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OVB-Leser zeigen Herz

Antonia lässt die Sonne aufgehen: Warum Mattisburg-Kinder ihre eigene Schule im Haus haben

Frische Luft, Natur, Tiere, Sport: für traumatisierte Kinder wie Antonia Erlebnis und Therapie zugleich.
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Frische Luft, Natur, Tiere, Sport: für traumatisierte Kinder wie Antonia Erlebnis und Therapie zugleich.

Die Gegenwart: Antonia, 9, stottert, ist schmächtig und hat weder Lust auf Schule noch auf Lehrer. Mit dem Lesen und Schreiben tut sie sich ohnehin viel schwerer als gleichaltrige Kinder. Die Vergangenheit: Vernachlässigung, Entwertung, Kinderpornographie, beide Eltern drogenabhängig.

Gstadt am Chiemsee – Wer die schauderhafte Biografie kennt, der kann sie förmlich in den traurigen, großen braunen Augen des Mädchens lesen. Doch wenn Antonia lacht und über das ganze Gesicht strahlt, dann geht die Sonne auf. Was Antonia und ihre zwei älteren Geschwister durchgemacht haben, steckt kein Kind der Welt weg. Alle drei sind in der Obhut der Jugendhilfe, die Eltern ihr Sorgerecht los – Rückkehr ausgeschlossen. Kein Wunder, dass Antonia auch in der Grundschule nicht zurechtkam: Selten da, und wenn doch anwesend, dann nur physisch präsent, geistig abwesend, müde, verweigernd, unruhig, unsicher, unterversorgt.

Besonderes Haus und trostlose Krankenakte

Mattisburgen sind Schutzhäuser für Kinder wie Antonia, die Opfer von sexuellem Missbrauch, Gewalt oder Vernachlässigung geworden sind. Nach Hamburg und Halle an der Saale baut die Stiftung „Ein Platz für Kinder“ in Mitterndorf bei Gstadt jetzt ein drittes, ganz besonderes Haus: Das „Therapeutische Internat Sternstunden Mattisburg Chiemsee“, das von der Weihnachtsaktion „OVB-Leser zeigen Herz“ unterstützt wird, ist Zuhause und Schule in einem. Es verknüpft in deutschlandweit einzigartiger Form Wohnen, Betreuen, Therapie und Unterricht unter einem Dach.

Antonias Krankenakte liest sich trostlos: Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), mit depressiver Symptomatik, Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Lese- und Rechtschreibstörung – und dazu: Ängste, Ängste, Ängste.

Viele Mattisburg-Kinder leiden unter diesen Symptomen, vor allem der Trennungsangst. Sie kreist unterbewusst ums Zuhause, weil sie Angst um Mutter oder Geschwister haben. Bei Antonia ist das genauso.

Die häufigsten Diagnosen bei „Schulverweigerern“ und „Systemsprengern“ wie Antonia sind: Angststörungen, depressive Störungen, Störungen des Sozialverhaltens beziehungsweise Störungen mit oppositionellem Trotzverhalten. „Kinder mit ängstlicher Schulverweigerung haben laut einer Studie ein 14-mal höheres Risiko für Depressionen und eine neunfach erhöhte Belastung mit Trennungsangst“, sagt Cornelia Heß, die das Haus am Chiemsee leiten wird.

Antonia leidet auch an einer sogenannten Teilleistungsstörung. „Dabei hat das Gehirn bestimmte Fähigkeiten nicht entwickelt, welche die Intelligenz nicht beeinträchtigen, aber das Ausführen bestimmter Leistungen“, so Heß. Die bekanntesten Teilleistungsstörungen sind die Lese-Rechtschreibschwäche (Legasthenie) und die Rechenschwäche (Dyskalkulie).

Ein Teufelskreis des Scheiterns

Motorische Unruhe, Unsicherheit, Verhaltens- und Konzentrationsprobleme, Leistungsschwächen – das alles lässt übererregte, traumatisierte Kinder in gewöhnlichen Schulen scheitern. Zudem wissen die Mattisburg-Fachkräfte aus Erfahrung, dass sie wechselnde Betreuungspersonen und unterschiedliche pädagogische Ansätze in Einrichtung und Schule rasch überfordern.

Diesen Teufelskreis soll am Chiemsee ein einheitliches Konzept von Jugendhilfe und Schule durchbrechen. Der Plan: Die zwei Klassen im Erdgeschoss laufen als Außenstelle des Sonderpädagogischen Förderzentrums Prien. Das Ziel: Die Lehrkräfte der Förderschule und die Fachkräfte im Haus sorgen zusammen für ein Maximum an Betreuungskontinuität, Kompetenz und Geborgenheit, multiprofessionelle Fallbesprechungen für bestmögliches schulisches, pädagogisches und therapeutisches Steuern.

