„Die Sache steht auf Messers Schneide“
Pläne für ein Hospiz - Stefan Schirmer will Kloster Reisach vor Kauf durch Auswärtige retten
Stefan Schirmer befürchtet Schlimmes. Kloster Reisach, so ahnt er, könnte am Ende verscherbelt werden. „Die Sache steht auf Messers Schneide“, sagt der Ingenieur aus Kiefersfelden. Er will Mitstreiter mobilisieren und das Kloster retten.
Oberaudorf – Kürzlich wurde dort gedreht, für die Aufnahmen zu einem „Tatort“ kehrte für kurze Zeit das Leben in die Mauern von Kloster Reisach (Gemeinde Oberaudorf) zurück. Für die Vereine der Gegend aber ist das Gebäude seit einem Gutachten des Staatlichen Bauamts Rosenheim unter anderem wegen Einsturzgefahr gesperrt. Dass die einen dürfen, was den anderen verwehrt wird, hat die Gemüter bereits erhitzt.
Mitbeschützer mobilisieren
Er möchte einen Impuls setzen, zur Rettung des Klosters. Oder vielmehr seiner Seele. Dafür hat er auch eine Homepage gestartet: www.kloster-reisach.com. Schirmer will übers Internet informieren und mobilisieren. Und ausloten, ob sich die Klosterretter in einem Verein sammeln lassen könnten. Hundert zustimmende Mails habe er in den ersten Tagen erhalten.
Das Kloster Reisach könne in seiner Ausstrahlung fürs Inntal j edenfalls nur erhalten bleiben und fortbestehen, wenn man geistliche und wirtschaftliche oder wissenschaftliche Themen zusammenspanne, sagt Schirmer. „Im Kloster Reisach ist Platz dafür vorhanden.“ Außerdem will er erreichen, dass die Bürger und die Vereine in die Nutzung des Gebäudekomplexes eingebunden werden.
Vereine miteinbinden
Als potenziellen Mieter hinter Klostermauern bringt Schirmer ein „Zukunftslabor für die Forschung zu grünem Wasserstoff“ ins Spiel. Dazu habe er Mitstreiter ins Boot geholt, erzählt Schirmer, für den nachhaltigen Energieträger habe man beim Bundesministerium für Forschung Förderung beantragt. Schirmer rechnet mit „drei bis fünf Millionen Euro“. Allerdings: Vom Bundesministerium gab es auf Anfragen der OVB-Heimatzeitungen noch keine Bestätigung.
Gespräche mit den Patres laufen schon
Noch gewagter klingt ein anderer Punkt im Klosterretter-Plan. Auch Patres der Karmeliten sollen wieder einziehen, sagt er, als Seelsorger für ein Hospiz. Pläne für ein Hospiz im Kloster wurden bereits vor einigen Jahren gewälzt, zur Reife gelangten sie nie. Nun möchte Schirmer einen neuen Anlauf anregen. Denn der Bedarf sei da. Und: „Gespräche mit Ordensmitgliedern laufen schon.“ Seinerzeit waren die Karmeliten auch deswegen in ihre polnische Heimat zurückgekehrt, weil aus Deutschland keine jungen Brüder nachkamen.
Wer das Sagen hat, wenn es um das vor gut zwei Jahren von den Karmeliten aufgegebene Konvent geht, ist noch immer nicht abschließend zu klären. Dem Titel nach ist noch das Kultusministerium zuständig. Das Kulturministerium verweist aber auf das Staatliche Bauamt Rosenheim – es habe Nutzungen zu genehmigen.
Baumamt befasst sich mit Koster
Das Bauamt befasst sich tatsächlich mit dem Kloster. Es will demnächst ein Gerüst in der Kirche aufbauen lassen, als Notsicherung für das einsturzgefährdete Deckengewölbe der Kirche. Ob und wann das marode Kirchengebäude wie auch andere sanierungsbedürftige Teile des Klosters dann aber von Grund auf überholt werden, ist dagegen wohl nicht abzusehen. Aber auch eine Nutzung seitens der Gemeinde Oberaudorf scheint noch nicht ausgeschlossen. Man erarbeite derzeit einen Vertragsentwurf, könne sich aber zu Details nicht äußern. So hieß es zuletzt aus dem Staatlichen Bauamt.
Stefan Schirmer setzt derweil lieber auf seinen Klosterretter-Plan. Und scheint damit nicht falsch zu liegen.
Orden gab Nutzzugsrecht auf
Denn nachdem der Orden sein Nutzungsrecht aufgegeben hat, geht die Liegenschaft vom Geschäftsbereich des Kultusministeriums demnächst in das „allgemeine Grundvermögen“ in der Zuständigkeit der „Immobilien Freistaat Bayern“ über. So heißt es in einer Antwort des Kultusministeriums auf eine Anfrage der OVB-Heimatzeitungen. Dann könnte, vorausgesetzt, dass nicht noch eine Einrichtung des Freistaats Bedarf anmeldet, Kloster Reisach bald als Online-Immobilienangebot des Staatsbetriebs zu finden sein. „Ob dann ein Russe, ein Chinese oder ein Pandemiegewinner das Kloster kauft, und was dann mit dem Kloster passiert, ist fraglich“, meint Stefan Schirmer.
Ob aber Gemeinde und Bürger die millionenschwere Sanierung schultern können und wollen? Schirmer scheint sich am Titel des besagten „Tatort“ zu orientieren, der im Frühjahr ausgestrahlt werden soll: „Wunder gibt es immer wieder.“