Jubiläum im Schatten des Schneemangels
Skigebiet mit ungewisser Zukunft: Franz und Johanna Ilsanker betreiben im 50. Jahr den Kollerlift
Der Kollerlift ist eines der letzten verbliebenen privat geführten Skigebiete in der Region. Seit genau 50 Jahren gibt es den Niedrigseillift:
Berchtesgadener Land/Bischofswiesen – Die Nebenerwerbslandwirte Franz und Johanna ermöglichen nicht nur Skianfängern gute Pistenverhältnisse auf 900 Höhenmetern, sondern auch Abenteurern auf Reifen. Ohne Schneekanone würde es schon lange nicht mehr gehen. Und ohne Herbert, den 10-Meter-Riesenschneemann auch nicht.
Die vierte Generation steht schon in den Startlöchern
„Bei uns helfen alle zusammen, dass der Betrieb läuft”, sagt Franz Ilsanker jun. Seine Söhne Andreas und Lukas sind noch zu jung, aber im Alltag helfen die beiden Brüder schon eifrig mit, wenn es um den familieneigenen Skilift geht. Skibegeistert ist die Familie schon seit jeher. Der 38-Jährige unterstützt beim Betrieb des Skilifts seiner Eltern Franz sen. und Johanna. 13 Hektar bewirtschaften sie insgesamt. Auf vier Hektar Grund findet der Skibetrieb statt.
Die Nebenerwerbslandwirte stellen die im Sommer landwirtschaftlich genutzten Flächen am Rande des an einem Hügel gelegenen Hofes zur Verfügung. 18 Stück Vieh, zehn Milchkühe und deren Nachzucht, stehen im Stall. Von der Kuppe des Hügels lässt sich über drei Pisten zum Fuße des Hügels schwingen. Zudem gibt es eine weitere Abfahrt für Schlittenfahrer.
Skilift-Betrieb seit 1974
Ins Leben rief den Skilift bereits Opa Josef. Das war 1974. Damals wurde in Sichtweite des Bauernhofs, den die Ilsankers betreiben, der Götschen-Skilift gebaut, auf dem heute noch der Deutsche Skiverband und aufkeimende Nachwuchstalente trainieren. Der Kollerlift ist sozusagen etwas älter als der Götschen. Die beiden Skigebiete ergänzen sich. „Zu dieser Zeit wurde ein Anfänger-Gebiet für Skischulen benötigt”, sagt Franz Ilsanker sen. Sein Vater war Feuer und Flamme.
Der Kollerlift liegt an einem Sonnenhang. Der Lift selbst ist nicht lang, aber beliebt unter jenen, die das erste Mal auf Skiern stehen. Die ein bisschen rutschen und auch mal auf den Hintern fallen dürfen, ohne sich gleich weh zu tun. „Für unsere Besucher sind die Gegebenheiten natürlich von Vorteil. Aber die Piste leidet unter der vielen Sonne schneller”, weiß Ilsanker.
Am Anfang, da sei immer recht viel Naturschnee da gewesen, weiß Franz Ilsanker. So viel, dass man manchmal gar nicht wusste, wohin mit dem ganzen Weiß. Gründer Josef Ilsanker starb unerwartet 1980. Der Skilift wurde zunächst verpachtet, dann übernahmen ein Jahrzehnt später Franz und Johanna den Lift und damit die Pistenpflege im Winterbetrieb. Der Lift wurde sukzessive ausgebaut, eine Lift-Hütte kam dazu, ein eigener Skischul-Raum. Die Ilsankers schafften sich den ersten eigenen Motorschlitten an für die Pistenpräparierung bei geringer Schneeauflage.
Jubiläum im Schatten des Schneemangels
Die Winter wurden insgesamt schneeärmer, was auch daran liegen mag, dass der Kollerlift unter der 1000-Meter-Marke liegt, nicht etwa im Hochgebirge. Eine gebrauchte Beschneiungsanlage, eine mobile Schneekanone, kaufte sich die Familie 1996. Damit kamen sie dem Götschen-Skilift zuvor. „Ohne Schneekanone wäre es aber einfach nicht mehr gegangen”, sagt Johanna Ilsanker rückblickend. Das Beschneiungsgerät ist mittlerweile überlebenswichtig geworden, um den Winterbetrieb am Leben zu erhalten.
