Das kleinere Übel gewählt
Fall vor Gericht: Beging ein Polizist aus Rosenheim Geheimnisverrat?
Was darf ein Polizist Unbeteiligten über eine laufende Ermittlung verraten? Wo beginnt der sogenannte Geheimnisverrat? Ein 31-jähriger Beamter musste sich deswegen vor Gericht verantworten. Er wählte das für ihn kleinere Übel.
Rosenheim – Am 6. Juli 2021 wurde eine Polizeistreife zu einem Vorfall an der Brixstraße gerufen. Dort soll es eine Unfallflucht mit zwei Schadensfällen gegeben haben. Das war den Beamten zunächst jedoch nicht klar, weil alle Beteiligten, auch der Schadensverursacher vor Ort waren. Insoweit beschränkten sich die Polizisten damals darauf, die entstandenen Schäden aufzunehmen.
Darüber echauffierte sich einer der Geschädigten derart, dass er den Verursacher verbal gröblich beleidigte – woraufhin ihn der Beamte auf die Strafbarkeit seines Verhaltens hinwies. Der schließlich jedoch feststellte, dass der Verursacher tatsächlich den Unfallort verlassen hatte, aber zwischenzeitig zurückgekehrt war. Dies wurde schließlich auch so protokolliert.
Wie weit geht das Dienstgeheimnis?
Von der Staatsanwaltschaft wurde dem 31-jährigen Beamten vorgeworfen, dass er einem Dritten, Unbeteiligten, über den Vorfall und entsprechenden Sachverhalt berichtet habe, als dieser ihn danach befragte. Angeblich war dies ein Verwandter eines der Geschädigten gewesen. Weil dies als ein Dienstgeheimnis gelten musste, handelte es sich dabei um einen Geheimnisverrat nach § 353b Strafgesetzbuch. Entsprechend erging ein Strafbefehl, gegen den der Beamte Einspruch einlegte.
Vor Gericht bestritt der Polizist zunächst derlei Informationen weitergegeben zu haben. Allerdings machte die Vorsitzende Richterin Dr. Huber darauf aufmerksam, dass ihr beim Aktenstudium ein weiterer Vorwurf möglich erschien. Nach den vorliegenden Unterlagen habe der Angeklagte auch die Klage wegen der Beleidigung verspätet festgestellt, so dass sich auch die Möglichkeit einer Strafvereitelung im Amt prüfen lasse.
Rechtskräftiges Urteil
Daraufhin bat der Verteidiger, Rechtsanwalt Harald Baumgärtl, um eine Unterbrechung, weil aus seiner Sicht eine Beratung mit seinem Mandanten von Nöten war. Im Anschluss beantragte er ein Rechtsgespräch, im Zuge dessen er eine Verständigung bei diesem Verfahren anstrebte. Weil jedoch die Staatsanwaltschaft nicht bereit war, einer Einstellung nach § 153 a der Strafprozessordnung zuzustimmen, und eine weitere Verfolgung möglicher Vorwürfe nur im Zuge eines „Strafverbrauchs“ bei einer Verurteilung gemäß dem Strafbefehl zu verhindern war, zog der Beamte auf den Rat seines Verteidigers den Einspruch zurück. Die Staatsanwaltschaft stimmte zu und somit wurde der ursprünglich ergangene Strafbefehl über eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen rechtskräftig. Nun hat er damit auch noch eine Reaktion der Dienstaufsicht zu erwarten.