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Wahlkreis Rosenheim

Bundestagswahl 2025: Ates Gürpinar (Linke) im Steckbrief und zu den wichtigsten Fragen

Ates Gürpinar (Linke) hat sich den Fragen von rosenheim24.de gestellt.
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Ates Gürpinar (Linke) hat sich den Fragen von rosenheim24.de gestellt.

Bei der Bundestagswahl stehen im Wahlkreis Rosenheim zwölf Erststimmenkandidaten zur Wahl. Wir stellen alle Bewerber für das Rosenheimer Direktmandat einzeln vor. Dieses Mal: Ates Gürpinar (Linke).

Rosenheim – Bei der Wahl am 23. Februar 2025 wollen im Wahlkreis Rosenheim zwölf Kandidatinnen und Kandidaten direkt nach Berlin – vier Männer und acht Frauen. Wer die meisten Erststimmen für sich verbucht, ist „drin“. rosenheim24 stellt die Kandidaten einzeln im Steckbrief vor und hat sie mit einigen Kernfragen konfrontiert. Hier sehen Sie die Antworten von Ates Gürpinar (Linke).

Steckbrief und politische Schwerpunkte

Ates Gürpinar, 40 Jahre; Wohnort: München; Familienstand: ledig; Beruf: Mitglied des Bundestags; Hobby: Triathlon.

Seitdem ich mich politisch engagiere, streite ich für eine gerechtere Gesellschaft. Die Gesellschaft ist so unglaublich reich. Ich finde mich nicht damit ab, dass Menschen in diesem reichen Land in Armut leben, dass sie im Alter auf Flaschensammeln angewiesen sind, um über die Runden zu kommen, und dass Kinder ärmerer Eltern statistisch rund zehn Jahre weniger Lebenszeit haben. Das macht mich wütend. Denn auf der anderen Seite haben Menschen so viel Geld angehäuft, teils ohne selbst je gearbeitet zu haben. Sie haben reich geerbt, streichen leistungslos Dividenden ein, haben Geld in Steueroasen geparkt.

Das macht die Gesellschaft ungerecht. Und dadurch, dass dieser Reichtum nicht angetastet wird, bleibt die öffentliche Daseinsvorsorge mehr und mehr auf der Strecke: Arzttermine werden zur Mangelware, Wohnraum wird immer teurer, Lehrkräfte gibt es zu wenig, der öffentliche Nahverkehr fährt zu selten, die Deutsche Bahn ist andauernd zu spät. Der Klimawandel scheint nicht mehr aufzuhalten, weil Investitionen in ein nachhaltiges Wirtschaften schlicht nicht stattfinden.

Anstatt hier umzusteuern, haben alle Regierungen der vergangenen Jahrzehnte das Spiel weitergespielt. Und in den letzten Jahren für diese verfehlte Politik Sündenböcke gesucht. Dafür wurden die Ärmsten – Erwerbslose, Geflüchtete – gefunden.

Das verfängt. Ich sehe es als meine Aufgabe, dieses Spiel zu stoppen, das im Parlament mittlerweile alle anderen Parteien mehr oder weniger schamlos mitspielen. Daher suchen wir als Linke Unterstützung bei allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich nicht untereinander ausspielen lassen wollen, sondern den Blick auf die wirklich Verantwortlichen richten.

Wir können und wir müssen für eine gerechte Verteilung des Reichtums sorgen, wir brauchen eine ausfinanzierte Daseinsvorsorge, die in diesem reichen Land sehr einfach möglich wäre, wenn das Geld besser verteilt würde. Dafür kandidiere ich und dafür suchen wir Unterstützung – vor und nach der Wahl.

Klimawandel und Extremwetter

Klimawandel und Extremwetter mit katastrophalen Folgen für Mensch und Natur sind ein globales Problem. Was können Sie als Abgeordnete bzw. Abgeordneter tun?

