Ungewöhnlicher Aufenthalt in Bischofswiesener Klinik
Wenn der Auerhahn auf Reha geht: Jungvogel verliebt sich in eigenes Spiegelbild
Sein eigenes Spiegelbild muss ihm gefallen haben: Tagelang hatte sich ein Auerhahn beim Medical Park, einer Reha- und Fachklinik für Neurologie im Ortsteil Loipl in Bischofswiesen, herumgetrieben.
Berchtesgadener Land/Bischofswiesen - Ein paar mal war der Auerhahn durch ein Fenster ins Haus eingedrungen und saß dann im Restaurant. Nun wurde er erfolgreich umgesiedelt. „Den Leuten aus der Klinik wird er als Maskottchen fehlen”, sagt Markus Leitner, einer der beteiligten Retter.
Jungvogel verliebt sich in eigenes Spiegelbild
Den Auerhahn am Klinikgelände werden die Mitarbeiter vermissen. Eineinhalb Wochen hatte sich das Jungtier, nicht viel älter als ein Jahr, im beschaulichen Ortsteil Loipl aufgehalten. „Er war nicht scheu und auch nicht gefährlich”, sagt Markus Leitner, Wildtierfotograf und im Naturschutz engagiert. Wie sich der Auerhahn dorthin verirrt hatte, ist nicht bekannt. Fakt ist: „Die Hähne treffen sich bei ihren Wanderungen auf Siedlungen und Straßen.” Allerdings: Das Klinikgelände ist kein natürliches Habitat. Dem Auerhahn war das egal: In der verspiegelten Fassade der Klinik hatte er sich immer wieder betrachtet - und muss wohl Gefallen am Gegenüber gefunden haben, mutmaßt Leitner.
Wenn der Auerhahn auf Reha geht
Dem Pflegedirektor der Klinik fiel der ungewöhnliche Besuch schnell auf. Er machte ein Foto und schickte das an den Bayerischen Jagdverband, der schnell tätig wurde. „Ein Auerhahn im besiedelten Gebiet ist selten, aber durchaus möglich”, weiß Toni Wegscheider, Vorsitzender der Kreisgruppe des Landesbunds für Vogelschutz im Berchtesgadener Land. „Dem Auerhahn gefiel die Spiegelung. Er wollte immer wieder in das Gebäude rein”, sagt Wegscheider.
Erfahrungen mit wilden Auerhähnen haben die Naturschützer bereits. Am Hintersee im Bergsteigerdorf Ramsau war im vergangenen Jahr ein Tier aufgefallen. „Ältere Vertreter können aggressiv reagieren, wenn die Eskalationsstufe steigt”, sagt Markus Leitner. Gut möglich, dass sie dann eine Straße blockieren. Einem Auerhahn war das auf der Hirschbichlstraße zum Verhängnis geworden: Er konnte nur noch tot von der Fahrbahn geborgen werden. Einen weiteren Vorfall gab es an der Eliteschule des Sports am Dürreck in Berchtesgaden. Auch dort hatte ein Auerhahn über mehrere Tage Bekanntschaft mit den dortigen Schülern gemacht, ehe er gefangen und an anderer Stelle freigelassen worden war.
Auerhahn erfolgreich „ausgewildert“
Am Medical Park in Loipl war Markus Leitner der Retter in der Not: „Der Auerhahn flog zunächst aufs Dach. Ich habe ihn dann mit einem Kescher eingefangen”, sagt Leitner. Der mit Abstand größte Hühnervogel Europas, der bis zu 80 Zentimeter groß werden kann, wurde in eine Hundebox gesteckt, die Jäger Max Neudecker mitgebracht hatte.
„Wir haben ihn dann ins Lattengebirge transportiert”, sagt Vogelexperte Toni Wegscheider. In dem halboffenen Bergwald, der als natürliches Habitat gilt, beruhigte er sich schnell und war dann flugs verschwunden.
Den Mitarbeitern und Patienten wird er fehlen: Dort war das Tier schnell zum heimlichen Star avanciert, zum inoffiziellen Maskottchen der Klinik. Mit seinem Spiegelbild wäre er wohl nicht glücklich geworden.
kp


