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Nach 1,5 Jahren keine Lösung in Bruckmühl in Sicht?

Flüchtlingsunterkunft statt Sporthalle: Jetzt platzt entsetzten Eltern und der Schule der Kragen

Landkreis-Flüchtlingsunterkunft auf lange Sicht: Das Bruckmühler Gymnasium muss weiterhin auf seine Sporthalle verzichten.
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Landkreis-Flüchtlingsunterkunft auf lange Sicht: Das Bruckmühler Gymnasium muss weiterhin auf seine Sporthalle verzichten. Direktor Walter Baier vermisst hier die Solidarität im Landkreis. Landrat Otto Lederer bekundet Verständnis, hat aber aktuell keine Lösung für das Problem. 

Am Gymnasium Bruckmühl ist weiterhin kein Sportunterricht in der Turnhalle möglich. Seit rund eineinhalb Jahren ist sie wieder mit Flüchtlingen belegt – auf unabsehbare Zeit. Jetzt fallen auch noch bislang genutzte Ausweichsportstätten weg.

Bruckmühl – „Das Schlimmste an der Situation ist die Aussichtslosigkeit“, sagt Walter Baier, Direktor des Gymnasiums Bruckmühl. Seine Schule geht nun ins zweite Jahr ohne die Möglichkeit zum Schulsport in der Turnhalle. „Und wir haben keinerlei Perspektive, wie es weitergehen soll.“ Denn die kalte Jahreszeit steht bevor und das bedeutet das Ende des Schulsportunterrichts im Freien, den man in den warmen Monaten durchgehend abgehalten hatte.

Ausweichmöglichkeiten fallen weg

Hinzu komme, dass Ausweichmöglichkeiten, die man im vergangenen Schuljahr hatte nun wegfallen, da sie anderweitig benötigt werden. Diese habe man sich ohnehin selbst zusammensuchen müssen, beispielsweise Zeitfenster in anderen Hallen der Gemeinde oder stundenweise angemietete Räumlichkeiten in Taekwondo- oder Fitnessstudios. Dazu seien stets Bustransfers erforderlich gewesen, auf die man aber in diesem Schuljahr auch nicht mehr zurückgreifen könne: „Die Busunternehmen wären zwar bereit, doch es fehlt an Personal, das diese Fahrten durchführen könnte“, so Baier.

Wir mögen nicht mehr. Die Leute sollen sehen, was Sache ist.“

Direktor Walter Baier

Bei allem sei man auf sich allein gestellt, mittlerweile scheine es überhaupt keine Solidarität mehr zu geben. Nun werde der Sportunterricht in der kalten Jahreszeit für zwei Drittel der 775 Gymnasiasten ersatzlos ausfallen. Lange habe man sich im Stillschweigen geübt. Aber nun sagt auch der Schulleiter: „Wir mögen nicht mehr. Die Leute sollen sehen, was Sache ist.“

Konkret heißt das, dass in der gemeindlichen Real- und Holnstainer-Grundschule zwar noch einige Stunden für den Sport der Unterstufe zur Verfügung stünden – „doch bei weitem nicht in dem Umfang, in dem wir es uns gewünscht hätten“. Die Oberstufenschüler, für die das Fach Sport abiturrelevant sei, könnten in die Nachbargemeinde Feldkirchen-Westerham ausweichen.

Die Sportlehrer würden alle andern Schüler stattdessen in ihren anderen Fächern wie Mathematik, Deutsch oder Englisch unterrichten, während Randstunden entfallen, so Baier weiter. Er klingt resigniert: „Wir leben seit Jahren mit der Sportlosigkeit.“ Bereits bei der ersten Flüchtlingswelle ab 2015 sei die Turnhalle des Landkreises Erstaufnahmestation gewesen. Als sich diese Lage entzerrt habe, sei der Sportunterricht nicht lange danach dem Corona-Lockdown zum Opfer gefallen. Und kaum schien in der Folge so etwas wie Normalität eingekehrt, wurden mit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine erneut Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge benötigt. Ende März 2022 zogen die ersten dort ein.

Freiwerdende Plätze gleich wieder belegt

Es sollte nur vorübergehend sein, hieß es damals, denn Ziel sei es die Flüchtlinge schnellstmöglich in Wohnungen oder andere Unterkünfte zu verlegen. Dies geschehe auch, so Baier. Allerdings: Sobald Flüchtlinge aus der Halle verlegt würden, würden die Plätze mit neu ankommenden Menschen besetzt.

Vor den Sommerferien habe man Landrat Otto Lederer und die Bruckmühler Bürgermeister eingeladen, um die Nöte zu schildern und über Lösungen zu sprechen. „Es ist auch nicht so, dass sie die Situation nicht sehen würden. Aber der Landkreis bekommt keine anderen Räumlichkeiten. Die Gemeinden bieten nichts an. Jeder schiebt es auf den anderen“, stellt der Schulleiter fest.

