Alkohol, Handy und zu schnell
Zwölfjährige wurde durch die Luft geschleudert: Rohrdorfer nach schwerem Autounfall verurteilt
Die Kombi aus Alkohol, Handy am Steuer und hoher Geschwindigkeit hatte am 3. Mai letzten Jahres schwere Folgen. Ein zwölfjähriges Mädchen landete mit lebensbedrohlichen Verletzungen im Krankenhaus. Der 26-jährige Fahrer aus Rohrdorf stand jetzt vor Gericht.
Rohrdorf/Rosenheim – Der 26-Jährige verlor auf der Gemeindestraße von Holzleiten in Richtung Untersee im Gemeindegebiet Vogtareuth an einer unübersichtlichen Kuppe und einem Linksknick in der Straße die Kontrolle über sein Fahrzeug.
Mit 120 Sachen von Fahrbahn geflogen
Laut Anklage kam der Fahrer kurz vor der Kuppe bei Tempo 120 nach rechts von der Fahrbahn ab, überfuhr dabei einen Holzpfosten und schleuderte anschließend nach links über die komplette Fahrbahnbreite. Dabei erfasste er mit einer Geschwindigkeit von 85 bis 110 Kilometern pro Stunde die Zwölfjährige, die mit ihrem Bruder in der Wiese in der Nähe des Straßenrands stand.
Lebensbedrohliche Verletzungen
Durch die Wucht des Aufpralls wurde das Mädchen etwa 32 Meter durch die Luft in die Wiese geschleudert und lebensbedrohlich mit multiplen Brüchen und inneren Verletzungen verletzt. Das Mädchen lag drei Wochen im Krankenhaus, davon eine Woche auf Intensiv. Es folgte ein drei wöchiger Reha-Aufenthalt und an Ostern wurden die letzten Nägel entfernt.
Aus Sicht der Anklage war der Rohrdorfer mit 0,44 Promille fahruntüchtig. Unter grober Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt sei er zudem mit stark überhöhter Geschwindigkeit grob verkehrswidrig und rücksichtslos an einer unübersichtlichen Stelle unterwegs gewesen und habe dabei noch am Handy hantiert und seiner Freundin eine Sprachnachricht geschickt. „Glück im Unglück kann hier das Fazit nur lauten“, betonte die Anklagevertreterin, denn die Folgen hätten bei dieser Aufprallgeschwindigkeit noch viel schlimmer sein können und dann würde wegen fahrlässiger Tötung verhandelt.
Die Fahrerlaubnis war schon weg
Zur Verteidigung der Rechtsordnung brauche es eine unbedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten sowie eine Führerscheinsperre von weiteren sechs Monaten, da die Fahrerlaubnis bereits vor 15 Monaten entzogen worden sei, so die Forderung der Anklagevertreterin.
Laut Aussage eines Polizisten war am Unfallort beim Angeklagten zwar Alkoholgeruch, aber keine „krassen“ Ausfallerscheinungen wahrnehmbar. Ein Alkoholtest habe 0,44 Promille ergeben. Zudem habe der Angeklagte gegenüber mehreren Personen erwähnt, dass er beim Unfallhergang eine Sprachnachricht an seine Freundin geschickt habe.
Verteidiger Peter Dürr räumte den Tatvorwurf für seinen Mandanten umfassend ein und betonte, dass der Unfall den Angeklagten schwer belaste und sein Mandant sich deswegen auch in Therapie befinde. Er habe sich sofort um die Verletzte gekümmert und sich in der Folge auch öfter nach deren Befinden erkundigt.
Todsünden im Straßenverkehr
Darüber hinaus wurden keine weiteren Angaben zur Sache gemacht. „Alkohol, Handy und hohe Geschwindigkeit gehören zu den sieben Todsünden im Straßenverkehr“, so Dürr. Aber der Angeklagte habe keine Ausfallerscheinungen gehabt und sich fahrtüchtig gefühlt. Mit dem Handy habe er sich navigieren lassen. Es sei schon bezeichnend, dass der Streckenabschnitt mittlerweile auf Tempo 50 beschränkt sei, sagte der Verteidiger.
Der Verkehrsgutachter bestätigte, dass es bis vor kurzem keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf dem Streckenabschnitt gegeben habe. Grundsätzlich gelte dann zwar Tempo 100. Das beinhalte jedoch ein großes „Aber“, denn die Geschwindigkeit müsse immer den Sicht- und Witterungsverhältnissen und der Verkehrslage angepasst sein. Bei dem Streckenverlauf und Sichtweite von etwa 40 Metern an dieser Stelle betrage die maximale „Vermeidbarkeitsgeschwindigkeit“ zwischen 64 und 72 Kilometern pro Stunde. Das Fahrzeug sei nachweisbar mindestens 115 Sachen schnell gewesen.
„Aber hätte der Fahrer bei konzentrierter Fahrweise früher eingelenkt, wäre vermutlich auch bei Tempo 100 nichts passiert“, so der Sachverständige. Denn die eigentliche Ursache liege etwa 40 Meter vor dem Sichteröffnungspunkt und etwa 25 Meter vor dem Spurbeginn des Fahrzeugs.
Spürbare Ahndung für nötig befunden
„Das Tempo, Alkohol und Handy war eine fatale, gefährliche Kombination“, fasste Richterin Julia Haager zusammen. Die erkennbare Fahruntüchtigkeit sah sie nicht als erwiesen. Der Fahrfehler sei nicht alkoholtypisch. Die Sprachnachricht sei durch Zeugenaussagen belegt und zudem dürfe das Handy nur als Navi benutzt werden, wenn es nicht ablenke, so Richterin Julia Haager.
Der Unfall habe gravierende Folgen gehabt. Deshalb brauche es eine spürbare Ahndung, die jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Das Urteil lautete auf zehn Monate auf Bewährung, Führerscheinsperre von acht Monaten und einer Geldauflage von 5000 Euro. Darüber hinaus würden den Angeklagten noch Schmerzensgeldforderungen und mögliche Regressansprüche erwarten.