Antwort: Die Klimakrise ist die größte Herausforderung unserer Zeit und erfordert entschlossene politische Maßnahmen. Extremwetter-Ereignisse wie Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren verdeutlichen die Dringlichkeit eines tiefgreifenden Wandels. Bislang wurden die soziale und die Klimafrage gegeneinander ausgespielt. Dabei gehören sie zusammen: Maßnahmen gegen den Klimawandel dürfen nicht auf dem Rücken derjenigen ausgetragen werden, die ohnehin am wenigsten haben.

Deutschland muss im nächsten Jahrzehnt klimaneutral werden. Dafür braucht es massive Investitionen für den Ausbau erneuerbarer Energien. Der Kohleausstieg sollte durch finanzielle Unterstützung für betroffene Regionen und Investitionen in nachhaltige Arbeitsplätze begleitet werden, damit niemand zurückgelassen wird. Der klimaneutrale Umbau der Industrie kann mit etwa 20 Milliarden Euro jährlich ermöglicht werden.

Auch im Verkehr ist ein grundlegender Wandel erforderlich. Der kostenlose öffentliche Nahverkehr sowie der Ausbau des Bahnnetzes sind essenziell, um den Individualverkehr mit fossilen Kraftstoffen zu reduzieren und den Menschen eine echte Wahl zu lassen, wie sie unterwegs sein wollen.

Für eine gerechte Finanzierung dieser Maßnahmen ist eine umfassende Steuerreform notwendig. Dazu gehört auch CO₂-Bepreisung, die an einen sozialen Ausgleich durch ein Klimageld gekoppelt werden muss. Menschen mit großem Vermögen tragen stärker zur Klimaerwärmung bei als Menschen mit geringem Einkommen. Es ist nur gerecht, wenn diese auch stärker an Kosten des nötigen Strukturwandels beteiligt werden. Gleichzeitig müssen klimaschädliche Subventionen vollständig abgebaut werden. Zudem sehe ich ein kostenloses Grundkontingent an Strom und Wärme als eine sinnvolle Maßnahme. Es stellt sicher, dass Grundbedürfnisse gedeckt sind.

Die Zeit rennt uns davon, es muss endlich gehandelt werden. Die bisherige Politik hat versagt, und es steht nicht weniger auf dem Spiel als unsere Existenz.

Migration und Integration

Der Zustrom von Flüchtlingen ist ein großes Thema in Deutschland. Was kann aus Ihrer Sicht bei der Migration und der Integration der Menschen verbessert werden?

Antwort: Die aktuelle Debatte um Migration ist oft von Unmenschlichkeit geprägt. Wir dürfen nicht vergessen, dass es um Menschen geht, die ihre Heimat aus Not verlassen haben und hier Schutz suchen. Viele haben sich ein neues Leben aufgebaut und sollen trotzdem abgeschoben werden – oft in Länder, in denen sie nichts mehr haben. Kinder werden in Länder abgeschoben, die sie noch niemals gesehen haben.

Wir fordern eine solidarische und humane Migrationspolitik, die Fluchtursachen bekämpft, nicht die Geflüchteten. Gerechte Entwicklungszusammenarbeit und fairer globaler Handel sind nötig, um Perspektiven in den Herkunftsländern zu schaffen. Gleichzeitig müssen wir sichere Fluchtwege schaffen, damit das Sterben im Mittelmeer aufhört.

Statt Abschiebungen und Einschränkungen des Asylrechts muss das Recht auf Asyl ausgeweitet werden. Geschlechtsspezifische Fluchtursachen müssen umfassend als Asylgrund anerkannt werden. Für Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus fordern wir ein dauerhaftes Bleiberecht, spätestens wenn sie fünf Jahre in Deutschland leben. Die Praxis der Kettenduldungen muss beendet werden. Das schafft Sicherheit, übrigens nicht nur für Migranten, sondern auch für deren Arbeitgeber.

