Besondere Weihnachtsmusik erklingt zum ersten Mal
Vokalexpress mit Erstaufführung der „Breslauer Hirtenweihnacht“ in Waging und Teisendorf
Am 5. und 6. Januar haben die Kirchen in Waging und Teisendorf und das dort versammelte Publikum eine musikalische Premiere erlebt. Die Erstaufführung des Oratoriums „Breslauer Hirtenweihnacht“, das der Traunsteiner Kirchenmusiker Stephan Hadulla entworfen, teilkomponiert und orchestriert hat
Teisendorf / Waging - Gesungen hat es der Teisendorfer Chor Vokalexpress unter seiner Leitung. Instrumental begleitet wurde der Chor dabei von Musikerinnen und Musikern aus der Region, und zwar Gesine Hadulla und Sabine Kübler (beide Violine), Gabriele Bauer-Will und Irene Maria Mayer (beide Blockflöte) sowie Alejandro Vila (Fagott). Stephan Hadulla dirigierte von der Truhenorgel aus.
Impulsgeber und Ausgangspunkt für das Werk war das bekannte Weihnachtslied „Transeamus“ und dessen Entstehungsgeschichte. Hadulla ist überzeugt, dass es aus der Barockzeit stammt und nicht, wie allgemein angenommen, aus der Feder von Joseph Schnabel, der Ende des 18. Jahrhunderts lebte. In der Bearbeitung von Schnabel geht dem Lied „Transeamus“ ein Rezitativ voraus, also ein Erzählgesang, mit dem Text: „Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet Euch nicht…“. Solche Rezitative waren in barocken Kantaten und Oratorien üblich.
Zudem war dieser einführende Erzählgesang für den Kirchenmusiker Hadulla ein Hinweis, dass das Transeamus keine Einzelkomposition war, sondern Teil eines größeren Werkes, wahrscheinlich eines Hirtenspiels oder eines Oratoriums, das leider verschollen ist. Aus diesen Überlegungen heraus hat der versierte Arrangeur mit großem kompositorischem Talent mit der „Breslauer Hirtenweihnacht“ dieses Gesamtwerk neu geschaffen und damit das beliebte Weihnachtslied in den großen Rahmen der Weihnachtsgeschichte und der Zeit, in der es ursprünglich geschrieben wurde, gestellt. Die Weihnachtsgeschichte wird dabei in Rezitativen erzählt, die bekannten Weihnachtsliedern wie „Ein Kind geboren zu Bethlehem“, „Als ich bei meinen Schafen wacht“, „Transeamus“, „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ oder „Seht, ein Stern ist aufgegangen“ vorangestellt sind. Ebenso wurden weihnachtliche Kompositionen von Arcangelo Corelli, Ignaz Holzbauer und Georg Philipp Telemann, alle drei bekannte Komponisten des Barock, eingefügt.
Fehlende Elemente wurden von Hadulla durch eigene Kompositionen ergänzt, Verbindungen und Übergänge kompositorisch so gestaltet, dass das Werk als ein kunstvolles Ganzes wahrgenommen wird und nicht als eine Aneinanderreihung einzelner Stücke und Komponisten. Entstanden ist eine farbenfrohe barocke Hirtenmusik, die von Chor und Instrumentalisten unter dem exakten und dynamischen Dirigat von Stephan Hadulla auf hohem Niveau ausgeführt wurde. Ob Aussprache, Phrasierung, Intonation, Dynamik, alles war perfekt. „Mit großem Dank und inniger Freude wollen wir diese weihnachtliche Botschaft musikalisch darbringen“ hatte Georg Waldherr, Vorstand des Vokalexpress bei der Begrüßung des zahlreich erschienenen Publikums gesagt. Dies ist dem Vokalexpress in beeindruckender Weise gelungen.
Begonnen hatte das Konzert mit weihnachtlichen Liedern aus der Zeit oder im Stile des Barock, die perfekt und einfühlsam vorgetragen, das Publikum in weihnachtliche Stimmung und in die Zeit des wahrscheinlichen Ursprungs des „Transeamus“ versetzten. Den Auftakt bildete das Krippenlied „Lieb Nachtigall, wach auf“ aus dem Bamberger Gesangbuch von 1670, das im 17. Jahrhundert größere Bekanntheit erlangt hatte. Der Chor sang es in einer Bearbeitung des zeitgenössischen Komponisten und Dirigenten Siegfried Strohbach. „Frohlocket ihr Völker aus Erde“ hieß es dann in der klanggewaltigen Jubelhymne auf Weihnachten, die Felix Mendelssohn-Bartholdy 1848 als ersten seiner „Sechs Sprüche zum Kirchenjahr“ komponiert hat.
Orientiert hat er sich dabei am A-Capella-Stil des 16. Jahrhunderts. Auch die bekannten und viel gesungenen Weihnachtslieder „In duci jubilo“ und „Adeste fidelis“ haben ihre Wurzel im 17. Jahrhundert. Der Chor sang sie zweisprachig, wie das in der Zeit des Barocks nicht unüblich war. Passend zum Fest der Heiligen drei Könige erklang dann noch aus den sechs Hymnen, Opus 58 von Joseph Rheinberger das „Omnes de Saba“, ein anspruchsvolles Offertorium, das der Vokalexpress unter der souveränen Leitung seines Dirigenten großartig meisterte.
Den Übergang von den Weihnachtsliedern zur „Breslauer Hirtenweihnacht“ machte das Instrumentalensemble mit Georg Philip Telemanns Konzert in d-Moll. Mit meisterhaftem Spiel gelang es, die leichte, filigrane und teils spielerische Struktur des Konzertes für Streicher und Blockflöte perfekt wiederzugeben. Damit war die Brücke zu der leichten, frohen Musik der „Breslauer Hirtenweihnacht“ geschaffen.
Am Ende des Konzerts in Teisendorf bedankte sich Georg Waldherr, Vorstand des VokalExpress, bei dem Dirigenten und „Vater“ der „Breslauer Hirtenweihnacht“ Stephan Hadulla, sowie bei dem Instrumentalensemble mit einem kleinen Präsent. Das Publikum zeigte sich von den Darbietungen begeistert und spendete langanhaltenden, stehenden Applaus. „Wenn man jubelt, singt man am besten“, meinte Stephan Hadulla, als der Applaus nicht enden wollte und rief alle auf, das Lied „Nun freut Euch ihr Christen“ mit dem Chor und dem Orchester mitzusingen. Es war ein freudiger Abschluss eines musikalisch besonderen Abends, den der Vokalexpress und sein Dirigent Stephan Hadulla den Wagingern und Teisendorfer Musikfreunden geboten hat.
Monika Konnert