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„Wir bauen auf heimisches Holz“ in Südostbayern

Zwischen Export und lokaler Nutzung: Bedeutung von Holz für Klimaschutz und Fichte als Auslaufmodell?

Jorun Klinger-Illner ist Vorsitzende des Vereins “Wir bauen auf heimisches Holz”, rechts bei einem Kongress in Bischofswiesen.
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Jorun Klinger-Illner ist Vorsitzende des Vereins “Wir bauen auf heimisches Holz”, rechts bei einem Kongress in Bischofswiesen.

Bischofswiesen - Trotz reichlicher Waldflächen und eines großen Holzvorkommens wird ein erheblicher Anteil des südostoberbayerischen Holzes exportiert. Das soll sich ändern: Jorun Klinger-Illner, Vorsitzende des Vereins “Wir bauen auf heimisches Holz” spricht über die aktuelle Lage des Holzmarktes, die Rolle kleiner Sägewerke und die Zukunft des Holzbaus in Zeiten des Klimawandels. 

Mit dem Verein „Wir bauen auf heimisches Holz“ appellieren Sie an alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette Forst und Holz in Südostoberbayern, verstärkt auf heimische Rohstoffe zu setzen. Läuft es für bayerisches Holz nicht so wie gewünscht?

Jorun Klinger-Illner: Es läuft sehr gut mit heimischem Holz. Wir haben in der Region Südostoberbayern viel Wald und Holz. Das wird aber zu großen Mengen aus der Region exportiert. Wir möchten aber unseren heimischen Rohstoff in der Region nutzen: Um die heimische Wirtschaft zu stärken und unseren Rohstoff dort zu verarbeiten, wo er entsteht.

So viel Holz im Wald wie aktuell gab es noch nie. Viel bayerisches Holz wird exportiert, weil die Verarbeitungskapazitäten fehlen. Warum ist das so?

Klinger-Illner: Südostoberbayern ist geprägt von kleinen und mittleren Sägern. Teilweise nur Vater-Sohn-Betriebe mit einer Handvoll Angestellten. Die kleinen Säger kämpfen mit Personalmangel und den Herausforderungen der Investitionskosten. Die Großindustrie ist dem Kleinsäger weit voraus. Die Kleinsäger können nicht mithalten. Aber wir müssen die Region mit ihrer Struktur stärken, sonst haben wir einen Bruch in der Wertschöpfungskette. Unser Rundholz geht dann aus der Region raus und muss als Holzbauprodukt wieder teuer eingekauft werden. Die Wertschöpfung passiert dann außerhalb der Region. Das ist eines unserer großen Themen. 

Müsste Holz beim momentanen Vorkommen relativ günstig sein? Aber selbst beim Brennholz ist das nicht so. Woran liegen die hohen Preise?

Klinger-Illner: Der Vorrat ist nicht gleich die Erntemenge, die dem Markt zur Verfügung steht. Hier geht es eher um den Zuwachs, also das Holz, das innerhalb eines Jahres nachwächst. Hiervon wird ein Teil geerntet, der dann verfügbar ist. ‘Günstig’ ist hier ein relativer Begriff. Man muss bedenken, dass ein Baum viele Jahre und Jahrzehnte im Wald wächst. In dieser Zeit wird er vom Waldbesitzer oder Förster gepflegt. Der Preis, der nach Jahrzehnten bezahlt wird, müsste diese Arbeitszeit entlohnen. Die Preise in Südostoberbayern orientieren sich natürlich am Markt. Im Bereich des Brennholzes ebenso. Damit orientiert sich der Preis auch an Konkurrenz-Produkten, etwa anderen Energieträgern.

Der Verein, in dem Sie Vorsitzende sind, wurde vor einigen Jahren gegründet, als hohe Preise für Schnittholz das Geschäft bestimmten und die Versorgung mit heimischem Holz teilweise schwierig war. Lohnt es sich aktuell, mit heimischem Holz zu bauen?

Klinger-Illner: Ja, es lohnt sich immer mit heimischem Holz zu bauen. Verwendet man heimisches Holz, stärkt man durch die regionale Wertschöpfung die Wirtschaft der Region und sichert Arbeitsplätze. Man trägt auch automatisch zum Klimaschutz bei. Mit heimischem Holz vermeidet man große Transportwege und graue Energie, die beim Herstellen nicht nachwachsender Rohstoffe entsteht. Wir haben eine hohe Verfügbarkeit von Holz im Wald. Dieses zu entnehmen, ist aktuell wichtig, da man so den Waldumbau der Forstwirtschaft unterstützt. Der ist notwendig, um klimastabile Wälder aufzubauen, die auch zukünftig dem Klimawandel standhalten. Das Know-how der heimischen Säge- und Holzbau-Betriebe ist extrem hoch, der Zimmerer-Ausbildungsberuf sehr gefragt, und mit der Technischen Hochschule haben wir die Alma Mater der holztechnischen Ausbildung.

