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Weltfestival der Korbweide und Flechtkunst in Polen

Auf Titelmission: Christine Krabichler aus Thalacker erneut bei Grand Prix der Flechter-Elite

Christine Krabichler aus Thalacker lernte bei einem großen asiatischen Flechtfestival in Sichuan Ding Chunmei von „Bamboo Weaving of Sichuan“ kennen.
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Christine Krabichler aus Thalacker lernte bei einem großen asiatischen Flechtfestival in Sichuan Ding Chunmei von „Bamboo Weaving of Sichuan“ kennen. 

Neuguinea bis Südkorea, Armenien und Kasachstan, Chile bis Burkina Faso und Mauritius: Alle vier Jahre zeigen 120 Künstler beim Weltfestival der Korbweide und Flechtkunst in Polen ihr Können. Heuer zum zweiten Mal dabei: Christine Krabichler aus Bad Aibling, 2019 Siegerin „Traditionelle dekorative Form“.

Bad Aibling – Mit der Popmusik kommt der Flow, und mit ihm die Inspiration. So entstehen unter den Händen von Christine Krabichler aus Thalacker Kunstwerke ganz besonderer Art: „Man denkt dann nicht mehr, sondern es fließt.“ Ob Wandschmuck, Skulpturen, Bilder oder Gebrauchsgegenstände wie Körbe, Schalen und Taschen – alles sind Unikate, alles Eigenproduktion. Von der Ernte der Weiden über das Sortieren und Trocknen bis zum Bearbeiten an der Werkbank in ihrem großen Atelier, von der Idee übers Experimentieren bis zum fertigen Werk – Christine Krabichler geht völlig auf in ihrer großen Leidenschaft, dem Flechten.

Unter den Händen von Christina Krabichler und Ding Chunmei entsteht ein neues Kunstwerk aus Bambus.

Im Moment steht bei ihr alles im Zeichen des bevorstehenden Weltfestivals der Korbweide und Flechtkunst, das alle vier Jahre in Polen stattfindet. Dort tritt Christine Krabichler im Sommer zum zweiten Mal gegen rund 120 weitere Teilnehmer aus aller Herren Länder an. Und zwar mit der Ambition, ihren Siegertitel zu verteidigen, den sie 2019 auf Anhieb errungen hatte.

Ihr vor Ort geflochtener Lampenschirm hatte damals bereits vor der Preisverleihung die Blicke von Teilnehmern und Gästen auf sich gezogen und das Ergebnis der Jury schon etwas ahnen lassen. Dass sie damit den ersten Platz errang, damit hatte sie im Vorfeld nicht gerechnet. „Zunächst habe ich den Sieg überhaupt nicht richtig realisiert.“ Nun aber fährt sie mit dem erklärten Ziel nach Polen, die hochkarätige Jury erneut zu überzeugen und zu gewinnen. Das bedeutet aus den rund 120 Kunstwerken, die vor Ort geschaffen werden, wirklich noch einmal herauszustechen.

Faszinierende Welt in Sichuan

Die halbe Welt hat die Aiblingerin schon bereist, immer mit offenen Augen und großem Wissensdurst, was die Flechtkultur in den jeweiligen Ländern angeht. Zu einem Erlebnis der besonderen Art wurde jüngst ihre Reise durch China: Völlig ungeplant führte sie ihr Weg nach einer 2000 Kilometer langen Zugfahrt zu einem asiatischen Flechtfestival in Sichuan.

Vor der Kamera arbeiteten Christine Krabichler und Ding Chunmei in Sichuan gemeinsam an einem Kunstwerk aus Bambus.

Dort war sie die einzige Europäerin unter zahllosen Einheimischen. Damit zog sie auch das Interesse eines chinesischen Filmteams auf sich. „Sie haben im Internet recherchiert. Als sie herausfanden, dass ich beim Weltfestival in Polen 2019 mit meiner Arbeit den ersten Preis gewonnen hatte, haben sie mich gefragt, ob sie den Film mit dem Titel „Time of Sichuan“ mit mir drehen können.“

Der Beitrag dreht sich um Christine Krabichler und eine chinesische Flechterin, die vor Ort gemeinsam an einem Kunstwerk arbeiten. Und zwar beginnend bei der Bambus-Ernte über die Vorbereitung des Materials bis hin zur Fertigstellung. Besonderer Moment am Ende des Films: Die beiden Frauen tauschen ihre selbst hergestellten, geflochtenen Ringe aus Bambus aus..

Doch nicht nur Film und Fotos erinnern die Aiblingerin an die in jeder Hinsicht bewegende Reise ins Reich der Mitte. Auch unglaublich filigrane Kunstwerke, Geschenke ihrer „Kollegen“, hat sie auf einem ihrer Thementische in ihrem Atelier in Thalacker aufgestellt. Ihr ganzes Zuhause zeugt von der Faszination Flechten.

Von den Werken der chinesischen Bambusflechter nahm Christine Krabichler nicht nur viele Eindrücke, sondern auch einige Geschenke mit nach Hause. 

