„Eine so reiche Gemeinde sollte sich das leisten“
Tarife steigen, Bedarf wächst – Muss Bad Aibling beim Behinderten- und Seniorentaxi sparen?
Die Stadt Bad Aibling will weiter an vergünstigten Taxifahrten für Senioren und Menschen mit Behinderung festhalten. Doch die Preise sind tarifbedingt gestiegen. Ändert sich deshalb etwas für die Fahrgäste und wer soll für die Mehrkosten aufkommen?
Die Stadt Bad Aibling will auch in Zukunft an vergünstigten Taxifahrten für Senioren und Menschen mit Behinderung festhalten. „Wir wollen die Konditionen zum aktuellen Zeitpunkt nicht ändern“, sagt Bad Aiblings Bürgermeister Stephan Schlier (CSU). Das Behinderten- und Seniorentaxi soll damit auch im neuen Jahr in Bad Aibling angeboten werden. Und das obwohl sich die Fahrtpreise erhöht haben. Doch hat das finanzielle Auswirkungen auf die Fahrgäste?
Klar ist: Benutzen können das Seniorentaxi Aiblinger Bürger ab dem 70. Lebensjahr sowie Schwerbehinderte gegen Vorlage des Ausweises mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 (und den Merkzeichen „aG“ – außergewöhnlich gehbehindert –, H – hilflos – und Bl – blind). Das Seniorentaxi kann bis zu achtmal im Monat innerhalb des Stadtgebietes genutzt werden. Der Eigenanteil des Fahrpreises beträgt jeweils vier Euro pro Fahrt. Entsprechende Berechtigungsscheine gibt es beim Sozialamt der Stadt.
Ändert sich nun etwas für berechtigte Fahrgäste in Bad Aibling?
Diese teilt nun mit, dass sich die Kosten pro Fahrt seit Juni erhöht hätten. Im Innenbereich von 9,50 Euro auf 12,50 Euro, im Außenbereich von 14,50 Euro auf 18,50 Euro. „Die Kosten haben sich erhöht, aber das hat noch keine Auswirkungen auf die Fahrgäste“, sagt Schlier. Demnach müsse die Stadt nun die Mehrkosten tragen. Der Bürgermeister stellt klar, dass die Erhöhung nicht auf das Taxiunternehmen Wendelstein zurückzuführen sei. Vielmehr sei man von der Erhöhung der Taxitarifforderung betroffen.
Doch die Stadt will diese Kostensteigerungen nicht zum Nachteil für die berechtigten Bürger werden lassen, wie Schlier in der jüngsten Sitzung des Aiblinger Sozialausschusses deutlich machte. Das Behinderten- und Seniorentaxi soll also auch 2023 in Bad Aibling angeboten werden – mit für die Fahrgäste gewohnten Konditionen. Dafür sollen im Haushalt 2023 von der Stadtkämmerei 60.000 Euro eingeplant werden.
Trotz Taxi-Angebot: Mangelndes ÖPNV-Angebot in der Stadt
„Ich finde das sehr gut“, lobt ÜWG-Stadtrat und Seniorenbeauftragter Dieter Bräunlich. Dabei verwies er auch auf die Tatsache, dass der eingeplante Kostenrahmen in den vergangenen Jahren nie überschritten wurde. „Die jetzige Erhöhung von rund 30 Prozent ist zwar viel, aber das gibt die Tariferhöhung nun mal her“, so Bräunlich. Besonders positiv hebt er hervor, dass der Eigenanteil für den Bürger von vier Euro nicht erhöht werde. „Andere Gemeinden lassen ihren Eigenanteil von fünf auf zehn Euro ansteigen, ich finde das unmöglich.“
Dem stimmt auch Grünen-Stadträtin Irene Durukan zu. „Es muss machbar und bezahlbar für Senioren bleiben“, sagt sie. Dabei nutz Durukan jedoch auch die Gelegenheit, um auf das generell mangelhafte ÖPNV-Angebot in der Stadt hinzuweisen. Bürgermeister Schlier betonte in diesem Zusammenhang, dass sich der Stadtentwicklungsausschuss noch damit beschäftigen werde. „Die Rückmeldungen zu dem vorgestellten On Demand-System fallen bislang allerdings sehr zurückhaltend aus“, so Schlier. Gemeint ist ein bereits im März seitens der Stadtverwaltung vorgestelltes Rufbussystem, über das Busse entweder per App oder telefonisch bei Bedarf angefordert werden könnten.
„Eine so reiche Gemeinde wie Bad Aibling sollte sich das leisten“
Indes lobt Thomas Höllmüller (CSU) die Weiterführung des Behinderten- und Seniorentaxis. „Eine so reiche Gemeinde wie Bad Aibling sollte sich das leisten.“ Petra Keitz-Dimpflmeier (SPD) macht deutlich, dass der Eigenanteil bei Hin- und Rückfahrten „ja auch nicht wenig“ sei. Derzeit hat das Aiblinger Angebot keine einkommensabhängige Beschränkung. „Kann man das Angebot nicht nicht an die Einkommensverhältnisse koppeln?“, fragt Keitz-Dimpflmeier. So würde der Kreis der Berechtigten eingeschränkt und Menschen mit geringeren Einkommen könnten mehr fahren. Denn, so die SPD-Stadträtin: „Mobilität bedeutet auch Teilhabe.“
Dass das Angebot nicht für die Menschen gedacht ist, die nicht bedürftig sind, bestätigt Bürgermeister Schlier. Ein Problem sieht er jedoch in der Umsetzung eines einkommensabhängigen Angebots. Denn zum einen müsste man hierfür erstmal an die Einkommensdaten gelangen. Zum anderen seien dafür auch viele weitere Faktoren zu berücksichtigen, etwa die Mietkosten, so Schlier. Die Verwaltung gibt zudem zu Bedenken, dass es sicher zahlreiche Rentner gebe, die aus Stolz keine Sozialhilfe beantragen und dadurch aus dem Raster fallen würden. Und das obwohl der Bedarf vorhanden wäre.
Dem erneuten Angebot des Behinderten- und Seniorentaxis im kommenden Jahr stimmte das Gremium des Sozialausschusses letztlich mit 9:0 Stimmen zu.
