Coach aus Kolbermoor im OVB-Interview
Advent, Advent, der Wahnsinn brennt: Tipps von Melanie Binder für eine stade Zeit
Plätzchen backen, Geschenke besorgen und die kommenden Festtage planen. Die Vorweihnachtszeit kann schnell mal in Stress umschlagen. Coach Melanie Binder aus Kolbermoor verrät, wie die Adventszeit wieder besinnlicher werden kann.
Kolbermoor – Es ist endlich so weit. Die erste Adventskerze ist angezündet, aus den Lautsprechern ertönt Weihnachtsmusik und in der Küche werden fleißig Plätzchen gebacken. Doch oftmals kann die besinnliche Vorweihnachtszeit schnell in Panik umschlagen: Die To-do-Liste wird länger, die Geschenke sind noch nicht besorgt und das Festmenü noch nicht geplant. Coach Melanie Binder aus Kolbermoor verrät im OVB-Interview, wie man die Adventszeit wieder genießen kann.
Die stade Zeit hat endlich begonnen. Doch woher kommt es, dass wir diese Zeit oftmals nicht richtig genießen können?
Melanie Binder: Viele Termine, lange To-do-Listen und die hohen Erwartungen – sowohl von außen als auch von uns selbst. Fakt ist, den größten Stress machen wir uns selbst. Adventskranz fertig machen, am besten noch selber basteln, die perfekte Weihnachtsdekoration, Plätzchen backen, die passenden Geschenke finden und, und, und. Hinzu kommt, dass sich viele Menschen zu Beginn des Jahres viel vornehmen und nun merken, dass sie zum Ende des Jahres noch längst nicht alles geschafft haben. Dann beginnt der (meist selbstgemachte) Druck, das alles bis Jahresende noch „erledigen“ zu wollen.
Der Stress ist also unvermeidbar?
Binder: Der Stress entsteht hauptsächlich, weil wir versuchen, zu viele Ansprüche zu erfüllen und dabei unsere eigenen Bedürfnisse hinten anstellen. Und wenn wir unsere eigenen Bedürfnisse zu lange hinten anstellen, entsteht eine Stressspirale, aus der wir nur schwer rauskommen. So stellt sich bei vielen schnell Weihnachtsfrust anstatt Weihnachtslust ein.
3 Tipps, um Ruhe einkehren zu lassen:
1. Priorisieren: Meinen Klienten gebe ich oft mit, sich selbst immer wieder die Frage zu stellen: „Was ist wirklich wichtig?“
2. Eines nach dem Nächsten: Multitasking kann einen nämlich kirre machen. Hier hilft sich die Frage zu stellen: „Was ist jetzt wichtig?“ Oder: „Was ist heute wichtig – für die nächsten 24 Stunden?“
3. Zeiten für sich einplanen – täglich: Hier reichen manchmal ein paar Minuten nur mit sich. Den Kaffee am Morgen in Ruhe genießen, zehn Minuten an der frischen Luft spazieren gehen, eine Kerze anzünden und ein paar Seiten im Lieblingsbuch lesen. So kann der innere Akku in dem ganzen Trubel immer wieder aufgeladen werden.
Was kann man machen, um dem Weihnachtsfrust zu entgehen?
Binder: In der Ruhe liegt die Kraft. Nicht umsonst heißt es ja in Bayern so schön: „Die stade Zeit beginnt“. Entschleunigung zum Ende des Jahres. Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan.
Also sollte man einfach loslassen?
Binder: Ein erster Schritt ist, sich selbst zu erlauben, dass nicht alles perfekt sein muss. Und wenn mal etwas anders läuft als „geplant“ oder „erwartet“: Annehmen, was es ist – denn es ist ja eh schon so, wie es ist. Wer oder was einen ärgert, bestimmt jeder selbst und so kann jeder sich entscheiden, wie er mit Unvorhergesehenem umgeht. Oft entsteht die größte Freude aus ungeplanten Momenten. Es geht darum, sich darauf einzulassen. Eine Prise Humor dazu hilft immer. Mein Tipp: Nicht alles durchtakten und planen, sondern genügend freie Zeiten einplanen, um Freiräume zu schaffen.
Schließlich kann eine To-do-Liste einen auch schnell unter Druck setzen, wenn nicht alles sofort abgehakt ist, oder?
Binder: Du musst nicht alles alleine machen. Du darfst dir Unterstützung holen. Klare und rechtzeitige Aufgabenverteilung ist eine Lösung, damit die To-do-Liste gar nicht erst so lang wird und man vermeidet das „Ich schaffe das nicht-Gefühl“ bei einem selbst. Die meisten Familienmitglieder sind dankbar, wenn sie unterstützen können und eine klare Aufgabe haben. Idealerweise werden die Aufgaben gemeinsam in der Familie besprochen und aufgeteilt. Kommunikation und Miteinander reden ist so wichtig! Heißt: Priorisieren, was ist wirklich wichtig und delegieren, was davon kann ich abgeben oder mich unterstützen lassen.
Fünf Tipps für mehr Achtsamkeit:
1. Durchatmen: Ein tiefer Atemzug kann eine der schönsten Liebeserklärungen sich selbst gegenüber sein. Tief durchatmen können wir jederzeit und überall und es bringt sofortige Entschleunigung.
2. Zeit für sich selbst – „Me Time“: Kleine Auszeiten im Alltag einplanen oder auch mal größere. Das entspannt und lädt den inneren Akku wieder auf.
3. Dankbarkeit: Nichts für selbstverständlich nehmen. Jeden Tag dankbar sein für all die Geschenke des Lebens. Idealerweise mit einem kleinen Ritual, zum Beispiel täglich drei Dinge aufschreiben, für die man dankbar ist. Das hilft, den Fokus auf das Positive zu lenken und Stress abzubauen.
4. Grenzen setzen und liebevoll Nein sagen: Bewusst „Nein sagen“, wenn etwas zu viel wird, sei es ein Termin oder eine zusätzliche Aufgabe. Hier kann die innere Einstellung helfen, dass ein Nein ein Ja zu dir ist.
5. Es gibt eine Frage, die wir uns stellen dürfen und die viel bewirken kann: Was, wenn es mein letztes Weihnachten wäre, wie würde ich die Zeit gestalten? Ich finde, die Endlichkeit des Lebens dürfen wir uns immer wieder bewusst machen, um so zu leben, wie wir leben möchten.
Bonus-Tipp: Stell dich auf das schönste, beste und wundervollste Weihnachten überhaupt ein. Denn es könnte ja richtig gut, entspannt und friedlich werden. Lass dich überraschen und mach aus allem das Allerbeste!
Was sind ihre Tipps, um die Vorweihnachtszeit wieder genießen zu können?
Binder: Rechtzeitig über die Erwartungshaltungen sprechen und was jeder für Vorstellungen, Wünsche und Ideen hat. Nicht erst an Heiligabend. Grundsätzlich hilft die Einstellung, sich bewusst zu machen, dass es jeder so gut macht, wie er kann. Auch du selbst. Mein SOS-Tipp für das Fest: Tief durchatmen und sich innerlich sagen: „Ich und jeder andere hier macht es so gut, wie er jetzt gerade kann“. Und man sollte nicht vergessen: Wer oder was dich ärgert, bestimmst du selbst.