Und doch habe man bis zuletzt in der Tat die Hoffnung gehabt, die Sporthalle ab diesem Schuljahr wieder nutzen zu können, gesteht Baier. Aber das sei nun in weite Ferne gerückt. Die Halle habe mittlerweile sogar eine eigene Hausnummer. „Solange sie Erstaufnahmestelle ist, werden wir sie nicht wieder bekommen“, befürchtet der Direktor. Und mehr noch: Langsam könne dieser Zustand als normal angesehen werden.

Landrat versichert: „Geben unser Bestes“

Auf OVB-Anfrage versichert Landrat Otto Lederer: „Wir geben unser Bestes, diese Situation im Rahmen unserer Möglichkeiten zu ändern. Aus diesen Gründen sind wir dauerhaft auf der Suche nach geeigneten Unterkünften oder Grundstücken, die sich für die Unterbringung von Geflüchteten eignen. Hierzu haben wir mehrfach aufgerufen, der Behörde entsprechende Angebote zu melden. Man merkt deutlich, dass im Sommer die Angebote, insbesondere bezüglich größerer Objekte, zurückgegangen sind.“

Elternbeirat spricht von Entsetzen

In einem Brief an Landrat Otto Lederer und zahlreiche weitere politische Mandatsträger der Region spricht der Elternbeirat von seinem „Entsetzen“, das sich bei der letzten Sitzung breit gemacht habe, als man erfahren habe, „dass das Landratsamt die gegebene Hoffnung nicht halten kann und unsere Turnhalle bis auf weiteres (auf Jahre hin) belegt sein wird“. In dem Schreiben werden die Elternvertreter deutlich: „Dies können wir so nicht mehr hinnehmen. Wir spüren immer mehr den Unmut der Eltern, was sich in Beschwerden an uns und die Schule niederschlägt. Es kann nicht angehen, dass immer nur das Gymnasium Bruckmühl hier zu kurz kommt und alle anderen Hallen im Landkreis frei bleiben.“ 

Alle 180 Betten sind belegt

Dabei betonen Baier und Vertreter des Elternbeirats, dass sich ihr Protest auf gar keinen Fall gegen Geflüchtete richte. „Sie können auch nichts dafür.“ Auch sehe man, dass das Landratsamt regelmäßig Flüchtlinge zugewiesen bekommt, die irgendwo untergebracht werden müssen. Dass es hier neben der Sporthalle des Raublinger Gymnasiums nur noch die Halle in Bruckmühl treffe, während alle anderen offen bleiben oder wie die Landkreis-Halle in Prien wieder freigegeben werden, sorge für Unmut. Die 180 Betten in der Bruckmühler Halle seien komplett belegt.

Direktor schildert Lage als relativ ruhig

Aktuell wohnten dort Familien etwa aus der Ukraine zusammen mit jungen Männern aus Syrien und Afrika. „Mich wundert es, dass es dabei so ruhig ist“, sagt Baier, der sich an ganz andere Verhältnisse zu Zeiten der ersten Flüchtlingswelle erinnert. Im Gegensatz zu damals komme es längst nicht mehr zu täglichen Vorkommnissen, deretwegen man die Polizei rufen sollte.

Zwar gebe es Probleme – die Security kümmere sich nicht immer, dass Regeln eingehalten werden, die das Schulgelände betreffen, Flüchtlingskinder radelten zwischen parkenden Autos hindurch und Ähnliches –, aber im Großen und Ganzen existieren beide Einrichtungen nebeneinander ohne größere Konflikte. Doch unterm Strich gehe es der Schule und dem Elternbeirat darum, endlich wieder Schulsport anbieten zu können. Und hierbei, so wiederholen sie, vermisse man Solidarität auf ganzer Linie.

Auch wir sind mit der Situation mehr als unzufrieden.  Auch die landkreiseigenen Sporthallen wurden nicht mit dem Gedanken errichtet, sie als Unterkünfte für Flüchtlinge zu nutzen.

Landrat Otto Lederer

Lederer versichert, die Sorgen und Nöte der Eltern sehr ernst zu nehmen. Ihm sei bewusst, dass die Belegung der Turnhallen eine große Belastung für den Schul- und Breitensport ist. „Auch wir sind mit der Situation mehr als unzufrieden. Sporthallen wurden gebaut, um Schulen und Vereinen Sportmöglichkeiten zu geben. Auch die landkreiseigenen Sporthallen wurden nicht mit dem Gedanken errichtet, sie als Unterkünfte für Flüchtlinge zu nutzen.“ Tatsache sei aber auch, dass das Landratsamt Rosenheim, wie alle anderen Landkreise und kreisfreien Städte, die ihm zugewiesenen Flüchtlinge unterbringen, versorgen und medizinisch betreuen muss.

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