Die Fichte ist laut Expertenmeinung langfristig ein Auslaufmodell - aufgrund des Klimas. Wie gut sind die Aussichten eine geeignete Ersatzbaumart zu finden? Wie tragisch ist das?

Klinger-Illner: Tatsächlich tut sich die Fichte schwer mit der Trockenheit. Sie ist ein Flachwurzler, der bei trockenen Böden geschwächt wird. Dadurch ist sie anfällig für den Borkenkäfer oder kann einem Sturm nicht mehr standhalten. Wir haben das Glück, dass es in den Alpen und dem Alpenvorland noch recht oft regnet. Die Fichte wird hier auch weiterhin Bestand haben. Trotzdem geht es beim Waldumbau darum, eine gute Mischung an Baumarten im Wald zu haben. So ein Dauerwald ist dann gut aufgestellt, alle Anforderungen, die an ihn gestellt sind, zu erfüllen. Zukünftig soll die Tanne das Nadelholzangebot erweitern und auch die Douglasie wird eine Rolle spielen. Auch verschiedene Laubbäume werden angepflanzt oder bestenfalls durch Naturverjüngung gesät. Die Aussichten sind gut. Wir haben in Deutschland eine gut aufgestellte Forschungslandschaft dazu und es gibt seit Jahrzehnten verschiedene Versuchspflanzungen - sowohl für Nadelholz als auch für Laubholz. 

Das Klima ist ein wichtiger Faktor…

Klinger-Illner: Die Bedingungen sind schwierig. Der Klimawandel schreitet schneller voran als vermutet. Ein Baum braucht nun mal Jahrzehnte um groß zu werden. In unserer Region wird für die Säger und Zimmerer zwar noch weiter die Fichte zur Verfügung stehen. In Zukunft müssen sie aber schauen, wie andere Holzarten bearbeitet werden können. Das bedarf oft anderer Abläufe, Maschinen oder Werkzeuge. Hier muss sich, wie in allen Wirtschaftszweigen, jeder Betrieb für die Zukunft aufstellen, um zum Beispiel die Tanne oder Laubhölzer zu verarbeiten. Das ist eine große Herausforderung, um die sich jeder Betrieb kümmern muss.

Holzhäuser werden in Bayern zu wenige pro Jahr gebaut. Das vorhandene Holz würde aber für zehntausende Gebäude reichen. Fehlt die Lobby oder ist es einfach attraktiver mit Beton zu bauen?

Klinger-Illner: Die Entwicklung des Holzbaus in Bayern ist in den vergangenen Jahrzehnten schnell vorangeschritten. Die Holzbauquote steigt jährlich. Aus Sicht der Forst- und Holzwirtschaft kann langfristig und nachhaltig weitaus mehr mit Holz gebaut werden, das stimmt. Der Holzbau ist leider zum Teil immer noch mit Vorurteilen behaftet. Technologische Gründe gibt es dafür keine. Teilweise existieren auch Benachteiligungen für die Holzbauweise in baurechtlichen Bestimmungen. Die Regierung stärkt den Holzbau. Wir als Verein möchten hier auch Lobbyarbeit betreiben. Denn es fehlt an Wissen zum und über den Holzbau bei potenziellen Bauherren, aber auch bei Architekten und Planern. 

Welche Aufgaben haben Sie als Verein, südostoberbayernweit die Holzbranche miteinander zu verbinden?

Klinger-Illner: Unser Verein wurde ja als Projekt des Clusters ‘Forst und Holz’ in Bayern initiiert, um als Regionalinitiative in Südostoberbayern alle Akteure der Forst- und Holzwirtschaft zusammenzubringen. Als wir aus dem Projekt einen Verein unter der Schirmherrschaft von Staatsministerin Michaela Kaniber gegründet haben, fand ein Beteiligungsprozess statt. Das heißt, an drei Abenden waren alle Akteure dazu eingeladen, ihre Anregungen und Probleme auf den Tisch zu bringen. Es kamen über 200 Beteiligte. Daraus haben wir einen Maßnahmenkatalog entwickelt und Arbeitspakete geschnürt. Zum Beispiel gehört hier die Stärkung der kleinen Säger dazu. Wir kooperieren mit dem Lehrinstitut Rosenheim, um den Wissensstand zu erweitern. Ebenso veranstalten wir Events vom Keimling bis zum Holzbau, um den Blick über den Tellerrand zu schärfen. Jeder Akteur soll die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungsstufe kennen.

kp

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