Integration und Partizipation kann nur gelingen, wenn soziale Sicherheit für alle gewährleistet ist. Das Land muss die Menschen gerecht in Beruf und Ausbildung einbinden. Konkurrenz um Arbeitsplätze, Wohnungen und Bildung schürt Konflikte und spaltet die Gesellschaft. Wir brauchen öffentliche Investitionen, die allen zugutekommen, sowie gut ausgestattete Kommunen. Konzerne und Milliardäre müssen dafür ihren fairen Beitrag leisten.

Auch die Unterbringung von Geflüchteten muss verbessert werden. Massenunterkünfte und Sammellager schaffen Isolation und Unsicherheit. Wir setzen uns für eine dezentrale Unterbringung ein, die Integration erleichtert und die Würde der Menschen wahrt.

Es ist höchste Zeit, eine menschliche und gerechte Migrationspolitik umzusetzen. Deutschland kann und muss seiner Verantwortung gerecht werden – für ein Land, das Vielfalt nicht nur akzeptiert, sondern aktiv fördert.

Inflation und Wohlstandsverlust

Ob Heizungsrechnung, Miete oder frisches Gemüse – alles wird teurer. Immer mehr Menschen können sich das nicht mehr leisten. Wie lassen sich Inflation und Wohlstandsverlust stoppen?

Antwort: Die Menschen arbeiten im Schnitt immer mehr, können sich aber immer weniger leisten. Das Leben wird teurer, der Lohn bleibt der gleiche. Gleichzeitig werden bei der Miete oder den Lebensmitteln die Preise erhöht, sodass viele kaum noch wissen, wie sie am Ende des Monats Essen auf den Tisch bekommen. Besonders betroffen sind dabei Haushalte mit geringem Einkommen und Alleinerziehende, die mit den ständigen Preissteigerungen zu kämpfen haben. Während wir in der Krise stecken, fahren Konzerne immer höhere Gewinne ein. Das kann nicht sein.

Uns ist klar: Mit kurzfristigen Maßnahmen kommen wir nicht weit. Wir müssen das Problem an der Wurzel bekämpfen. Dass in einem so reichen Land wie Deutschland so viele mit ihren Lebenshaltungskosten zu kämpfen haben, ist ein Skandal und schlicht ein Problem der Verteilung. Dass sich die Menschen ihr Leben nicht leisten können, ist ein politisches Problem und muss politisch bekämpft werden.

Ein guter Anfang wäre, Superreiche endlich gerecht zu besteuern, die Preise zu deckeln und den Mindestlohn zu erhöhen. Durch einen Mieten- und Preisdeckel könnten sich die Menschen wieder ihre Lebenshaltungskosten leisten und keine Angst mehr davor haben müssen, dass ihre Miete zum neuen Jahr teurer wird oder die Butter nächste Woche wieder um zehn Cent steigt.

Außerdem müssen gerade diejenigen, die unter den hohen Preisen und geringen Löhnen besonders leiden, unterstützt werden. Eine gezielte Hilfe, wie zum Beispiel die Einführung einer Kindergrundsicherung, die unter der Ampelregierung gescheitert ist, muss dringend auf den Weg gebracht werden, um Familien in Not zu entlasten.

Viele, die Anspruch auf Sozialhilfe oder Wohngeld haben, wissen das gar nicht oder haben schlicht die Zeit und Energie nicht, sich durch den Antrags-Dschungel zu schlagen. Wir als Linke in Rosenheim bieten deshalb Hilfe an. Jeden Mittwoch ab 18 Uhr in der Steinbökstraße 14 finden wir gemeinsam heraus, ob jemand für Sozialhilfe oder Wohngeld berechtigt ist, und helfen beim Ausfüllen von entsprechenden Anträgen. Jeder ist willkommen, also schaut vorbei!

Wirtschaft und Arbeitsplätze

Der Status Deutschlands als Exportweltmeister, Wirtschaftsmacht und Industrienation scheint zu wackeln. Was muss man tun, damit Deutschlands Wirtschaft wettbewerbsfähig bleibt und attraktive Arbeitsplätze erhalten bzw. schaffen kann?

