Im Aiblinger Zentrum wird‘s eng
Außengastro auf Parkplätzen an der Kirchzeile? Jetzt prallen die Interessen richtig aufeinander
Wird es bald noch enger in der Kirchzeile? Durch die Großbaustellen „Lichtspielhaus“ und „Am Mühlbach“ fehlen dort aktuell 68 Parkplätze. Mit Start der Außengastronomie könnten weitere 9 wegfallen. Jetzt prallen die Interessen der Einzelhändler, Gastronomen und Anwohner richtig aufeinander.
Bad Aibling – Das italienisch anmutende Flair der Kirchzeile hat im Sommer für viele Einheimische und Besucher einen ganz besonderen Reiz, nicht zuletzt durch die Außenbestuhlung der dortigen Gastronomie und das rege Treiben. Kann das heuer so bleiben? Eine Frage, die der Hauptverwaltungsausschuss in seiner jüngsten Sitzung nicht beantworten wollte und die er deswegen ohne Beschlussempfehlung zur Entscheidung an den Stadtrat gab. Dieser berät darüber am kommenden Donnerstag (27. April).
Konkret geht es dabei um die Genehmigung einer Sondernutzung für jene Lokale, die vor ihrer Tür nicht ausreichend Platz für Bestuhlung haben und deswegen auf den angrenzenden öffentlichen Straßenparkplätzen ihre „Terrassen“ errichten wollen. Ein Vorgehen, das die Stadt in der Regel zwischen 1. März und 31. Oktober ermöglicht.
Eine Grundsatzentscheidung muss her
Allerdings würden dadurch laut städtischem Ordnungsamt die aktuell neun noch nutzbaren Parkplätze entlang der Kirchzeile wegfallen. Hier steht die Stadt nun vor einer Grundsatzentscheidung: Sondernutzung für die Gastronomie genehmigen und auf Parkplätze verzichten oder aber die Sondernutzung zu untersagen und Parken weiterhin ermöglichen.
Das Problem heuer: Durch die Großbaustellen „Lichtspielhaus“ und „Am Mühlbach“ stehen aktuell 68 öffentliche Stellplätze weniger zur Verfügung als sonst. Hier schlagen vor allem die 38 weggefallenen Stellplätze in der sogenannte Sparkassentiefgarage sowie 24 weitere hinter der Sparkasse zu Buche. Durch die derzeit zudem erforderliche Verschwenkung der Fahrbahn fehlen letztlich auch noch sechs Stellplätze in der Kirchzeile selbst.
Durch eine Sondernutzung vor der Trattoria „Italian Drink & Food“, dem Restaurant „GenussArt“ und dem Eiscafé Toscani würden laut Stadtverwaltung die restlichen Stellplätze (außer vor der Metzgerei Hausberger) auch noch wegfallen. Laut Rudi Gebhart (ÜWG) wäre das „für viele Leute eine Katastrophe“, die ihre regelmäßigen Besorgungen bei Bäcker, Apotheke oder den anderen Geschäfte machten.
„Situation ist nicht ungefährlich“
Belebt sei die Kirchzeile auch ohne die Sondernutzung, so der ÜWG-Rat weiter. „Ich muss als Stadt doch meine eigenen Leute schützen“, forderte er. Und wies darauf hin: „Da donnern einem die schweren Lkw unmittelbar am Kopf vorbei, wenn man so nah an der Fahrbahn sitzt. Ungefährlich ist diese Situation nicht. Deshalb plädiere ich klar für die Stellplätze.“
„Die Baustelle wird sich hinziehen. Da wird die Gastro dauerhaft einbrechen, wenn sich das Draußensitzen verliert.
Verstehen könne sie das, erklärte Martina Thalmayr (Grüne). Ihre Befürchtung jedoch: „Die Baustelle wird sich hinziehen. Da wird die Gastro dauerhaft einbrechen, wenn sich das Draußensitzen verliert. Was wir viel dringender bräuchten, ist eine Ausschilderung, die die Besucher der Stadt auf nächstgelegene Parkplätze hinweist. Ein Heftl, in dem das alles aufgezeichnet ist, hilft da nichts“, monierte sie und forderte ein Parkleitsystem für die Stadt. Das würde auch den Einzelhändlern entgegenkommen.
