Ein Anruf genügt – und die Hilfe kommt
15 Monate Priener Bürgerhilfe-Verein: Vorsitzender Fritz Seipel zieht Bilanz
Hilfe im Haushalt und Garten, Begleitung beim Spaziergang oder zum Arzt, Kinderbetreung oder Familienhilfe, oder einfach nur Zuhören. Das ist ein kleiner Auszug aus dem Angebot des Priener Vereins „Hilfe für Bürgerinnen und Bürger Prien a. Chiemsee“, der im Oktober 2021 gegründet wurde. Manchmal gibt es aber auch ganz besondere Hilferufe.
Prien – Diese sozialen und mildtätigen Aufgaben haben Ehrenamtliche übernommen – und mittlerweile sind sie gut beschäftigt, wie Vorsitzender Fritz Seipel im Interview mit den OVB-Heimatzeitungen bilanziert.
Wie ist der Stand nach 15 Monaten? Gibt es immer noch diese Aufbruchstimmung?
Fritz Seipel: Die Aufbruchstimmung ist in einer kontinuierlich routinierten Vereinsarbeit aufgegangen. Mittlerweile haben wir 58 eingetragene Mitglieder, wir hoffen, dass wir heuer die 100 erreichen. Uns stehen rund 28 feste Helferinnen und Helfer zur Verfügung. Immer wieder gibt es Anfragen aus anderen Gemeinden, aber wir beschränken uns mit unseren Einsätzen auf die Priener Bevölkerung.
Aus welchen gesellschaftlichen Bereich kommen die Aktiven?
Seipel: Überwiegend leben diese Helferinnen und Helfer bereits im Ruhestand. Es sind Leute, die auch Zeit haben für diese Aufgaben. Dennoch geht‘s auch durch alle Altersgruppen, wir haben junge Menschen, die mit anpacken, auch Frauen, die zum Beispiel im Bereich Hauswirtschaft gerne unterstützen.
In welchen Bereichen des täglichen Lebens hat der Verein bislang Hilfestellungen geben können?
Seipel: Seit Vereinsgründung hatten wir 85 Einsätze zu verzeichnen, quer durch alle Lebensbereiche: Das geht los bei ganz einfachen Tätigkeiten wie Besuche bei älteren Menschen, die glücklich sind, wenn ihnen mal jemand zuhört, bis hin zu umfangreicheren Möbeltransporten. Dabei können wir unseren eigenen Anhänger einsetzen, den die Marktgemeinde gesponsert hatte. Schnelle Hilfe konnten wir einer älteren Dame bieten, die an einem Sonntagvormittag angerufen hatte, weil der Abfluss ihres Spülbeckens verstopft war. Da hab‘ ich meine Werkzeugkiste geschnappt und bin selbst hingefahren. In zehn Minuten war das Problem beseitigt – und die Dame glücklich und zufrieden.
Wo sind Sie oder die Helfenden schon mal an Grenzen gestoßen?
Seipel: Richtig große Schwierigkeiten hatten wir bislang noch nicht. Sehr aufwändig sind aber Entrümpelungen bei Wohnungsauflösungen oder Möbelbeschaffungen zum Beispiel für die Ukraine-Hilfe. Mit etwa 70 Transporten waren wir im ganzen Landkreis schon unterwegs, um für Priener Bedarf Gebrauchtes zusammenzutragen, von der Waschmaschine über den Wohnzimmerschrank bis zum Esstisch. Vor allem Betten und Matratzen waren dabei bislang unser Hauptgeschäft.
Wie kann der Verein die dabei entstehenden Unkosten decken? Da reichen doch nicht die Mitgliedsbeiträge aus…
Seipel: Mit den Mitgliedsbeiträgen decken wir die Verwaltungskosten wie Versicherungen, Steuern und Ähnliches ab. Alle anderen Unkosten können wir über Spenden auffangen. Wir hatten in der Gründungsphase entsprechende Aufrufe gestartet, und auch auf unserer Homepage sind unsere Kontaktdaten dokumentiert. Info-Flyer liegen unter anderem in Arztpraxen, Apotheken oder in der Gemeindeverwaltung auf. So gibt’s immer wieder Spendeneingänge, über die wir uns sehr freuen und die uns helfen.
Wie hoch sind die im Schnitt?
Seipel: Im Februar laden wir zur Jahresversammlung ein, in der wir im Finanzbericht auch die Spendenbeträge veröffentlichen werden. Mit dem Spendenaufkommen sind wir sehr zufrieden, unsere Arbeit ist dadurch finanziell sehr gut abgesichert. Es gab sogar schon Einzelspenden in Höhe von 1000 Euro. Oftmals erreichen uns Beträge, die bei Bestattungen generiert wurden, als Blumen- oder Kranz-Alternativen. Allerdings entschädigen die Hilfesuchenden ihre Helfer in der Regel mit kleinen Geldbeträgen zum Beispiel für Fahrtkosten. Wenn sie das Geld nicht aufbringen können, springt der Verein ein.
Somit hat der Verein sein Satzungsziel erreicht, schnell und unbürokratisch Hilfe leisten zu wollen?
Seipel: Ja, das kann man sagen. Und zwar wirklich unbürokratisch – was sozusagen unser Markenzeichen ist. Wenn uns ein Anruf erreicht, sind wir normalerweise innerhalb einer Stunde vor Ort. Unsere Telefonnummer: 0 8051/61864
Sind Sie mit dem Team auch schon mal an Grenzen der Machbarkeit gestoßen?
Seipel: (Zögert) …bislang ist mir nichts bekannt, da fällt mir nichts ein…
An welche nachhaltigste Hilfestellung erinnern Sie sich gerne?
Seipel: Hm, eigentlich an viele, weil ja alle Einsätze erfolgreich waren. Besonders aber denke ich gerade an einen älteren Herrn, wo ich selbst oftmals involviert war und noch bin. Da erkannten wir bei einem Einsatz, dass der Mann sehr schnell ins Krankenhaus zur Notbehandlung musste – wir haben ihn dann sofort selbst hingefahren. Was ihm wohl die Beine gerettet hat, wie wir später erfahren haben. Im Februar werden wir einen Mann zur medizinischen Nachsorgebehandlung nach München fahren. Der Krankentransport mit einem Taxi würde 500 Euro kosten; die müsste er selbst aufbringen, weil seine Krankenkasse nicht zahlt. Sie argumentiert, dass dies nicht ihre Aufgabe sei. Das ist unglaublich…