Antwort: Die Straßen voller Löcher, Schultoiletten unbenutzbar, die Bahn ständig zu spät: Wir leben schon auf Pump, wenn wir alles in die Zukunft verschieben und diese Investitionen und Reparaturen unseren Kindern auflasten. Die Schuldenbremse muss jetzt ausgesetzt werden, um ein umfassendes Investitionsprogramm zu finanzieren. Sanierungen von Schulen, Kliniken und Schienen können die Wirtschaft ankurbeln und Arbeitsplätze sichern.

Um den Arbeitsmarkt zukunftsfähig und gerecht zu gestalten, setzen wir uns für eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro ein, der jährlich an die Inflation angepasst wird. Tarifverträge müssen allgemeinverbindlich werden, um Lohndumping zu verhindern.

Wir brauchen sichere Arbeitsplätze statt prekärer Beschäftigung. Sachgrundlose Befristungen, Mini- und Midijobs sowie Leiharbeit gehören abgeschafft. Bis dahin fordern wir gleichen Lohn für gleiche Arbeit ab dem ersten Tag – inklusive aller Zuschläge. Werkverträge dürfen nicht länger als Schlupfloch für Billigarbeit genutzt werden. Hierfür sind auch gerechte Arbeitszeitmodelle entscheidend. Wir unterstützen die Gewerkschaften in ihren Auseinandersetzungen dafür. Mittelfristig wollen wir eine „kurze Vollzeit“ von um die 30 Stunden pro Woche mit vollem Lohnausgleich. So bleibt Zeit für Familie und Erholung, während Studien gleichzeitig zeigen, dass damit die Effizienz steigt und die Krankentage sinken. Außerdem muss es ein Recht auf Vollzeit geben, um ausbeuterische Teilzeitjobs zu vermeiden.

Weiterbildung ist ein Schlüssel für die Transformation der Arbeitswelt. Ein gemeinsamer Weiterbildungsfonds, in den Unternehmen einzahlen, sowie ein Recht auf Weiterbildungsfreistellung mit Entgeltfortzahlung sichern die Zukunft aller Beschäftigten.

Deshalb brauchen wir eine Wirtschaftspolitik, die das, was wir gemeinsam erarbeiten, fair verteilt. Wir wollen hohe Einkommen stärker besteuern und niedrige entlasten. Nach unserem Steuerkonzept werden diejenigen entlastet, die weniger als 6500 Euro brutto verdienen – als Einzelhaushalt. Dafür müssen insbesondere große private Kapitalvermögen gerecht besteuert werden.

Kein Geld für Rente und Medizin

Jahrzehntelang ist Deutschland für sein Renten- und Gesundheitssystem beneidet worden. Nun sind die Kassen leer und viele Krankenhäuser pleite. Halten Sie an der Krankenhausreform von Karl Lauterbach fest? Welche Änderungen sind notwendig?

Antwort: Das deutsche Renten- und Gesundheitssystem steckt in einer Krise. Leere Kassen, überlastete Beschäftigte und marode Krankenhäuser verdeutlichen den Handlungsbedarf. Eine profitorientierte Gesundheitsversorgung belastet sowohl Patient*innen als auch Beschäftigte. Leider hat Karl Lauterbachs Reform entgegen aller Versprechen am System nichts geändert.

Daher müssen wir umdenken: Ambulante und stationäre Versorgung muss endlich zusammengedacht werden. Zentral hierbei: Gesundheit darf kein Geschäft sein. Anstelle pauschaler Vergütungen müssen Ausgaben kostendeckend finanziert werden.