Anwohner protestieren
In einem Brief an die Stadt macht sich eine Reihe von Anwohnern der Kirchzeile Luft, darunter eine Hausgemeinschaft und etliche Geschäftsinhaber. Man sei ohnehin schon schwer geplagt durch den Verkehr, den Dreck und die Lautstärke durch die Fahrzeuge, aber auch laute Gäste der Lokale im Freien sowie die „Freizügigkeit“ bei den Öffnungszeiten. Dass nun auch noch die Anzahl der Sitzplätze im Freien erhöht werde, erhitzt die Gemüter der Unterzeichner.
„Durch die Baustelle im Hof von unseren ehemaligen Garagen und Stellplätzen verloren wir die Möglichkeit, unsere Autos zu parken. Auf unsere Einwände im Rathaus hieß es nur, wir bekommen keinen Ersatz zugewiesen. Wir haben infolgedessen jeden Tag großen Zeitverlust und Ärger, da wir Parkplätze finden müssen, da wir jetzt ja auch in Konkurrenz zum Geschäftsverkehr in der Kirchzeile stehen“, heißt es in dem Schreiben. Hier erklärte Schlier jedoch, dass es keinen Rechtsanspruch auf den Ersatz von privaten Parkfläche durch die Stadt gebe, wenn diese durch private Baumaßnahmen wegfielen. Hier müsse der Bauherr für entsprechenden Ersatz sorgen.
Als besonders ungerecht empfinden die Unterzeichner überdies, dass die Caritas eine Genehmigung zum Parken ohne zeitliche Begrenzung erhalten habe. Diese vier Berechtigungen bestehen laut Schlier seit 2019 und bezögen sich ausschließlich auf die Kirchzele 15 und die Hofmühlstraße.
„Mehr Parkplätze brauchen wir nicht. Aber die vorhandenen müssen besser frequentiert sein“, meinte Markus Stigloher (CSU) und sprach sich wie zuvor seine Fraktionskollegin Elisabeth Geßner für eine Beschränkung der Parkdauer aus. SPD-Rat Richard Lechner war der Ansicht, dass die Stellplätze allen Betrieben zugute kämen, die nicht zu den Gastronomen zählten. Schließlich hätten auch diese unter der Pandemie gelitten und vieles aufzuholen.
Aktuell seien nach Genehmigung der Sondernutzung fünf Tische bei der Trattoria aufgebaut. Man rechne aber auch noch mit Anträgen der beiden anderen Lokale im nördlichen Teil der Kirchzeile, hatte Bürgermeister Stephan Schlier eingangs erklärt. Bei den Gastronomiebetrieben weiter südlich sei der Platz ausreichend für die Bestuhlung, wobei Schlier betonte, dass immer gewährleistet sein müsse, dass Fußgänger auch mit Rollator oder Kinderwägen ungehindert passieren können.
Behindertenstellplätze: „Können nicht ersetzt werden“
Zu den Beschwerden, dass in der Kirchzeile die Behindertenparkplätze weggefallen seien, verwies die Verwaltung darauf, dass diese laut Stellplatzsatzung der Stadt Bad Aibling bestimmte Mindestbreiten und -längen erfüllen müssten: Die festgelegte Mindestbreite beträgt bei oberirdischen Stellplätzen 3,50 Meter, die Mindestlänge beträgt 5,50 Meter. „Diese Maße sind leider an keiner Stelle der Kirchzeile umsetzbar. Diese Stellplätze können demnach nicht satzungskonform ersetzt werden“, teilte Bürgermeister Stephan Schlier dem Hauptverwaltungsausschuss mit.
Die Grünen-Rätinnen Katharina Dietel und Irene Durukan hofften auf eine Kompromisslösung. Auch kam der Vorschlag, das Stadtmarketing möge nach einer kreativen Lösung suchen – beispielsweise die Tische eher in der Breite entlang der Gehsteigrands aufstellen anstatt in der Tiefe. „Wenn alle diesen Weg mitgehen, ist das mit Sicherheit möglich“, meinte Ordnungsamtsleiter Martin Haas. Er versucht nun bis zur Stadtratssitzung am 27. April entsprechende Gespräche mit dem Gastronomen zu führen. Elisabeth Geßner bat, die anderen Geschäftsbetreiber ebenfalls mit einzubinden.
„Es gibt sicher keine leichte Lösung. Und wenn, dann würde es Zentimeterarbeit“, meinte Bürgermeister Schlier noch etwas verhalten, war aber ebenfalls dafür, die Rückmeldungen der Beteiligten abzuwarten.