Eines ihrer jüngsten Werke hat erst vor ein paar Tagen das Haus verlassen. Eigentlich war es für die Wohnzimmerwand gedacht. Doch dann beschloss die Aiblingerin, es als Beitrag für den Wettbewerb beim Weltfestival des Flechtens für die Kategorie „eingesandte Arbeiten“ einzureichen. Ein großformatiges Bild, in dem selbstgeerntete Rindenstücke verschiedener Größen und Farben von verschiedenen Baumarten kunstvoll miteinander verflochten sind und ein faszinierendes Ganzes ergeben. Eingefasst nur in Roheisenwinkel.

„Schon ,Ötzi‘ hat Gefäße aus Birkenrinde benutzt“

Aber bricht Rinde nicht, wenn sie geformt und gebogen wird? Nicht, wenn sie vorher eingeweicht wird und dann wieder trocknet. „Zwar wird sie danach hart, aber auch elastisch“, erklärt die Künstlerin. Bereits vor über 5000 Jahren benutzte „Ötzi“ Birkenrindegefäße für seine Habseligkeiten und man vermutet, auch als Glutbehälter. In Nordrussland und Skandinavien werden Gefäße aus Birkenrinde geflochten, die sogar wasserdicht sind und vielen weiteren Zwecken dienen. „In Nordamerika und Kanada bauen sie aus Birkenbahnen ultraleichte Kanus zum Fischfang“, so Christine Krabichler.

Austausch und voneinander lernen: Für Ding Chunmei und Christine Krabichler war die Begegnung nicht nur aus fachlicher, sondern auch aus kultureller Sicht eine große Bereicherung.

Was sie beim Weltfestival vom 22. bis 27. August in Posen erschaffen wird, weiß die Aiblingerin noch nicht. Vieles komme erst im Tun selber. Dies habe sie auch 2019 erlebt. Denn ursprünglich hatte sie die Gestaltung eines Lebensbaums im Sinn – und erschuf dann den Lampenschirm, mit dem sie nicht nur die Fachwelt begeisterte.

Man kann nichts erzwingen. Ich mach‘ das aus dem Herzen heraus

Christine Krabichler

Sicher ist diesmal nur, dass sie wie damals wieder ihre eigenen Weiden mitnimmt und sich voll und ganz auf das einlässt, was sie vor Ort erwartet. „Man kann nichts erzwingen. Ich mach‘ das aus dem Herzen heraus. Ich bin eine Experimentiererin und bin selbst gespannt, was aus mir raus und gestaltet werden will.“ Die Konkurrenz sei riesig, die Anforderungen hoch. Chancen auf den Sieg haben nur Werke, die außergewöhnlich und sehr genau gearbeitet sind: „Es muss etwas Besonderes sein.“ Die große Gala mit Preisverleihung wird live über Youtube übertragen.

Einzigartige Sammlung von Flechtkunst

Egal ob Sieg oder nicht: Alle Werke, die eingesandt oder vor Ort gefertigt werden, bleiben in Nowy Tomysl. Dort hat Festivalintendant Andrzej Pawlak, der den Wettbewerb ins Leben gerufen, ein großes Museum errichtet: „Eine einzigartige Sammlung von Flechtkunst aus der ganzen Welt, für jedermann zugänglich, nicht nur im kleinen Kammerl zu sehen“, beschreibt Christine Krabichler die außergewöhnliche Schau. Im Gegenzug zur Überlassung der Werke werden den Teilnehmern Übernachtung, Verköstigung und Material kostenlos zur Verfügung gestellt.

Den Bambus, mit dem sie im Anschluss arbeiteten, haben Christina Krabichler und Ding Chunmei in Sichuan zunächst selbst geerntet und für das Flechtwerk vorbereitet.

Neben dem reinen Live-Wettbewerb in fünf Kategorien (Korb, kleine Flechtform, traditionelle dekorative Form, abstrakte dekorative Form, Geflechte aus synthetischem und stark verarbeitetem Material und individuelle Form) nutzen die Teilnehmer das alle vier Jahre stattfindende Festival auch, um aktuelle Designtrends, Techniken und Flechtmaterialien, die in anderen geographischen Breiten verwendet werden, kennen zu lernen.

„Dieser Erfahrungsaustausch führt zur Entdeckung völlig neuer Bereiche des Handwerks, das der Menschheit seit mehreren Jahrtausenden bekannt ist. Auf diese Weise entstehen einzigartige Werke der materiellen Kultur, die als kulturelles Erbe der Menschheit bezeichnet werden können“, so die Veranstalter.

Christine Krabichlers geflochtenes Kunstwerk aus Rinden hat bereits den Weg zum Wettbewerb nach Polen angetreten.

„Fünfte Jahreszeit“ nennen sie inzwischen das Weltfestival der Korbweide und Flechtkultur, das heuer von Nowy Tomyszl nach Posen umzieht und wo ein vielfältiges Rahmenprogramm auf die Beine gestellt wird. Es reicht von offenen Workshops („Flechten kann jeder“), Diskussionen, Spezialvorführungen, Musik und Multimedia-Shows über die Landesausstellungen aus Lichtenfels, Chile, Frankreich und Polen bis hin zur wissenschaftlichen Konferenz „Weide kommt dem Klima und den Menschen zur Hilfe“ sowie Vorführungen aussterbender Berufe.

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