Bürgermeister Richard Richter im Interview
Blackout-Vorsorge: Was sich Bruckmühls Rathauschef vom Landratsamt Rosenheim wünscht
Bruckmühls Bürgermeister Richard Richter hält die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts zwar für gering, aber dennoch für „groß genug, um sich darüber im Voraus Gedanken zu machen.“ Wie sich Bruckmühl auf den Ernstfall vorbereitet hat – und welchen Wunsch der Rathauschef ans Landratsamt Rosenheim hat.
Bruckmühl – Vor allem für die Wintermonate hatten Experten vor möglichen Blackouts gewarnt. Bislang sind diese jedoch ausgeblieben. Auch Richard Richter, Bürgermeister der Marktgemeinde Bruckmühl, hält die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts für gering, betont aber auch: „Die Wahrscheinlichkeit einer Katastrophe ist vielleicht nicht groß, jedoch groß genug, um sich darüber im Voraus Gedanken zu machen.“ Was die Marktgemeinde seinen Aussagen nach getan hat – und immer noch tut.
Welche Vorsichtsmaßnahmen die Kommune in den vergangenen Wochen getroffen hat, wieso die Notstromversorgung derzeit noch auf wackligen Beinen stünde und was er sich in puncto Blackout-Vorsorge seitens des Landratsamtes Rosenheim wünscht, hat Richter im Interview mit den OVB-Heimatzeitungen verraten.
Im Zuge des Ukraine-Kriegs und der daraus resultierenden Energiekrise war im Herbst auch die Angst vor länger andauernden Blackouts, vor allem in den Wintermonaten, gestiegen. Wie schätzen Sie die Gefahrenlage aktuell ein?
Richard Richter: Wir halten die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts für gering. Dennoch ist es wichtig, dass die Bundesregierung und die Energieversorger sicherstellen, das Energieversorgungssystem stabil und widerstandsfähig zu halten, um mögliche Ausfälle zu verhindern. Wir als Marktgemeinde versuchen dennoch für den Fall der Fälle mit einer durchdachten Blackoutplanung gerüstet zu sein um die Folgen für unsere Bürgerinnen und Bürger abzumildern.
Die Kommune hat sich in den vergangenen Monaten intensiv mit dem Thema befasst. Wie ist Bruckmühl Ihrer Einschätzung nach im Falle eines Blackouts aufgestellt?
Richter: Der Krisenstab trifft sich regelmäßig, um Vorsorgethemen zu besprechen. Die wichtigste Ressource, die bei einem länger andauernden Schadenereignis benötigt wird, ist die Versorgung mit Wasser. Dieser Bereich und Eventualitäten werden durchgesprochen und Abläufe eruiert. Die Einrichtung eines Krisenstabes ist vorgesehen, der im Bedarfsfall zusammentritt. Es ist geplant, Wärmestuben anzubieten, an denen Informationen aufgrund eines vermutlich nicht funktionierenden Kommunikationsnetzes eingeholt werden können.
Welche Schwachstellen gibt es noch, die beseitigt werden sollten?
Richter: Die Notstromversorgung kann noch nicht an allen gewünschten Punkten sichergestellt werden. Dies hängt damit zusammen, dass die bestellten Aggregate Lieferzeiten von bis zu sechs Monaten haben und manche Einspeisepunkte technisch noch nicht vollständig funktionsfähig sind.
Gibt es eine Zusammenarbeit mit dem Landkreis sowie anderen Kommunen? Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit?
Richter: Der Landkreis Rosenheim stellt den Kommunen in einer Cloud umfangreiches Infomaterial zur Verfügung. Für die Planungen vor Ort sind diese dann selbst verantwortlich. Jede Kommune hat natürlich seine Eigenheiten. Dennoch würden wir uns eine umfangreichere Koordinierung durch den Landkreis wünschen, damit die Grundzüge der Blackoutplanungen in allen Kommunen die gleichen sind. Mit den Nachbarkommunen erfolgte eine Abstimmung beim Infoflyer.
Was würde ein länger anhaltender Stromausfall für die Bürger der Gemeinde bedeuten? Ab welchem Zeitraum würde es kritisch?
Richter: Die Auswirkungen sind vielfältig. Die nicht mehr funktionierende Beleuchtung sowie Kühl- und Gefrierschränke sind dabei vermutlich die geringeren Probleme. Eine Kommunikation über Telefon, Handy, Internet wird nicht mehr möglich sein. Ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen, die auf elektrische Geräte oder medizinische Geräte angewiesen sind, werden große Probleme bekommen. Rettungsdienste können nicht mehr ohne Weiteres verständigt werden. Einrichtungen wie beispielsweise Altenheime und Krankenhäuser, die auf elektrische Geräte und Beleuchtung angewiesen sind, um Patienten zu versorgen, müssen eigene Konzepte erstellen. Sprechen wir tatsächlich von einem längeren Ausfall, wird auch die Versorgung mit Lebensmittel, Medikamenten, Treibstoff und so weiter in Bruckmühl eventuell nicht mehr möglich sein. Ab einem Stromausfall von länger als vier Stunden müssen wir als Marktgemeinde reagieren, den Krisenstab einrichten und Notunterkünfte vorbereiten.
Was können die Bürger selbst in puncto Vorsorge tun?
Richter: Alle Bürger müssen für sich selbst einschätzen, wie hoch sie das Risiko eines Blackouts halten und die daraus erforderlichen Schlüsse ziehen. Auf der Internetseite des Marktes Bruckmühl sind im Bereich Katastrophenschutz interessante Links zur Information zu finden. Wir empfehlen den „Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen“ des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Wir als Marktgemeinde können die Wasser- und Abwasserversorgung außerhalb der Wohngebäude sicherstellen. Zudem werden wir Wärmestuben einrichten und mit dem Landkreis Rosenheim eine Informationskette für Notfälle aufbauen. Für alles Weitere müssen unsere Bürgerinnen und Bürger Eigenvorsorge betreiben.
Die Regierung schaltet TV-Anzeigen, die Marktgemeinde hat einen Flyer „Hilfe zur Selbsthilfe“ herausgegeben: Übertriebe Panikmache oder sinnvolle Bürgerinformation?
Richter: Panikmache ist sicherlich nicht das Ziel dieser Informationen. Es soll das Bewusstsein geschaffen werden, dass die Kommunen im Katastrophenfall die Versorgung jedes Einzelnen nicht gewährleisten können und jeder für sich Eigenverantwortung übernehmen muss. Auch bei anderen Katastrophenfällen wie beispielsweise einem Hochwasser ist jeder für den Schutz seines Hab und Guts selbst verantwortlich. Wir als Kommune können bei Hochwasserereignissen Evakuierungen organisieren und Notunterkünfte bereitstellen. Die Wahrscheinlichkeit einer Katastrophe ist vielleicht nicht groß, jedoch groß genug, um sich darüber im Voraus Gedanken zu machen.
Im Flyer der Marktgemeinde wird auch auf die E-Mail-Adresse katastrophenschutz@bruckmuehl.de verwiesen. Sind dort bereits E-Mails eingegangen?
Richter: Bisher ist diese Presseanfrage die einzige E-Mail, welche uns unter dieser E-Mail-Adresse erreicht hat.