Generation Grün
„Zukunftsgarten“: Berchtesgadener Jugendliche wollen nachhaltige Oase im Talkessel schaffen
Wenn es nach Maresa Brandner von „Vision Berchtesgaden“ geht, sollen Begrünungsaktionen wie der „Zukunftsgarten“ schon bald den ganzen Berchtesgadener Talkessel überziehen – am besten auch darüber hinaus.
Berchtesgaden – 15 Jugendliche des Kreisjugendrings Berchtesgadener Land und der Kolpingjugend haben sich 72 Stunden Zeit genommen, um am Ortseingang von Berchtesgaden eine Grünfläche einer Gaststätte umzugestalten – mit Blick auf Nachhaltigkeit, Biodiversität und den Klimawandel.
Totholzhecken, Stöckehaufen, Hochbeete und jede Menge Naschgemüse: Noch ist die Wiese unangetastet, doch die Jugendlichen sind motiviert loszulegen. Der alte Zaun, der den Gastgarten umgibt, kommt weg. Die Fläche wird um die angrenzende Wiese erweitert. Landschaftsgärtnerin Kerstin Tusl aus Berchtesgaden hat sich auf naturnahe Gärten spezialisiert. „Mit einer naturnahen Grünfläche können wir aktiv einen Beitrag gegen das Artensterben leisten, das unsere heimische Natur in ihrer Vielfalt bedroht“, sagt sie. Als helfende Hand steht Kerstin Tusl den Jugendlichen bei der dreitägigen Aktion zur Seite. Sie hat die Aktion zwar von der Pike auf geplant. Das soll aber nicht heißen, dass die Gruppe Jugendliche keine eigenen Ideen verwirklichen darf. „Einfach eine großartige Sache”, schwärmt Tusl.
Die ursprüngliche Idee zum Zukunftsgarten stammt von Maresa Brandner und ihrem Team rund um „Vision Berchtesgaden“. Auf die Fahnen haben sich die Berchtesgadenerinnen geschrieben, ihre Heimat besser und nachhaltiger zu gestalten. Das geschieht mit vielen Aktionen. Eine davon ist die des Zukunftsgartens. „Mehr Beschattung, mehr Begrünung“, sagt Maresa Brandner. Immerhin steigen die Temperaturen laufend an. Auf lange Sicht muss man umdenken, was wie und wo gedeihen kann.
Ein Ziel von Landschaftsgärtner Kerstin Tusl ist es, resiliente grüne Räume zu schaffen, die anpassungsfähig an sich ändernde klimatische Bedingungen sind. Der Zukunftsgarten ist dabei auch als Bildungsort konzipiert, der Besuchern Wissen über ökologische Praktiken und nachhaltiges Gärtnern vermittelt.
Mit Schaufel und Hacke ausgestattet treiben Lenzi und Schosch ihr Arbeitsgerät in den Boden. Dort, wo eben noch der alte Zaun stand, soll ein Hochbeet und daneben eine Benjeshecke verwirklicht werden. Die besondere Art der Hecke setzt sich aus Totholz und Schnittgut zusammen. „Das kann dann ein Lebensraum für viele Tiere sein, Igel etwa“, sagt Maresa Brandner: Insekten, Kleintiere und Vögel kommen im Idealfall hier unter. Samen, die in die Hecke getragen werden, finden dort gute Bedingungen, um zu keimen. Über die Zeit entwickelt sich eine dichte, selbsttragende Hecke, „eine Kreislaufwirtschaft“, sagt Kerstin Tusl. Die natürliche Bepflanzung hat ihren Ursprung in den 1980er-Jahren und gewann im Laufe der Zeit an Popularität.
Landschaftsgärtnerin Kerstin Tusl freut sich über kreative Baustellen wie diese. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit Permakultur, jenem Konzept für die Planung und Gestaltung nachhaltiger Lebensräume, das darauf abzielt, Mensch und Natur in ein dauerhaft tragfähiges Verhältnis zu setzen.
Der Plan, den sie dabei verfolgt: Die Jugendlichen arbeiten parallel an mehreren Baustellen, an mehreren Tagen infolge. Im Zukunftsgarten soll ein Hochbeet entstehen, vier bis fünf Meter lang und einen Meter breit. Sand und Zement ist bereits auf dem Weg: Die jungen Leute helfen beim Setzen der Fundamente eines natürlichen Sonnenschutzes, an dessen Stahlstangen sich Kiwi entlang ranken können. Gepflanzte Naschsträucher sollen für jeden zugänglich sein. Als gesunder Snack zwischendurch. Zudem finden Johannis- und Brombeeren ihren Platz im Garten der Zukunft, ebenso die Kornelkirsche. Kerstin Tusl setzt bei der Realisierung des Gartens auch auf die Ölheide - nicht etwa wegen ihrer attraktiven Blüten, sondern wegen der besonderen Anpassungsfähigkeit an trockene, magere Böden. „Wir widmen uns Pflanzen, die auch mit höheren Temperaturen zurechtkommen“, sagt Maresa Brandner.
Diakon Bernhard Hennecke lobt das Engagement der Jugend. Gemeinsam mit Maria Schmidt von der Kolpingjugend aus Berchtesgaden sind die beiden für die Heranwachsenden zuständig. Die Arbeit im Zukunftsgarten ist Teil der diesjährigen Firmvorbereitung. “Wir machen mit unserer Aktion die Welt ein kleines Stückchen besser”, freut sich Hennecke.
Während ein Teil der Jungspunde bereits schaufelt, Stämme in den Boden treibt, am Zaun aus Haselnussstecken werkelt und das heran gekarrte Material von einem Anhänger hievt, befüllen die anderen Schubkarren mit Erde. Das Mittagessen wird aus geretteten Lebensmitteln zubereitet. Die Organisation ist bei diesem Gemeinschaftsprojekt alles, immerhin sind es nur drei Tage, die sie haben. Der Garten soll künftig mit Leben erfüllt werden – Mensch, Pflanzen und Tiere werden sich hier wohlfühlen, sind sich die Verantwortlichen sicher.
Im Zukunftsgarten will die grüne Jugend zurück zum Ursprung, weg von geschniegelten Gärten, in denen die Wiesen raspelkurz sind, Blumen keine Existenzberechtigung und Bienen nichts zum Naschen haben, sagt Kerstin Tusl. Eine Blumenwiese mit mehreren Blühstreifen ist für die Beteiligten demnach Pflicht.
kp