Der Betrieb eines privat geführten Skilifts ist eine Gratwanderung: Natürlich gibt es die Technik, um die Pisten weiß zu bringen. Aber angesichts deutlich gestiegener Energiekosten ist das Unterfangen nicht einfacher geworden. Die rund vier Hektar Pisten haben die Ilsankers heuer sieben Tage am Stück beschneit als es die Witterung zuließ. Dabei haben sie die Schneekanone 15 Mal versetzt, um eine erste Grundlage zu bilden und wirklich alle Bereiche des Hügels ausreichend mit Schnee zu versorgen. Regnet es, ist die Grundlage schneller weg als gedacht.
Der Kollerlift hat sich bewährt als Anfängerlift: Mit der Skischule der ehemaligen Riesenslalom-Weltmeisterin der Bischofswieserin Katy Hölzl arbeiten die Ilsankers seit Jahren gut zusammen.
Immer weniger Skianfänger
Dass die Zahl der Skianfänger zurückgeht, das merkt die Betreiberfamilie. Früher seien die Grundschulen von überall her gekommen, um auf ihrem Anfängerhang das erste Mal auf Skiern zu stehen oder die ersten Schwünge zu üben. Von Januar bis in den März hinein war dann an den meisten Tagen Hochbetrieb.
Um am Ball zu bleiben, investierte Franz Ilsanker sen. in die Lifttechnik, in einen stufenlosen Antrieb, ebenfalls in ein elektronisches Zugangssystem zur Liftnutzung. „Bis 2008 standen wir am Lift und haben die Karten noch abgeknipst”, sagt er und lacht. Heutzutage nicht mehr vorstellbar.
Die Familie griff tief in die Tasche und schlug bei einem gebrauchten Pistenbully zu, den sie nicht nur selbst fahren, sondern auch technisch warten. Nur so kommt man über die Runden. „Man muss sich selbst helfen können, wenn mit der Technik etwas nicht klappt”, sagt Franz Ilsanker jun.
Heute konzentriert sich das Hauptgeschäft auf die Wochenenden. Oft muss Franziska Ilsanker dann kurzfristig planen. Sie ist die Ehefrau von Franz jun. und gleichzeitig die Kioskbetreiberin. Aus ihrer Küche heraus verkauft sie Waffeln und Würstl. An Schönwettertagen sonnen sich die Eltern mit einem Spritzer vor dem Haus, während die Kinder den Hang auf Kufen hinab schlittern oder in der Wiese an Schneekunstwerken basteln. Unter der Woche verdient Franziska Ilsanker ihr Geld als Rehaassistentin.
Reifenrutschen ist der Hit
An den Wochenenden schauen vor allem die Familien vorbei - häufig mit ihren Schlitten zum Rodeln: Die Snowtube-Anlage, die Anfang der 2000er-Jahre angeschafft wurde, ergänzt den Ski-Betrieb und schenkt all jenen Freude am Schnee, die nicht auf Skiern stehen. Mit 25 Tubing-Reifen dürfen Klein und Groß auf eigener Streckenführung ins Tal rutschen. Vor allem unter den Jüngsten ist das Reifenrutschen der Hit. So wie auch Schneemann Herbert. „Den habe ich mal im Internet gesehen und zugeschlagen”, sagt Franz Ilsanker sen. Der aufblasbare und beleuchtete Zehn-Meter-Mann mit dem roten Hut ist schon aus der Ferne gut zu erkennen und der Hingucker am Pistenrand.
Hoffnungsvoller Blick in die Zukunft
Wie lange der Kollerlift im Winter wohl noch Piste sein wird? „Da können wir nur hoffen”, sagt Franz Ilsanker, „dass es noch lange so weitergeht mit dem Kollerlift”. Viel Herzblut steckt drin, viel Leidenschaft an der Sache - und natürlich viel Arbeit. Ideen zur Erweiterung des Schneespaßes? Haben die Ilsankers genug. Weitermachen, solange es mit dem Schnee geht, ist das Motto der Familie.
kp
