sagt sie. Zwar hätte sie die Möglichkeit gehabt, den Laden als Franchisenehmerin weiterzuführen.
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Das hätte aber auch bedeutet, dass sie für die alle Kosten zuständig gewesen wäre. Weil das Geld nach dem Tod ihres Mannes knapp ist, sei das für sie keine Option gewesen. Leider. Denn die 58-Jährige liebt, was sie tut. „Wer würde nicht gerne in einem Gummibärchen-Laden arbeiten?“, fragt sie.
Auf der Suche nach einem Jobangebot
In 30 Tagen ist dieser Abschnitt ihres Lebens Geschichte. „Natürlich habe ich Existenzängste und frage mich, wie es weitergehen soll“, sagt sie. Die Hoffnung aber bleibt, dass sich der ein oder andere doch noch mit einem Jobangebot bei ihr meldet. Einen Nachmieter für die Räume in der Rathausstraße gibt es im Moment noch nicht.