Trennungsängste und Bindungsstörungen

Die Mitarbeitenden aus dem pädagogischen Dienst der vier Wohngruppen im Haus werden dabei als „Lernbegleiter“ in den Klassen eingesetzt, die schulischen Themen sind eng mit dem Lebensalltag der Kinder verknüpft: Lernen sie morgens im Matheunterricht Addition, üben sie am Nachmittag beim gemeinsamen Einkauf die praktische Anwendung.

Erst geht es in der Mattisburg aber darum, die Trennungsängste und Bindungsstörungen der Kinder zu erkennen, zu verstehen und behutsam zu behandeln. Traumatherapie, Logopädie, Ergotherapie, tiergestützte Therapie spielen dabei eine große Rolle. Aber auch ein klar strukturierter Tagesablauf, feste Mahlzeiten, routinemäßige Arztbesuche oder frische Luft sind bedeutende Faktoren.

Und Antonia? Sie macht sich, trotz allem, große Sorgen um ihre psychisch kranke Mutter. Wo sie wohl gerade ist? Ob es ihr gut geht? Hat sie jemanden, der sich um sie kümmert? Antonia fasst Vertrauen, wenn sie hört, dass die Fachkräfte auch ihre Mutter in der Familienberatung betreuen, sie sogar zur Entziehungskur überredet haben. Sie muss jetzt nicht mehr auf ihre Mama aufpassen.

Befreit von dieser Last, steckt das Mädchen in der Mattisburg so manchen Buben in die Tasche, beim Rechnen und Tomaten ziehen sowieso, aber auch beim Fußballspielen. Kein Zweifel, dass sie ihr weißblaues Messi-Trikot mit der 10 auf dem Rücken zurecht trägt. Solche Erfolgserlebnisse tun ihr gut – das gilt auch für Therapiehündin Layla. Antonia liebt Hunde, und ihren Tommie, ein Husky-Mischling, musste sie leider zurücklassen.

So wird die Angst immer weniger, das Stottern wird immer weniger, die Tore werden immer mehr, und immer öfter geht die Sonne auf. Höchste Zeit also für einen neuen Mini-Steckbrief: Antonia, 9, Lieblingsfach Mathe, Hobby-Gärtnerin, Sportskanone, pflanzt Geranien mit rechts, schießt mit links, ansteckendes Lachen.

Hintergrund: Kinder in allen Belangen benachteiligt

In der Mattisburg am Chiemsee wird Buben und Mädchen geholfen, die in allen Belangen benachteiligt sind. Zur Traumatisierung und Entwicklungsstörung kommt noch das Schlimmste: die Benachteiligung per se durch die stationäre Jugendhilfe. Aktuell leben in Deutschland etwa 150.000 Kinder und Jugendliche in der stationären Jugendhilfe.

Diese Hilfe endet oft mit der Volljährigkeit. Ein Drittel der jungen Menschen sind weder in der Schule noch haben sie einen Ausbildungsplatz, wenn sie die Jugendhilfe verlassen. Wer die Jugendhilfe verlässt, um ein Studium oder eine Ausbildung zu beginnen, ist auf sich allein gestellt. Dabei können kleine Herausforderungen zu existenziellen Bedrohungen werden. Kinder in intakten Familien werden von ihren Eltern häufig bis 30 unterstützt, weil die Kindheit entwicklungspsychologisch nicht mit 18 endet – die Jugendhilfe jedoch schon.

Spenden und gewinnen

Sie wollen spenden? Die beiden Spendenkonten sind eingerichtet, die Nummern lauten so:

Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling:

IBAN DE75 7115 0000 0000 0787 82;

BIC BYLADEM1ROS

meine Volksbank Raiffeisenbank eG:

IBAN DE78 7116 0000 0008 8499 00;

BIC GENODEF1VRR

OVB-Spendenaktion.

Alle Spender bei „OVB-Leser mit Herz“ können erneut ein nagelneues Auto gewinnen. Den Wagen – ein Mazda 2 im Wert von rund 18.000 Euro – hat erneut City-Autopartner Kolbermoor, ein Unternehmen der Auto-Eder-Gruppe, gestiftet. Der Gewinn wird also nicht mit Spendengeldern finanziert. Jede Spende ab zehn Euro, die bis 6. Januar 2023 auf den Spendenkonten bei der Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling und der meine Volksbank Raiffeisenbank eG eingeht, nimmt automatisch an der Verlosung des Mazda 2 teil. Mitarbeiter der OVB Media und der Auto-Eder-Gruppe sowie deren Angehörige können nicht an der Verlosung teilnehmen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Aus rechtlichen Gründen sind die OVB-Heimatzeitungen verpflichtet, auch Nicht-Spender am Gewinnspiel teilnehmen zu lassen. Diese schicken eine Postkarte mit dem Kennwort „OVB-Weihnachtsaktion“ an die OVB Media.

Die Namen der Spender werden in der gedruckten Tageszeitung veröffentlicht. Wer nicht mit seinem Namen erscheinen möchte, vermerkt dies bei der Überweisung mit dem Zusatz „Anonym“.

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