Nach Attacke des Rosenheimer Fraktionsvorsitzenden Kohlberger
„Alles andere als demokratisch unterwegs“ - Gewerkschaft der Polizei schlägt gegen AfD zurück
Andreas Kohlberger will sich für seine Attacken gegen die Polizei entschuldigen. Der Fraktionsvorsitzende der AfD im Rosenheimer Stadtrat kündigte an, sich spätestens bei der nächsten öffentlichen Sitzung zu seinen umstrittenen Äußerungen zu äußern. Die Gewerkschaft der Polizei reagiert deutlich.
Von Thomas Stöppler
Rosenheim – Lange hin ist es nicht mehr. Am kommenden Dienstag, 15. Februar, tagt der Haupt- und Finanzausschuss des Rosenheimer Stadtrats. Dann soll unter anderem auch über den Missbilligungsantrag gegen Kohlberger (wir berichteten) verhandelt werden und der AfD-Politiker will sich entschuldigen.
In einer Presseerklärung sprach Kohlberger zunächst noch von „rechtswidrigen Vorwürfen, Unterstellungen sowie falschen Behauptungen“. Im Gespräch mit der OVB Heimatzeitung revidierte er seine Einschätzung. In Bezug auf den Facebook Beitrag, indem er unter ein Video von einem Polizeieinsatz schrieb: „Polizeistaat und Polizeigewalt. diese feigen Regierungssöldner trauen sich nur gegen wehrlose Omas. Irgendwann bekommt ihr alles zurück“, sprach er von einer „Überreaktion“. Vergangenen Freitag (4.Februar) bestritt er zunächst, den Beitrag geschrieben zu haben und berief sich später auf "Erinnerungslücken".
Manchmal emotional
Er sei ein Mensch und werde manchmal von Emotionen geleitet, erklärte der Stadtrat. Inhaltlich wollte er sich freilich nicht distanzieren: Zwar machten „die allermeisten Polizisten einen guten Job“, aber auch bei der Polizei gebe es „schwarze Schafe. „Die (Polizisten) wissen ja auch, was für Leute sie in ihren eigenen Reihen haben“, so Kohlberger. Weiter verwies Kohlberger auf Fälle vermeintlicher Polizeigewalt bei Veranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen.
Darunter auch ein Fall aus Rosenheim im März vergangenen Jahres. Dort erlitt eine Frau laut Polizeibericht einen Schwächeanfall, nachdem sie sich geweigert hätte, ihre Identität feststellen zu lassen und einen Beamten mit der Faust ins Gesicht schlug. Laut Kohlberger wäre die 57-Jährige ein Opfer unverhältnismäßiger Gewalt durch die Polizei.
Gewerkschaft der Polizei erwidert Kritik
Peter Pytlik, bayerischer Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), würde die „Schwarzen Schafe“ eher woanders suchen: „Sitzen die in der Reihen der Polizei oder vielmehr in den Reihen der Politik, sprich der AfD?“ Zwar seien auch hier nicht alle AfD-Mitglieder betroffen, aber „diese Partei ist alles andere als demokratisch unterwegs“.
Damit meint Pytlik ganz offensichtlich auch den Rosenheimer Stadtrat: „Und wenn die Aussagen von Herrn Kohlberger so waren, dann sollte er sein politisches Engagement beenden und sich um Dinge zu kümmern, von denen er „wirklich „was versteht“. Insofern begrüßt er auch den Missbilligungsantrag des Stadtrats: „Ich könnte mir vorstellen, dass der Rosenheimer Stadtrat auf solche Stadtratsmitglieder nicht „unbedingt stolz ist."
Der „Böse im Stadtrat“
In Bezug auf sein Posting, die Kelten hätten nach Epidemien ihre Anführer geopfert und man solle mal darüber nachdenken, tue es ihm Leid, wenn das jemand falsch verstanden hätte. Er hätte nicht zu Gewalt aufrufen, sondern lediglich darauf hinweisen wollen, dass Entscheidungsträger in der Politik für Fehler verantwortlich gemacht werden müssten. Dass der demokratische Prozess dafür eine Abwahl und keine rituelle Opferung vorsieht, sei ihm zum Zeitpunkt des Posts gerade nicht eingefallen, rechtfertigte sich der nach eigenen Worten „Demokratieliebhaber“ Kohlberger.
Seine Auftritte bei den sogenannten Spaziergängen und Mahnwachen sieht Kohlberger weiterhin als unproblematisch. „Ich bin da als Privatmann und trage auch kein Schild um den Hals, auf dem Stadtrat steht“, erklärte der 52-Jährige. Auch würden ihn die wenigsten Teilnehmer erkennen. Dagegen sprechen Videos aus den sozialen Medien: Bei einer Demo im Januar gibt er ein Interview und stellt sich vor mit: „Meine Name ist Kohlberger Andreas, (…) nicht nur das: Ich bin auch Fraktionsvorsitzender im Stadtrat. Also quasi der Böse im Stadtrat.“
Auch keine Rückendeckung
Die Trennung zwischen Stadtrat und Privatperson fällt Kohlberger in dieser Hinsicht schwer. Auf seiner offiziellen Facebook-Seite, auf der als AfD-Politiker und Stadtrat auftritt, finden sich von fast jeder der letzten Mahnwachen in Rosenheim und Umgebung selbstgefilmte und mit Off-Text gesprochene Videos.
Der Kreisvorsitzende der AfD Rosenheim, Andreas Winhart, distanziert sich nicht von seinem Stadtrat, gibt ihm aber auch keine Rückendeckung: In Rosenheim „ist mir kein Fall bekannt, wo sich die Polizei falsch verhalten hat“, erklärt er.
Aber: „Wie das in München oder anderen Städten abläuft, sehen wir schon kritisch.“ Der Landtagsabgeordnete kenne den Kontext von Kohlbergers Beitrag zu Polizeigewalt nicht und könne sich daher nicht äußern. Ansonsten seien die Erfahrungen der AfD Rosenheim mit der Polizei auf Veranstaltungen ausgesprochen gut: „Wir sehen gerade in Rosenheim eine sehr kooperative Begleitung der Corona-Proteste durch Polizei und Stadt Rosenheim.“
Die Proteste seien ja auch friedlich. Die jüngsten Zwischenfälle in Rosenheim, bei denen ein Juso-Mitglied und zwei Fotografen angegriffen worden, seien Einzelfälle.

