Versorgung nun per Hubschrauber?
Wie ein gerissenes Zugseil mitten in der Hauptsaison Schwierigkeiten am Watzmannhaus bereitet
Die Betreiber des Watzmannhauses stehen vor einem gewaltigen Problem: Inmitten der touristischen Hauptsaison ist die Materialseilbahn zur Versorgung des Watzmannhauses außer Betrieb gegangen. Das Zugseil ist gerissen.
Berchtesgaden - Die Ursache ist noch unbekannt, sagt Markus Block, Sprecher des Alpenvereins Sektion München. Die Versorgung soll nun ein Hubschrauber übernehmen. Wie lange die Reparatur dauert, bleibt aber fraglich.
Wieso das Zugseil der Materialseilbahn zum Watzmannhaus riss, ist die große Frage, die die Verantwortlichen derzeit beschäftigt. Fakt ist: Die Bahn kann seit Mitte vergangener Woche nicht mehr genutzt werden, der Defekt kam unerwartet und zu maximal ungünstigem Zeitpunkt. „Nach der Ursache muss erst noch gefahndet werden“, sagt Annette Verst, die bis vor Kurzem gemeinsam mit Ehemann Bruno das Watzmannhaus betrieb, ehe Sohn Paul den Betrieb Anfang des Jahres übernahm. „Ein Unwetter samt Gewitter könnte der Grund gewesen sein“, mutmaßt sie am Telefon, ohne ins Detail zu gehen. Genaueres werden erst weitere Untersuchungen ergeben, sagt auch Markus Block.
Ein Spezialunternehmen sei bereits beauftragt worden, den Schaden im Detail zu begutachten und ein Sanierungskonzept zu erstellen. Dass der Schaden inklusive Ausfall genau jetzt passiert, ist für die DAV-Sektion München ungünstig: „Die Hauptsaison geht noch bis in den Oktober hinein“, sagt Block. Aber auch ohne Seilbahnbetrieb bleibt das Watzmannhaus die kommenden Wochen und Monate über ausgebucht - die Schlafplätze sind unter Alpinbesuchern begehrt, die sich etwa auf die Watzmannüberschreitung vorbereiten oder einen Abstecher auf das Hocheck wagen.
Das Watzmannhaus ist für den Deutschen Alpenverein (DAV) mit mehr als 200 Schlafplätzen sowohl eine der größten als auch eine der meistbesuchten Hütten - nicht nur in den Berchtesgadener Alpen. Mehr als 12800 bezahlte Übernachtungen verzeichnete die Sektion München im vergangenen Jahr. „Dazu kommen etliche Tagesgäste, die nach einer Einkehr und dem Besteigen des Hochecks wieder ins Tal absteigen“, weiß Sektionssprecher Markus Block.
Erhebliche Herausforderung
Das gerissene Zugseil stellt die Betreiber deshalb vor eine erhebliche logistische und finanzielle Herausforderung. Denn die komplette Versorgung des Watzmannhauses läuft über die Materialseilbahn ab. „Sämtliche Nahrungsmittel und Getränke werden damit zum Watzmannhaus transportiert. Über die Seilbahn läuft die komplette Versorgung des Watzmannhauses“, so Block. Egal, ob Klopapier, Seife, Geschirr und Besteck oder das Werkzeug von Handwerkern, die am Watzmannhaus ihrer Arbeit nachgehen - jedes Teil erreicht sein Ziel mit Hilfe des Seilbahnwagens.
Die Materialseilbahn, die seit 1975 in Betrieb ist, überwindet auf einer Strecke von 1,3 Kilometern einen Höhenunterschied von 574 Metern - gestützt von einer einzigen Portalstütze auf der gesamten Strecke. Die Bergstation am Ende liegt auf 1924 Metern. Sprecher Block sagt, dass im Laufe der Jahre immer wieder Teile der Anlage modernisiert worden waren. So wurde der Antrieb 1994 erneuert und 2021 ein neuer Seilbahnwagen aus Aluminium installiert. Dessen Traglast: rund 200 Kilogramm.
Hubschrauberversorgung als Alternative
Als derzeit einzige Alternative sind kostenintensive Hubschrauberflüge angedacht. „Um diese optimal durchzuführen, laufen zur Zeit Absprachen mit den umliegenden Hütten“, so Block. Mit eingebunden sei die Verwaltung des Nationalparks Berchtesgaden: Denn das Watzmannhaus liegt im einzigen Alpennationalpark Deutschlands.
Wie hoch die Kosten für die Reparatur ausfallen werden? Darüber lässt sich nur spekulieren. Eine Kostenschätzung liegt aktuell nicht vor. Aussagen dazu seien erst nach der Begutachtung möglich, heißt es bei der Sektion München. All das könnte im schlimmsten Fall noch eine Weile dauern. Der Druck, schnell zu reparieren, ist hoch: Angesichts der unübersichtlichen Lage bleibt Betreibern und DAV allerdings nur die Hoffnung, dass die Seilbahn noch heuer wieder in Betrieb genommen werden kann. „Wir hoffen auf eine rasche Erneuerung der Seilbahn noch im Laufe dieser Saison“, sagt Markus Block. (kp)