Massive Investitionen sind nötig, um den Investitionsstau in Krankenhäusern zu beheben. Auch die Arbeitsbedingungen müssen verbessert werden. Bedarfsgerechte Personalschlüssel für alle Berufsgruppen entlasten Beschäftigte und verbessern die Versorgung. Eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung, in die alle – auch Beamte, Selbstständige und Abgeordnete – nach ihrem Einkommen einzahlen, ist unverzichtbar.

Ebenso steht das Rentensystem vor großen Herausforderungen. Altersarmut nimmt zu, da die Rente oft nicht ausreicht. Wir fordern eine Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent. Beschäftigte sollten ab 65 abschlagsfrei in Rente gehen können, sowie mit 60 Jahren nach 40 Beitragsjahren. Eine Mindestrente von 1400 Euro soll Armut im Alter verhindern.

Nur anständige Löhne führen zu guten Renten, daher muss der Niedriglohnsektor abgeschafft werden. Zudem fordern wir, dass auch alle in die Rentenversicherung einzahlen. Die Beitragsbemessungsgrenze soll angehoben werden, um hohe Einkommen stärker einzubeziehen. Rentenabschläge bei Erwerbsminderung wollen wir streichen, Kindererziehungszeiten und Pflegezeiten besser anerkennen und Zeiten niedriger Löhne ausgleichen.

Wir lehnen die Riester-Rente ab, da sie vor allem Versicherungskonzerne begünstigt. Stattdessen fordern wir die Umwandlung der Riester-Förderung in Zuschüsse zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Es ist höchste Zeit zu handeln: Gesundheit und Alterssicherung dürfen nicht länger Profitinteressen geopfert werden. Ein solidarisches System sichert allen ein würdevolles Leben und eine hochwertige Versorgung.

Unterirdischer Brenner-Nordzulauf

Sie sei technisch umsetzbar, ökologisch vertretbar und erfülle die verkehrlichen Anforderungen: So sehen DB-Planer ihren Neubaustrecken-Entwurf beim Brenner-Nordzulauf mit einem Tunnelanteil von rund 60 Prozent. Die Region fordert weitere Verbesserungen, zusätzliche Untertunnelungen und eine unterirdische Verknüpfung im Inntal. Wie ist Ihre Haltung zum Projekt?

Antwort: In der vergangenen Legislatur habe ich die Planungen zum Nordzulauf kritisch begleitet. Um nicht missverstanden zu werden: Ich halte die Verlagerung von Personen- und Güterverkehr von der Straße auf die Schiene für dringend nötig. Rosenheim liegt an einer wichtigen Schnittstelle, die Region ist Zuzugsgebiet in der Metropolregion München. Nach vielen schlechten Erfahrungen bei Großprojekten wie Stuttgart 21 und der Zweiten Münchner Stammstrecke bin ich allerdings misstrauisch. Denn solche Projekte waren weitaus teurer und ineffizienter als bei den jeweiligen Planungen versprochen. Bauprojekte müssen kosteneffizient und nachhaltig sein.

Die bisherigen Planungen, übrigens unter Dobrindt als Verkehrsminister in Auftrag gegeben, entsprechen diesen Kriterien nur bedingt, noch weniger die aktuellen Ideen, eine neue Trasse nahezu komplett unter die Erde zu legen. Eine solche Untertunnelung mag erst einmal schön klingen, würde allerdings viel teurer als bislang prognostiziert und wäre massiv klimaschädlich. Für die Region ist eine solche Untertunnelung schließlich völlig unnütz, weil weder Personen zusteigen noch Güter der Region verladen werden könnten.

Von daher habe ich das Alternativkonzept des Brennerdialogs interessiert verfolgt, das gemeinsam mit dem Bund Naturschutz entwickelt wurde. Der Brennerdialog ist eine Verbindung unterschiedlicher Bürgerinitiativen aus der Region, die mit den bisherigen Planungen unzufrieden waren. Ich habe im Dezember die Regierung befragt, inwiefern die Deutsche Bahn dieses Alternativkonzept nun prüft. Hierbei konnten wir erfreut feststellen, dass dieses Konzept in die Prüfung einbezogen wird.

