„Der Einheimische schaut ins Gebirge“
Statt Wohnraum nun Ferienwohnungen: Berchtesgadener zeigen sich enttäuscht
Im ehemaligen, denkmalgeschützten Traditionshotel Wittelsbach können 17 Ferienwohnungen im Luxussegment entstehen. Zuvor war Wohnraum angekündigt worden. Im Netz hagelt es dafür nun Kritik. „Baurechtlich ist das aber zulässig“, bestätigt Berchtesgadens Bürgermeister Franz Rasp nach einer Sitzung des Bauausschusses. Über Wohnraum für Berchtesgaden hätte man sich aber auch gefreut, heißt es.
Berchtesgaden - Seit Monaten ist Großbaustelle rund um das zentral gelegene, ehemalige Hotel Wittelsbach an der Maximilianstraße in Berchtesgaden. Es wurde gebaggert, dann entkernt, mittlerweile läuft der Innenausbau der Häuserzeile an der Maximilianstraße. Von dem einst angekündigten Wohnraum für Berchtesgaden ist aber keine Rede mehr, seitdem bekannt wurde, dass der Investor dort hochpreisige Ferienwohnungen verwirklichen möchte. Nun wurde ein Tekturantrag im Bauausschuss bearbeitet.
Rasp: Immer mehr Ferienwohnungen
Die Tendenz zu immer teurer werdenden Gästeunterkünften als Ferienwohnung erkennt auch Berchtesgadens Bürgermeister Franz Rasp: Demnach gibt es immer mehr Ferienwohnungen, die sich am Hotelstandard anlehnen. Geräumig, gut ausgestattet, oft mit Sauna – die Preise dafür beginnen dann bei mehreren hundert Euro pro Nacht.
So wird es auch in Berchtesgaden passieren. Die Nutzungsänderung vom Hotel zum Wohnraum war schon vor über einem Jahr kein Problem. Doch an der Kommunikation haperte es. Weil nun anders kommt, als angekündigt.
„Demokratie heißt nicht immer Entscheidungsfreiheit.“
„Wir haben hier ein Mischgebiet“, sagt Rasp. Bedeutet: Auch Ferienwohnungen stellen kein Problem dar, so der Bürgermeister. Der Bauherr könne das eigenständig entscheiden. Im Bauausschuss mussten die Räte dem Tekturantrag also zustimmen - weil es rechtlich nichts auszusetzen gibt. „Hätten sie das Einvernehmen verweigert, hätte ich es der Rechtsaufsicht zur Überprüfung geben müssen”, sagt Franz Rasp. Und fügt an: „Demokratie heißt nicht immer Entscheidungsfreiheit.“
Fakt ist: Berchtesgaden benötigt Wohnraum dringend, so wie vielerorts. Aber eben auch Gästebetten, sagt Franz Rasp: „Zwei Herzen schlagen in unserer Brust.”
Seit Jahren ist die Bettenanzahl deutlich rückläufig. Klar sei auch: „Wären die Räumlichkeiten des ehemaligen Hotels Wohnungen geworden, wäre kaum bezahlbarer Wohnraum entstanden.“ Zumindest wohl zu teuer für Normalbürger. Allein die derzeit auf der Baustelle stattfindenden Investitionen in Millionenhöhe, zudem in einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude, lassen nichts anderes zu.
Unglücklich findet so mancher Gemeinderat jedoch die Kommunikation im Vorfeld. „Wenn man Wohnraum ankündigt, sollte es auch Wohnraum werden“, sagt einer. Unter den Bürgern zeichnet sich ein klares Bild ab: Als „Farce“ sehen es die einen. „In fünf Jahren sind das alles Zweitwohnungen und der Einheimische schaut mit dem Ofenrohr ins Gebirge, wie immer“, schreibt ein anderer. Der Ausverkauf gehe rücksichtslos weiter, findet ein Dritter. Die Tendenz derer, die das Thema kommentieren, ist eindeutig: Wohnraum wäre wichtiger als Urlauberbetten. In Sachen Zweitwohnungen kann Bürgermeister Rasp aber beruhigen: „In der Maximilianstraße gilt unsere Satzung zum Verbot von Zweitwohnungen.“
Was der Gemeindechef aber auch bestätigt: „Natürlich könnten die Ferienwohnungen in Zukunft auch wieder als Wohnungen genutzt werden. Auch die Aufteilung in Teileigentum liegt jedem Eigentümer frei.“ Der Eigentümer könnte also auch veräußern. Rasp findet, dass für Berchtesgaden aktuell ganzjährig vermietete Ferienwohnungen an der Stelle eines Hotels besser seien, “als wahrscheinlich extrem teure (Eigentums-)Wohnungen”. (kp)