Für mich wird es entscheidend sein, dass die Region auf effiziente und klimafreundliche Weise besser angebunden wird. Das gilt übrigens nicht nur für den Nordzulauf. Wir brauchen einen 30-Minuten-Takt auf den Strecken im Chiemgau, die Elektrifizierung der Strecke nach Mühldorf mit einem Bahnhof in Wasserburg Stadt. Die Bahnhöfe in Stephanskirchen, Rimsting und Pfraundorf müssen gebaut beziehungsweise wieder in Betrieb genommen werden. Bei einer gründlichen Überarbeitung des Verkehrswegeplans sind die Bürgerinnen und Bürger einzubeziehen. Neue Planungen dürfen bei der Ertüchtigung der bestehenden Trassen den Lärmschutz nicht vergessen.

Ihr Thema

Es gibt ein Thema, das hier zu kurz kommt oder in der Liste gänzlich fehlt? Ein Thema, das für Sie jedoch eine große Bedeutung hat? Dann nur zu. Nehmen Sie Stellung zu einem Thema Ihrer Wahl.

Pflege darf keine Armutsfalle sein.

Pflege macht arm, und zwar alle Beteiligten: Pflegebedürftige, die immer höhere Eigenanteile und Zuzahlungen leisten, während ihre Versorgung schlechter wird; Angehörige, die bis zur Selbstaufgabe pflegen; Beschäftigte, die immer noch kein angemessenes Gehalt beziehen; uns alle, deren Beiträge in der Pflegeversicherung immer weiter steigen.

Das Pflegesystem kollabiert seit Jahren vor sich hin. Mittlerweile ist die Versorgung in Pflegeheimen nahezu unbezahlbar: So müssen Pflegebedürftige in Bayern monatlich im Schnitt mehr als 2800 Euro in der stationären Versorgung zahlen – wenn sie überhaupt einen freien Platz finden.

Ohne pflegende Angehörige wäre das System längst am Ende: Vier von fünf Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt, die meisten von ihnen durch die Angehörigen allein, ohne die Unterstützung von Pflegediensten. Selbst in jeder weiterführenden Schulklasse ist mittlerweile ein Kind, das „nebenbei“ mit Pflege eines Angehörigen beschäftigt ist. Pflege funktioniert jedoch nicht nebenbei: Im Schnitt benötigt die Hauptpflegeperson 50 Stunden die Woche zur Pflege.

Von Regierungsseite wird das Problem seit Jahrzehnten ausgesessen. Während nun die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen und damit auch altersbedingt ein weiterer Zuwachs an Pflegefällen zu erwarten ist, sind weder die Ampel noch die Vorgängerregierungen substanzielle Verbesserungen in der Pflege angegangen. Es fehlen schon jetzt mindestens 100.000 Pflegekräfte.

Eine Reform des Pflegesystems ist also dringend nötig – und gar nicht so kompliziert. Zuerst fehlt es an Geld, da Spitzenverdienende nicht in die soziale Pflegeversicherung einzahlen müssen. Wir brauchen eine Kasse für alle. Außerdem muss die Beitragsbemessungsgrenze abgeschafft werden, die dafür sorgt, dass Reichere prozentual weniger zahlen.

Dann könnten wir eine Pflegevollversicherung ohne Eigenanteile etablieren, die ambulante Versorgung ausbauen und die Beschäftigten in den Pflegeberufen so finanzieren, dass wieder mehr in diesen Beruf einsteigen. Auch die Angehörigen benötigen für ihre Arbeit dringend finanzielle Unterstützung, damit sie für ihre aufopferungsvolle Arbeit nicht selbst in die Armutsfalle rutschen.

Anmerkung der Redaktion: Die Antworten des Kandidaten/der Kandidatin wurden 1:1 von der Redaktion übernommen, inhaltlich nicht überarbeitet und müssen deswegen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.

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